Metall-Bosse wollen Klassenkampf

Gewerkschaften müssen Gegenwehr vorbereiten

Gesamtmetall, der Zusammenschluss der Arbeitgeberverbände der deutschen Metall- und Elektroindustrie, hat ein zwölfseitiges Papier* vorgelegt, das Gewerkschafter*innen zurecht als Horrorkatalog bezeichnen. 

Sönke Schröder, Bochum

Die Forderungen der Bosse beschränken sich nicht nur darauf, die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie für die Krise bluten zu lassen, sondern sie sind ein breiter Angriff auf die grundlegenden Interessen der gesamten arbeitenden Bevölkerung und jahrzehntelang sicher geglaubte Reformen.

Immerhin, so ehrlich sind die Arbeit„geber“: Entgegen der sonst weit verbreiteten Mär, die Corona-Pandemie habe die ansonsten gesunde deutsche Wirtschaft in die Krise getrieben, geben sie zu, dass sich die Metall- und Elektroindustrie bereits 2019 in der Rezession befunden hat. Und sie kündigen knallhart an: „Es wird Insolvenzen und Arbeitslosigkeit geben.“

Dreiste Forderungen der Kapitalisten

Genehmigungsverfahren, Klimaschutz, Dokumentations- und Berichtspflichten (etwa über Mindestlohn und Leiharbeit) sind für die Bosse nichts weiter als bürokratische Hürden, die sie abgeschafft haben wollen. Vermögens- und Erbschaftssteuer oder Sozialversicherungsbeiträge empfinden sie als unzumutbare Belastungen für die Kapitalseite. Sie befürworten staatliche Beteiligungen an krisengeschüttelten Unternehmen, fordern aber: „Auch als Krisenhelfer soll der Staat aber so wenig wie möglich in Marktprozesse und unternehmerische Entscheidungen eingreifen.“ Also: Der Staat soll auf Kosten der Gesellschaft kapitalistische Profitinteressen bedienen.

Gesamtmetall fordert desweiteren massive Einschnitte bei den Renten, sowie die Abschaffung der Parität bei den Krankenversicherungsbeiträgen. Einschränkungen bei Leih- und Zeitarbeit („Arbeitnehmerüberlassung“) sollen rückgängig gemacht werden. Das Kündigungsschutzgesetz soll überarbeitet werden, „um die dringend notwendige Rechtssicherheit bei Verfahren der Massenentlassung wiederherzustellen.“

Unter der wohlklingenden Überschrift „Angebote zur Kinderbetreuung ausbauen“ geht es keineswegs um die Interessen von Kindern und Eltern, sondern darum, „die Arbeitsfähigkeit der Eltern zu gewährleisten.“ Es wird – Corona-Infektionsgefahr hin oder her – eine zügige Wiederaufnahme des Kita- und Schulbetriebs gefordert sowie ein „modernes und flexibles Arbeitszeitgesetz“, welches „das in vielen Fällen an die Wach- und Ruhephasen der Kinder angepasste Arbeiten zu Hause legalisieren“ soll. Heißt im Klartext: völlig entgrenztes Schuften im Homeoffice bis tief in die Nacht.

Obwohl Betriebe immer wieder zu Corona-Hotspots werden, verwehren sich die Metallbosse gegen Verbesserungen beim Arbeitsschutz. Ihr Argument: „Das Virus ist letztendlich Teil des allgemeinen Lebensrisikos und keine originär arbeitsbedingte Gefährdung.“

Das Gesamtmetall-Papier bringt eines zum Ausdruck: Der Kapitalismus befindet sich in seiner schwersten Krise seit Jahrzehnten und die Kapitalisten brauchen dringend politische Maßnahmen, um ihr Heiligstes – die Profite – zu schützen. Mit zunehmender Schärfe der Krise, die zwar durch Corona beschleunigt und verschärft wird, ihre Ursachen aber in den Widersprüchen der kapitalistischen Wirtschaft und Gesellschaft hat, sinkt der Spielraum für soziale Zugeständnisse und steigt der Druck für drastische Maßnahmen des Klassenkampfs von oben. 

Gewerkschaften: Weg vom Kuschelkurs!

Vor diesem Hintergrund ist die Politik der Gewerkschaftsführungen fatal. Sie betreiben überwiegend eine Politik des sozialpartnerschaftlichen Schulterschlusses mit dem Kapital und des Co-Managements. Die Kapitalisten hingegen erklären unverhohlen den Klassenkampf von oben. Gesamtmetall setzt mit seinem Forderungskatalog den Ton für eine härtere Gangart des deutschen Kapitals. Erste Konzerne wie Galeria Karstadt Kaufhof oder Thyssen-Krupp haben bereits mit Entlassungsorgien begonnen oder solche angekündigt. Die IG Metall und alle Einzelgewerkschaften müssen jetzt auf breiter Front über die Pläne der Bosse informieren und Diskussionen über deren Abwehr in den Belegschaften organisieren. Branchenweit und -übergreifend sollte eine Strategie entwickelt werden, um den Angriff auf Arbeitsplätze, Löhne und Arbeitsbedingungen zurückzuschlagen. Koordinierte Arbeitsniederlegungen und Aktionstage könnten die Macht der organisierten Arbeiter*innen zeigen und die Bosse in die Schranken weisen.

Und schließlich muss der Bruch mit dem sozialpartnerschaftlichen Kuschelkurs auch mit der politischen Perspektive verbunden werden, die Betriebe aus den Händen der profitgierigen Kapitalisten zu entreißen und unter der demokratischen Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung zu verstaatlichen, um die Wirtschaft nach den Bedürfnissen von Mensch und Natur demokratisch planen zu können.

Vernetzung und Opposition

Da, wo es Angebote gibt, treten Kolleg*innen immer wieder zur Verteidigung ihrer Interessen gegen die Unternehmer in den Kampf. Kritische Gewerkschaftsmitglieder und Kolleg*innen, die für einen kämpferischen Kurs der Gewerkschaften sind, sollten sich zusammenschließen, etwa in der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG, www.vernetzung.org), in der auch Sol-Mitglieder aktiv sind. So entsteht die Möglichkeit, von unten eine politische und personelle Alternative zum angepassten Kurs aufzubauen, der in den Gewerkschaftsführungen derzeit dominiert.

Das ist die Voraussetzung dafür, die unverschämten Forderungen der Bosse, die ihre Profite retten und die Krisenlasten auf den Rücken der arbeitenden Bevölkerung abwälzen wollen, zurückzuschlagen.

* „Wiederhochfahren und Wiederherstellung – Vorschläge für die 2. und 3. Phase der Corona-Krise“ (https://www.gesamtmetall.de/sites/default/files/downloads/gesamtmetall-vorschlaege-fuer-die-corona-krise.pdf)

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