Frankreich: revolutionäre Sozialistin in Stadtrat gewählt

Erklärung von Gauche Révolutionnaire (Revolutionäre Linke, Schwesterorganisation der Sol in Frankreich)

Am 15. März wurde Leïla Messaoudi von Gauche Révolutionnaire (CWI Frankreich) in den Gemeinderat von Petit-Quevilly bei Rouen gewählt, wo sie seit 14 Jahren lebt und seit 23 Jahren arbeitet. Leïla wurde mit 338 Stimmen (8,4 Prozent der abgegebenen Stimmen, bei einer niedrigen Wahlbeteiligung von 32 Prozent) gewählt.

Umstritten war, dass die erste Runde der Kommunalwahlen am Sonntag unmittelbar nach dem Erlass von Präsident Macron und der französischen Regierung stattfand, der die Bewegungsfreiheit in der Öffentlichkeit stark einschränkte und die Schließung von Geschäften, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen vorsah.

Es überrascht nicht, dass die Wahlbeteiligung insgesamt historisch niedrig war, was jedoch nicht verhinderte, dass Macrons Partei bei den Wahlen schwer getroffen wurde. Der für den 22. März geplante zweite Wahlgang wurde auf den 21. Juni verschoben.

Die Wahlliste „Décidons (Entscheiden wir) Petit-Quevilly”, die von France Insoumise („Unbeugsames Frankreich” – die vom ehemaligen linken Präsidentschaftskandidaten und derzeitigen Abgeordneten der Nationalversammlung Jean-Luc Mélenchon geführte Partei) unterstützt wurde, versammelte 35 Personen und wurde dank einer Kampagne von Mitgliedern der örtlichen Gruppe von France Insoumise, an deren Aufbau die GR seit drei Jahren beteiligt ist, aufgestellt.

Die Liste wurde zusammen mit Gewerkschafter*innen, Arbeiter*innen und Aktivist*innen aus der Gemeinde aufgestellt, die eine Kampagne im Dienste der Rechte der Arbeiter*innen und der einfachen Menschen unterstützten und sich ihr anschlossen.

Die Kampagne lehnt auf lokaler Ebene die Folgen der arbeiter*innenfeindlichen Politik von Präsident Macron ab. Sie lehnt aber auch die prokapitalistische Mehrheit der (zu Unrecht so genannten) „Parti Socialiste” (Sozialistische Partei, PS) ab, die das Gebiet von Rouen regiert und seit dreißig Jahren eine ähnliche Politik durchsetzt.

Die Schließung von öffentlichen Dienstleistungen wie einigen öffentlichen Krankenhäusern, verkommene und minderwertige Sozialwohnungen, die Zerstörung von Grünflächen für die Profite der kapitalistischen multinationalen Konzerne in der Baubranche … all dies hatte große Auswirkungen auf das tägliche Leben der Arbeiter*innen.

Der Gesundheitsskandal – und die skandalöse Politik der Regierung und der lokalen Mandatsträger*innen nach dem Brand im Chemiewerk Lubrizol in Rouen im vergangenen September – war eines der Themen der Kampagne.

Die Verstaatlichung unter der Kontrolle der Bevölkerung und der Arbeiter*innen in gefährlichen Fabriken war eine der Forderungen der Liste.

Die Liste führte eine dynamische Tür-zu-Tür-Kampagne durch, nahm am letzten Streiktag gegen die Angriffe auf die Renten der Regierung teil und führte am 7. und 8. März ein ganzes Wochenende mit Protesten und Aktionen durch.

Bei den letzten Wahlen im Jahr 2014 hatten die Arbeiter*innen und die Bevölkerung keine andere Wahl als eine Wahl der PS gegen die rechtsextreme Front National (FN). Diesmal blieb die FN dank unserer Präsenz zwar an zweiter Stelle, führte aber keinen Wahlkampf, verlor zehn Prozent und ging von sechs auf vier Sitze zurück.

Dadurch konnte die Liste PS-Kommunistische Partei-Grüne im ersten Wahlgang mit einer Mehrheit gewählt werden.

Kämpferisch

Aber jetzt ist ein kämpferisches Kollektiv in der Stadt geboren worden, das bereit ist, lokale Kämpfe für das Recht auf menschenwürdige Wohnungen, für die Säuberung verschmutzter Gebiete und für die Wiederherstellung der öffentlichen Dienste, die in den letzten Jahren geschlossen oder privatisiert wurden, zu organisieren.

Rund um „Décidons Petit-Quevilly” werden lokaler Widerstand und Solidarität angesichts aller Sparmaßnahmen organisiert, egal ob sie von Macron oder der PS-Mehrheit kommen. Sie gibt auch all jenen Auftrieb, die die Notwendigkeit einer politischen Massenkraft gegen die Kapitalisten, gegen die Parteien, die ihnen dienen, und gegen Macron sehen

La République en Marche“ (LREM) ohne Unterstützung, das „Weg mit Macron“ präsent

Analyse zur ersten Runde der Kommunalwahlen(Artikel vom 17. März 2020)

Die erste Runde der Kommunalwahlen fand am Sonntag vor dem Hintergrund der Verschärfung der Coronavirus-Epidemie statt. Die Regierung beschloss, an diesen Wahlen festzuhalten, weil sie dachte, dass die Panik, die sie letzte Woche gefördert hatte, zu ihren Gunsten wirken würde. Aber selbst mit all diesen Manövern hat es nicht funktioniert.

Von Cécile Rimboud

In Paris gelang es den LREM-Kandidat*innen der ehemaligen Gesundheitsministerin Agnes Buzyn nur, 17 Prozent zu erreichen. Das gleiche gilt für Lyon, wo Collomb und die anderen Kandidat*innen von En Marche nicht mehr als 15 Prozent erreichten. In Le Havre musste Edouard Philippe trotz des anderen Anscheins eine echte Niederlage hinnehmen: Er verlor fast 8900 Stimmen und sein Stimmergebnis ging von 52 Prozent im Jahr 2014 auf 43,6 Prozent in diesem Jahr. Rennes, Rouen, Besançon, Mulhouse … in all diesen und vielen anderen Städten erzielten die Macronist*innen ein schlechtes Ergebnis, zwischen zehn und fünfzehn Prozent. Die LREM bestätigte erneut, dass sie keine Unterstützung in der Bevölkerung hat.

Beteiligung auf niedrigstem Niveau

Aber es war auch eine sehr niedrige Wahlbeteiligung von 45 Prozent, die die Wahl kennzeichnete, ein Rekord (2014 hatte sie 64 Prozent betragen). Tatsächlich spiegelt dieser erste Wahlgang die Situation auf verzerrte Weise wider. Sibeth N’Diaye, die Regierungssprecherin, glänzte erneut durch ihre Dummheit, als sie diese Wahlen als „einen demokratischen Moment, der gut verlief” beschrieb. Aber diese Wahlen, während die Regierung die Menschen dazu drängte, zu Hause zu bleiben und Demonstrationen verbot, wurden unter dem Druck von Angst und Panik durchgeführt. Was die demokratische Seite betrifft, so beweist Macron einmal mehr, dass sie gilt, wenn es ihm passt.

Am Ende war es in vielen Städten das amtierende Team, das die Mehrheit der Stimmen gewann: Paris, Lille (aber mit weniger als einem Drittel der abgegebenen Stimmen), Toulouse, Nantes … Dies ist vor allem auf die Bekanntheit der amtierenden Bürgermeister*innen und die Tatsache zurückzuführen, dass deren Teams den gesamten Apparat besitzen und oft über große Ressourcen für ihre Kampagnen verfügen. Aber andererseits ist das bei Kommunalwahlen sehr üblich. In 20.600 von 35.000 Gemeinden werden die Bürgermeister*innen im ersten Wahlgang wiedergewählt. Mit der Verschiebung des zweiten Wahlgangs bleibt die Frage, ob der erste Wahlgang wiederholt werden muss oder nicht, vorerst ungeklärt; die Regierung wird diese Woche ein Gesetz vorschlagen, um darüber zu entscheiden.

Leider mag dies einigen Bürgermeister*innen die RN/FN (Fréjus, Beaucaire, Hénin-Beaumont, le Pontet, Hayange) sowie Ménard in Béziers, die im ersten Wahlgang wiedergewählt wurden, zugute gekommen sein (aber wir sprechen hier nur von einem halben Dutzend Bürgermeister*innenämtern, zum Beispiel im Gegensatz zu den 133 Städten, in denen die Bürgermeister*innen der PCF im ersten Wahlgang wiedergewählt wurden). Louis Aliot konnte sich in Perpignan mit 36,5 Prozent der Stimmen an die Spitze setzen und wird daher in den zweiten Wahlgang gehen. Aber anderswo gewinnt die RN nicht nur keine neue Stadt, sondern verzeichnet auch mehrere Misserfolge. Chenu (Abgeordneter) wurde in der ersten Runde in Denain geschlagen. In vielen Städten legte die RN keine Liste vor, um den Schaden zu begrenzen (430 gegen 600 im Jahr 2014), und konnte Skandale nicht vermeiden: In Strasbourg hatte der ehemalige Kandidat Verurteilungen wegen rassistischer Beleidigungen verheimlicht und musste sich zurückziehen. Ihre Kampagne, die auf die Chefin Marine Le Pen zählte, hatte nicht die gewünschte Wirkung! Die Ergebnisse der RN waren in den meisten Großstädten wie Paris, wo sie nur ein Prozent erreichten, sehr schlecht.

Das „Weg mit Macron” sehr präsent

Angesichts der Umstände brachte dieser erste Wahlgang den Zorn, den es gegen Macron, die Rechte und all jene von der PS bis zur FN/RN gibt, die Politik der Kürzungen und Privatisierungen in den Kommunen unterstützen und umsetzen, nicht vollständig zum Ausdruck. Dennoch war das „Weg mit Macron” in einigen Städten zu spüren, zum Beispiel in Marseille, wo der Nachfolger Gaudins vom PS-Kandidaten mit einem kleinen prozentualen Vorsprung geschlagen wurde. In Strasbourg hatte der amtierende Bürgermeister, der unter dem LREM-Label kandidiert, nur zwanzig Prozent der Stimmen gegen 28 Prozent für die EELV-Kandidatin! Gleiches gilt für Bordeaux, wo Philippe Poutou von der NPA, unterstützt von France Insoumise, mit 11,8 Prozent in den zweiten Wahlgang einziehen konnte. Oder wieder in Lyon mit dem sehr zufriedenstellenden Ergebnis von Collomb, dem Spezialpolizeichef Hollands.

In den Kampagnen vor Ort hatten die Listen, die von der Ablehnung der Politik Macrons und der „Macron-kompatiblen” sprachen, einschließlich der Verurteilung der Bündnisse mit der alten Linken, die die PS künstlich am Leben erhalten, ein sehr gutes Echo. Manchmal führte dies unter den gegebenen Umständen nicht automatisch überall zu einem starken Stimmergebnis für die Liste. In Paris zum Beispiel überschritt nur Danielle Simonnet, die Kandidatin der “Décidons Paris” (unterstützt von France Insoumise) im 20. Arrondissement zehn Prozent. Aber dieses Echo zeigt einmal mehr die Notwendigkeit einer neuen politischen, lebendigen, demokratischen und kämpferischen Kraft, um die Arbeiter*innen und die Bevölkerung um ein kämpferisches Programm zu organisieren.

Erfolg für „Entscheiden wir Petit-Quevilly“

In Petit-Quevilly, nahe Rouen, führte unsere Genossin Leïla Messaoudi die neue Liste „Entscheiden wir Petit-Quevilly” an, die von France Insoumise unterstützt wurde. Gestützt auf eine kämpferische Kampagne gelang es der Liste, 8,5 Prozent der Stimmen zu gewinnen und unsere Genossin zu wählen; Bürgermeisterin Goujon wurde im ersten Wahlgang gewählt Unsere Kampagne trug auch dazu bei, dass die RN von 34 Prozent auf 23 Prozent fiel und damit zwei von sechs Sitzen weniger erreichte. Um ihrer Politik der „Sicherheit über alles” entgegenzuwirken, haben wir uns für die Rückkehr der öffentlichen Dienste, für eine Gemeinde, die den Bedürfnissen der Arbeiter*innen und Jugendlichen gerecht wird, eingesetzt. Unsere gewählte Vertreterin im Gemeinderat wird sie in der nächsten Amtszeit unermüdlich bekämpfen, wie sie es immer getan hat, zusammen mit dem gesamten Team von „Décidons Petit-Quevilly”. Wie es in der Erklärung, die am Abend der Abstimmung veröffentlicht wurde, hieß: „Dank an die anderen Kandidat*innen auf der Liste, mit deren Unterstützung wir gekämpft haben. Danke an alle, die ihre Stimmen unserer Liste gegeben haben! In Petit Quevilly wurde ein kämpferisches Kollektiv geboren, zählt auf uns, um den Kampf fortzusetzen.“

Der zweite Wahlgang wird wahrscheinlich erst im Juni stattfinden, aber er ist bereits jetzt ein echter Misserfolg für Macron. Der Zorn wird nicht mit dem Abgeschlossensein enden, und die Kampagnen müssen eine weitere Gelegenheit sein, diese neuen „kämpferischen Kollektive”, die im ganzen Land aufgeblüht sind, zu vereinen und zu stärken, die die Knospen einer neuen Kraft, einer neuen Kampf- und Massenpartei im Dienste der Interessen der Arbeitenden und des Volkes sein müssen.

Glossar über Parteien/Organisationen:

LREM (La République en Marche, Die Republik auf dem Marsch) – die Partei von Präsident Macron

RN (Rassemblement Nationale, Nationale Sammlungsbewegung) – rechtsextreme Partei unter Marine Le Pen, hieß bis 2018 Front National (FN)

PS (Parti Socialiste, Sozialistische Partei) – stellte zuletzt unter Hollande 2012-2017 die Regierung, seitdem stark geschwächt

EELV (Europe Écologie – Les Verts, Europa Ökologie – Die Grünen) – die französischen Grünen

PCF (Parti Communiste Français, Kommunistische Partei Frankreichs)

NPA (Nouveau Parti Anticapitaliste – Neue antikapitalistische Partei) – 2008 gegründete linke Partei, 2012 und 2017 war Philippe Poutou ihr Präsidentschaftskandidat, erhielt beide Male rund 1 Prozent

La France Insoumise (Unbeugsames Frankreich) – von Jean-Luc Mélenchon 2016 gegründete linke Partei. Bei den Präsidentschaftswahlen 2017 erhielt Mélenchon fast 20 Prozent, danach schnitt die Partei deutlich schlechter ab

Decidons … (Entschieden wir … ) von La France Insoumise initiierte Wahlbündnisse in verschiedenen Orten zu den Kommunalwahlen 2020