Politische Erklärung von jungen Sol-Mitgliedern zur Lage in der linksjugend [‘solid]
An alle Mitglieder und Sympathisant*innen der linksjugend [‘solid] und der Partei DIE LINKE
Liebe Genossinnen und Genossen,
wir sind junge Genoss*innen der Sozialistischen Organisation Solidarität (kurz: Sol) und der linksjugend [‘solid]. Wir haben uns diesen Organisationen angeschlossen, weil wir den Kapitalismus für unerträglich und eine wirklich demokratische, sozialistische Veränderung der Gesellschaft für dringend nötig halten. Nichts hat uns in dieser Annahme mehr bestätigt, als die gerade vor unseren Augen ablaufende weltweite Krise der kapitalistischen Gesellschaftsordnung – massiv befeuert durch die Corona-Pandemie. Wir würden gerne unsere volle Konzentration darauf richten, wie wir zusammen mit anderen Genossinnen und Genossen im Jugendverband die Interessen von Jugendlichen und der breiteren Arbeiter*innenklasse im Zuge dieser Krise verteidigen können; wie wir einen schlagkräftigen, rebellischen und sozialistischen Jugendverband, unsere Basisgruppen und Landesverbände aufbauen können.
Leider können wir uns dem nicht mit der Aufmerksamkeit widmen, wie wir es gerne wünschten. Denn erneut liegt für den anstehenden Bundeskongress der linksjugend [‘solid] ein gegen die Sol gerichteter Unvereinbarkeitsantrag vor.
Auch der neue bundesweite Unvereinbarkeitsantrag bleibt den Traditionen vergangener Anträge treu. Er ist keine politische Auseinandersetzung mit dem Programm der Sol, wirft Behauptungen um sich, ohne Belege zu liefern, stellt Ereignisse verfälscht dar oder bedient sich einfach Lügen. Das alles ist keine neue Methode. Wir können uns zwar nicht verkneifen, die Antragssteller*innen darauf hinzuweisen, dass ihr neuer Versuch besonders dilettantisch geraten ist. Dennoch werden wir natürlich die falschen Behauptungen, Verdrehungen und Lügen widerlegen (siehe dafür unser FAQ weiter unten).
Doch wir haben uns mit dieser Stellungnahme auch ein anderes Ziel gesetzt: Wir wollen allen Genoss*innen unsere politische Erklärung darlegen, warum diese Angriffe auf Marxist*innen im Jugendverband eigentlich stattfinden und warum ein solcher Beschluss den gesamten linken Verbandsflügel treffen würde. Wir wollen erklären, warum das unserer Meinung nach nicht von der falschen Ausrichtung und Praxis des Jugendverbands und des ihn dominierenden Reformer- und antideutschen Flügels zu trennen ist. Und wir wollen nicht zuletzt darlegen, was die Sol als marxistische Organisation unserer Meinung nach wirklich politisch ausmacht, weil wir bis heute nicht bereut haben, uns ihr angeschlossen zu haben.
Kapitalismus in der Krise: Wo bleiben LINKE und linksjugend [‘solid]?
Die aktuelle Krise des Kapitalismus ist die tiefste seit fast 100 Jahren. Es gibt kein Land der Welt, das ihr entgeht. Auch in Deutschland ist sie eine vielfältige ökonomische, soziale, gesundheitliche, ökologische und politische Krise. Die Pandemie- und Krisenpolitik der Herrschenden ist nach Kapitalinteressen ausgerichtet und nicht nach der Gesundheit oder den sozialen Interessen der Bevölkerung. Die herrschende Politik bietet eigentlich zahlreiche Ansätze, dass kapitalistische System anzugreifen und Kämpfe zur Verteidigung der Interessen der Mehrheit der Bevölkerung zu führen.
Wir sind Mitglieder der LINKEN und des Jugendverbands, weil wir es für dringend nötig halten, dass Linke und Sozialist*innen unterschiedlicher Traditionen und Vorstellungen sich in diesen Kämpfen zusammen schließen. Dafür sind Sol-Mitglieder übrigens schon vor der Gründung der LINKEN eingetreten. Wir sehen in der LINKEN einen wichtigen Ansatzpunkt für eine neue Arbeiter*innenpartei, die Beschäftigte und sozial Benachteiligte massenhaft organisiert und für eine sozialistische Veränderung der Gesellschaft kämpft.
Wir sehen Politik, Praxis und Entwicklungsrichtung der Partei aber kritisch und befürchten, dass die zunehmende Ausrichtung auf Regierungskoalitionen mit SPD und Grünen dazu führen wird, dass die Partei noch mehr antikapitalistische Positionen verlassen wird und in größeren Teilen der Bevölkerung nicht als Alternative zum pro-kapitalistischen Establishment gesehen wird. Das ist jetzt schon vielfach der Fall, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen mit Regierungsbeteiligungen in den Ländern.
Die Auseinandersetzung im Jugendverband ist nicht zu trennen von den politischen Richtungskämpfen innerhalb der Partei, bei denen wir uns immer kritisch mit den dominierenden Kräften in Fraktions- und Parteiführung auseinandergesetzt haben.
Zusammen mit vielen anderen haben Sol-Mitglieder immer wieder Opposition gegen Regierungsbeteiligungen zum Ausdruck gebracht. Wir warnen davor, dass solche Regierungsbeteiligungen früher oder später dazu führen, dass die Partei linke Prinzipien aufgibt, sich von Gewerkschafter*innen und Aktiven in sozialen Bewegungen entfremdet, Unterstützung verliert und dies das Feld für rechte Kräfte vergrößert.
Uns ist klar, dass diese Haltung Vielen in der Partei nicht gefällt, wir denken aber, dass eine sich als pluralistisch und sozialistisch verstehende Partei, diese Debatten aushalten muss.
Zustand des Jugendverbandes
Leider sehen wir im Jugendverband keine bessere Situation. Mit Sorge stellen wir fest, dass sich Zustand und politische Ausrichtung des Bundesverbands seit Jahren weiter verschlimmert haben. Die linksjugend [‘solid] ist weit entfernt von der Zielsetzung eines kämpferischen und rebellischen sozialistischen Jugendverbands. Reformerische und antideutsche Ideen sind stattdessen dominanter als je zuvor und der Verband stagniert. Von der bundesweiten Führung gibt es so gut wie keine Anstrengungen den Verband ernsthaft durch das Führen von Kampagnen auf der Straße, an Schulen, Unis und Betrieben aufzubauen. Regelmäßige Bekenntnisse zum Sozialismus bleiben folgenlos für die politische Praxis des Bundesverbandes und vieler Landesverbände.
Wir sind der Meinung, dass ein sozialistischer Jugendverband sich an Bewegungen, wie zum Beispiel Fridays For Future, mit seinen eigenen sozialistischen Positionen beteiligen sollte und versuchen sollte, dafür Unterstützung unter Jugendlichen zu gewinnen. Dazu bedarf es einer sozialistischen Programmatik, eigener Aktionen, bundesweiten sozialistischen Materials. Der Bundesverband der linksjugend [‘solid] agiert gänzlich anders, gibt den Landesverbänden und Basisgruppen kaum Material und Hilfestellungen an die Hand und hebt sich kaum von den in solchen Bewegungen dominierenden, in der Regel nicht-sozialistischen Ideen, ab.
In der Praxis gibt es eine Zunahme in der Zusammenarbeit mit den Jugendorganisation von SPD und Grünen – analog zur Lautstärke des Reformer-Flügels der Partei. Das sozialistische Programm bleibt dabei auf der Strecke. So erklärte zuletzt der Thüringer Landessprecher Paul Gruber im Neuen Deutschland, dass „uns nur ein geringer Anteil der Wähler*innen wegen unserer friedenspolitischen Positionen seine Stimme gibt“ und er dagegen ist „hier rote Haltelinien zu setzen“.1 Wir glauben, dass solche Aussagen ein Beispiel für genau die Angepasstheit großer Teile des Verbandes sind, gegen die wir seit Jahren versuchen gegenzuhalten.
Dementsprechend stagniert der Verband. Wenn es mal Kampagnen gibt, die politisch ohnehin dürftig waren und meist nur auf Wahlen zugeschnitten sind, wurden sie vom Bundesverband nicht ernsthaft vorbereitet und organisiert und wurden sie dementsprechend schlecht umgesetzt vor Ort. Was geschafft wurde: die Fertigstellung eines neuen Corporate Designs und vieler „lustiger“ Memes in sozialen Medien. Wir denken, dass das nicht ausreicht.
Es geht auch anders…
Das heißt nicht, dass es nicht viele Basisgruppen gibt, die – weitgehend unterm Radar des Bundesverbandes – versuchen Jugendliche für sozialistische Ideen zu gewinnen. Auch wir tun dafür unser Bestes. Wir arbeiten in einigen Basisgruppen und in den Landesverbänden Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz in den Landessprecher*innenräten mit anderen Genoss*innen zusammen.
Ein Beispiel: Der Landesverband NRW verbindet in seinen Publikationen Alltagsforderungen wie die gegen Racial Profiling, die Ausbeutung von Azubis oder gegen Braunkohle mit der grundsätzlichen Position, dass der Kapitalismus überwunden werden muss – er verzichtet auf pseudo-radikale, unverständliche Szene-orientierte Sprüche wie „Kommunismus statt Kohle“ und erklärt stattdessen inhaltlich, warum unter kapitalistischen Vorzeichen die großen Probleme hausgemacht und nicht lösbar sind. Der LSPR macht regelmäßig Vorschläge für Kampagnen und Aktivitäten an Basisgruppen, die er mit Materialangeboten versieht – und dass trotz Lockdown, Pandemie und ohne hauptamtliche Stelle. In den letzten Wochen wurden Solidaritätsaktionen mit den Massenprotesten in Frankreich organisiert und Wandzeitungen mit einem sozialistischen Programm zur Pandemiebekämpfung verbreitet. Derzeit wird eine Kampagne anlässlich geplanter Schul-Wiedereröffnungen vorbereitet, wo der Landesverband für sichere Lern- und Arbeitsbedingungen und massive Bildungsinvestitionen kämpfen will. Die Bildungs-Angebote des Landesverbands wie das Pfingstcamp oder das Bildungswochenende sind mit 150 bzw. 50 Teilnehmenden gut besucht. Der erste Theorie-Reader mit marxistischen Klassikern findet weit über den Landesverband hinaus Abnehmer*innen, ebenso wie auch Sticker, Flyer und Plakate regelmäßig von Basisgruppen aus anderen Landesverbänden bestellt werden.
All das steht im ziemlichen Gegensatz zur Praxis des Bundesverbandes und zahlreicher Landesverbände.
Angriffe meinen den linken Flügel
Warum werden wir nun angegriffen? Marxist*innen, wie wir, sind dem Reform- und antideutschen Flügel aus zwei Gründen ein Dorn im Auge. Weil wir sie erstens offen dafür kritisieren, dass sie sich immer weiter pro-kapitalistischen Kräften annähern, dass sie den Verband nicht außerhalb ihrer Blase aufbauen, dass sie keine sozialistischen Positionen in die Gesellschaft tragen und mitunter ihre eigene politische Karriere im Kopf haben. Und weil wir zweitens in der Praxis zusammen mit anderen beweisen, wie es anderes geht. Weil dort wo wir mit anderen linken Kräften in der Verantwortung stehen, wir Kämpfe und sozialistische Ideen real vorantreiben, Jugendliche organisieren und den Verband wirklich aufbauen.
Die wiederkehrenden Ausschlussversuche sind Teil eines politischen Konflikts. Der den Verband dominierende Flügel führt diesen Konflikt mit bürokratischen Mitteln bis hin zu diesem Unvereinbarkeitsantrag und will einer Debatte aus dem Weg gehen. Wir führen ihn politisch und legen unser Programm und unsere Kritik an der Bundesführung und reformistischen Ideen dar. Wir kämpfen für einen demokratischen Jugendverband, in dem auf Grundlage des sozialistischen Programms Differenzen diskutiert und ein Wettbewerb zwischen verschiedenen Strömungen stattfinden kann, deren Vorschläge in der Praxis getestet werden.
Doch gerade weil es ein politischer Konflikt ist, geht es nicht allein um die Mitglieder der Sol. Der Antrag richtet sich gegen den gesamten linken Flügel des Jugendverbandes. Wenn er durchkommen sollte, wird ein Präzedenzfall geschaffen und die demokratische Verfasstheit des Verbandes massiv eingeschränkt. Viele historische Erfahrungen von Ausschlüssen von Marxist*innen aus breiteren sozialistischen Organisationen zeigen, dass man nicht bei einer Organisation stehen bleibt sondern es auf alle organisierten kritischen Kräfte abgesehen hat.
Doch nicht nur das: Wir glauben, dass dieser Antrag ein spezifischer Angriff auf den Landesverband Nordrhein-Westfalen und die dortige linke Mehrheit ist. Im Antragstext wird die Sol (unter dem konstruierten Vorwand einer Sol-Dominanz im Verband, dazu unten mehr) zur Zielscheibe für Angriffe auf Entscheidungen, die demokratisch durch Strukturen des ganzen Landesverbands gefällt wurden. Der Landesverband hat den Antrag und die Vorwürfe mit großer Mehrheit auf einer Landesvollversammlung zurückgewiesen. Doch sollten wir ausgeschlossen werden, hätte das unmittelbar schwere Konsequenzen für den Landesverband, wo Sol-Mitglieder im Landessprecher*innenrat und Basisgruppen mitarbeiten. Das betrifft nicht nur die praktische Arbeit. Der Reformer-Flügel wäre in einer guten Position, in diesem Landesverband die bisher linken Mehrheitsverhältnisse grundlegend zu verändern.
Einheit gegen Ausschlussversuch nötig
Aus all diesen Gründen rufen wir alle Mitglieder im Jugendverband und der Partei, und insbesondere die Kräfte des linken Flügels, auf, sich gegen diesen Ausschlussversuch zu stellen. Zusammen mit Genoss*innen des BAK Revolutionäre Linke haben wir deshalb dafür die Initiative ergriffen. Wir fordern dabei von niemandem die Übernahme des Sol-Programms – auch wenn wir uns über alle freuen, die Interesse an unserer Organisation und unseren Positionen haben und sie gerne einladen, mit uns in Diskussionen zu treten. Doch wir denken der linke Flügel sollte sich auf eine Zurückweisung des Antrag und ein gemeinsames Vorgehen dagegen auf dem Bundeskongress einigen, die Antragssteller*innen auffordern, ihren undemokratischen Antrag zurückzuziehen und –sollten sie dem nicht folgen – alle Delegierten des Bundeskongresses aufzurufen, gegen den Antrag zu stimmen.
Solch eine Einheitsfront würde den größtmöglichen Druck auf die Antragsteller*innen aufbauen. Doch unabhängig von dem konkreten Ergebnis dieser Auseinandersetzung, sind wir der Meinung dass es eine grundsätzliche Diskussion über den Zustand des Jugendverbandes und einen Kampf um eine sozialistische und kämpferische Ausrichtung und Praxis braucht. Zu diesem Zweck haben wir vor einigen Jahren mit anderen Genoss*innen den Bundesarbeitskreis Revolutionäre Linke gegründetund wir laden alle ein diesen Kampf dort mit uns zu führen bzw. mit dem BAK in Diskussion zu treten.
Warum wir in der Sol sind
Wir haben uns der Sol angeschlossen, weil wir den Kampf für eine sozialistische Veränderung der Gesellschaft nicht auf die ferne Zukunft verschieben wollen, sondern ihn mit den heutigen Kämpfen und Bewegungen verbinden wollen und weil wir der Überzeugung sind, dass eine sozialistische Veränderung eine revolutionäre, marxistische Organisation braucht. Viele von uns sind im Jugendverband politisch aktiv geworden und haben sich in der Zusammenarbeit mit Mitgliedern der Sol von ihrem Programm überzeugt. Teil davon ist auch, dass wir uns nicht durch bürokratische Manöver einschüchtern lassen und wir unsere Kritik an Reformismus, antideutschen Positionen und Karrierismus nicht verschweigen. Die Sol kommt aus der Tradition der linken Opposition um den russischen Revolutionsführer Leo Trotzki, der gegen Stalinismus und Bürokratismus in der Arbeiter*innenbewegung gekämpft und ein marxistisches Programm verteidigt hat. Wir glauben, dass marxistische Ideen aktueller denn je sind und dass nur sie der Arbeiter*innenklasse in letzter Konsequenz den Ausweg aus der kapitalistischen Krise weisen können. Alle die auch dieser Meinung sind, laden wir ein unsere Ideen mit uns zu diskutieren und mit uns aktiv zu werden.
Unterzeichnet von:
Aleksandra Olzewska – linksjugend [’solid] Aachen, Alexander Frevert – linksjugend [‘solid] Lippe, Arthur Gubar – linksjugend [‘solid] Lippe, Björn Büttner – linksjugend [‘solid] Bochum,Caspar Löttgers – linksjugend [‘solid] Mainz, Christian Walter – (Ehrenamtlicher) Landesgeschäftsführer der linksjugend [’solid] NRW und Mitglied der linksjugend [’solid] Aachen, Collin Hauke – linksjugend [‘solid] Dortmund, Daniela Weber – linksjugend [‘solid] Dortmund, Dominik Tristan Kandale – linksjugend [‘solid] Lippe, Felix Jaschik – linksjugend [‘solid] Bochum, Frank Redelberger – linksjugend [‘solid] Lippe, Mitglied im Kreisvorstand DIE LINKE Lippe, Stadtrat für DIE LINKE, Fouad Ouali – linksjugend [’solid] Hamm, Harvey Hemm – Landessprecher der linksjugend [‘solid] Rheinland-Pfalz und Mitglied der linksjugend [‘solid] Kaiserslautern, Hans Neumann – linksjugend [‘solid] Hildesheim, Jan Horsthemke – linksjugend [‘solid] Dortmund, Jasper Proske – linksjugend [‘solid] Mainz, Jens Jaschik – Landessprecher der linksjugend [‘solid] NRW und Mitglied der linksjugend [‘solid] Dortmund, Jonas Rütter – linksjugend [‘solid] Dortmund, Mitglied im Kreisvorstand DIE LINKE Dortmund, Julian Koll – linksjugend [‘solid] Dortmund, Julian Müller – linksjugend [‘solid] Lippe, Lea Schmidt – linksjugend [‘solid] Dortmund, Luhan Saner Güney – linksjugend [‘solid] Hamm, Luise Artmann – Landessprecherin der linksjugend [‘solid] Rheinland-Pfalz und Mitglied der linksjugend [‘solid] Mainz, Lukas Zöbelein – linksjugend [‘solid] Mainz, Marie Schulpig – linksjugend [‘solid] Berlin-Ost, Marius Sackers – linksjugend [‘solid] Bochum, Max Klinkner – linksjugend [‘solid] Mainz, Merlin Koller – linksjugend [‘solid] Hamm, Michael Schelter – linksjugend [‘solid] Hamm, Niklas Meier – linksjugend [‘solid] Lippe, Nils Gampert – DIE LINKE Hildesheim, Rosie O‘Brien – linksjugend [‘solid] Dortmund, Sibel Güney – linksjugend [‘solid] Hamm, Steffen Neuß – linksjugend [‘solid] Dortmund, Landesschatzmeister der linksjugend [‘solid] NRW, Svenja Jeschak – linksjugend [‘solid] Dortmund, Tim Brandes – linksjugend [‘solid] Berlin-Ost, Tobias Mendel – linksjugend [‘solid] Südpfalz, Tobias Koschmieder – linksjugend [‘solid] Aachen, Tom Hoffmann – linksjugend [‘solid] Berlin-Ost
FAQ zum Ausschlussantrag
Dominiert die Sol den Landesverband Nordrhein-Westfalen?
Nein. Im LSpR des Landesverband sind von 9 Mitgliedern zwei Mitglieder auch in der Sol. Gewählt wurden ursprünglich 10 Mitglieder – ein Sol-Mitglied musste sich aber kürzlich aus gesundheitlichen Gründen aus der politischen Arbeit zurückziehen. Auf der letzten Landesvollversammlung waren von weit über 100 Anwesenden etwa 25 Mitglieder der Sol. Sol-Mitglieder sind in fünf von 38 Basisgruppen aktiv.
Steht die Sol für die „jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit von Funktions- und Mandatsträger*innen“ in der Arbeiter*innenbewegung?
Ja. Wir halten diese Forderung für sinnvoll, um sicherzustellen, dass Funktionär*innen und Mandatsträger*innen im Sinne der Basis, die sie gewählt hat, agieren und sehen darin ein Mittel Bürokratisierung in der Arbeiter*innenbewegung zurückzudrängen. Das ergibt sich auch aus der Erfahrung des Stalinismus. Anders als die Antragssteller*innen halten wir es für undemokratisch, wenn Gremien lediglich das Recht haben ihre Delegierten, Vorstände, Funktionär*innen usw. nur zu wählen – nicht aber diese auch wieder abzuwählen.
Warum kam es zur Abwahl der Bundeskongress-Delegation des Landesverbands in NRW?
Am 09.01.2021 wurde auf der Landesvollversammlung des LV NRW die Bundeskongress-Delegation abgewählt und eine neue Delegation gewählt. Dies geschah auf völlig demokratische Weise per Mehrheitsbeschluss bzw. entsprechender Wahlen. Zu dieser Versammlung wurde satzungsgemäß vier Wochen vorher eingeladen. Hintergrund war, dass ein paar Monate vorher eine Delegation gewählt wurde, die nicht die seit langen bestehenden politischem Mehrheitsverhältnisse im Verband repräsentiert. Das konnte geschehen, weil die zwei einzigen Basisgruppen im Landesverband, in denen reformerische bis antideutsche Positionen dominieren (von insgesamt 38 Basisgruppen) stark mobilisiert hatten, während von fast allen anderen Basisgruppen eher wenige Mitglieder anwesend waren. Das lag unter anderem daran, dass zeitgleich wichtige Proteste stattfanden, an denen sich zahlreiche Genoss*innen beteiligten, etwa gegen den Aufmarsch von christlichen Fundamentalisten. Alle Landesvollversammlungen seitdem hatten wieder andere Mehrheitsverhältnisse, es gibt also keine grundsätzliche Verschiebung im Landesverband.
Ist eine Abwahlmöglichkeit mit dem Vereinsrecht bzw. der Satzung des Bundesverbands vereinbar? Warum ist der im Antrag erwähnte Änderungsantrag an die Wahlordnung vor der Landesschiedskommission gescheitert?
Zur ersten Frage: Ja. Unserer Meinung nach ist die Abwahlmöglichkeit nicht nur politisch sinnvoll sondern auch juristisch möglich. Die Mehrheit des Landesverbands NRW beruft sich dabei auf die Kehrseitentheorie (Actus contrarius), nach der es in der Natur der Sache liegt, dass ein Gremium nicht nur die Befugnis zum Erlass einer Handlung sondern auch zur Widerrufung/Umkehrung eben dieser Handlung hat. Damit wurde zum Beispiel auch die Abwahl des AfD-Politikers Stephan Brandner vom Vorsitz des Rechtsausschusses des Bundestags begründet.
Die Antragssteller*innen begründen ihre Behauptung der Satzungs- bzw. Rechtswidrigkeit mit einer Fußnote, die auf Paragraphen im BGB bzw. den Satzungen des Landesverbandes und des Bundesverbandes verweist. Dort finden sich aber nirgends Verbote von Abwahlmöglichkeiten.
Zur zweiten Frage: Die Landesschiedskommission wies den Änderungsantrag an die Wahlordnung aus formalen Gründen zurück. Sie hat keine inhaltliche oder grundsätzliche Entscheidung getroffen, dass eine Abwahl satzungs- oder rechtswidrig ist.
Warum wurde dem LAK „Kreuzfelder Forum“ das Recht auf Öffentlichkeit nicht gewährt?
Erstens war diese Entscheidung keine Entscheidung der Sol, sondern einer Landesvollversammlung (die wie oben ausgeführt auch nicht von der Sol dominiert wird). Sol-Mitglieder haben dabei auch die Position vertreten, dass kein Recht auf Öffentlichkeitsarbeit gewährt werden sollte. Das liegt nicht daran, dass Sol-Mitglieder Zensur gegen Andersdenkende betreiben wollen. Im Gegenteil: Wir finden, dass Strömungen sich offen und transparent organisieren sollten. Der Landesarbeitskreis „Kreuzfelder Forum“ jedoch stellt sich nicht als Strömung dar. Laut Selbstdarstellung geht es ihm um u.a. eine „Professionalisierung“ des Landesverbands, um eine bessere Vernetzung von Basisgruppen und um eine „undogmatische“ Diskussion über Fragen wie Regierungsbeteiligungen und den Austausch mit Jusos und Grüner Jugend.
Wir und die Mehrheit der Landesvollversammlung hielten es deshalb für nicht ausreichend begründet, warum der LAK das Recht auf Öffentlichkeitsarbeit benötigt. Diese Entscheidung steht in Einklang mit der Satzung. Wir befürchten eher, dass die Ziele des LAK darauf hinauslaufen, Verbandsstrukturen wie den Landesrat (wo jede Basisgruppe zwei Delegierte hin entsendet) zu ersetzen bzw. eine Konkurrenzstruktur aufzubauen.
Was hat es mit dem Vorwurf auf sich, Sympathisant*innen würden vor der LVV einer „Gesinnungsprüfung“ unterzogen werden?
In NRW gibt es die Möglichkeit, ein sogenanntes „Sympathisant*innen-Stimmrecht“ zu vergeben, also bestimmte Stimmrechte an Nichtmitglieder zu vergeben. In der Regel stellen sich diese Mitglieder vorher kurz vor und begründen dabei, warum sie, obwohl sie kein Mitglied sind, trotzdem Stimmrechte auf einer Landesvollversamlung haben wollen. Sol-Mitglieder sehen dieses „Sympi-Stimmrecht“ generell kritisch, weil es a) sehr missbrauchsanfällig ist und b) Interessierte davon abhält in den Verband einzutreten. Insbesondere halten wir Situationen für zu vermeiden, in denen Sympathisant*innen entscheidenden Einfluss auf wichtige Beschlüsse oder Wahlen nehmen. Deswegen haben sich Sol-Mitglieder bei der letzten NRW-Landesvollversammlung gegen die Vergabe des Sympathisant*innen-Stimmrechts ausgesprochen, was dort von einer Mehrheit unterstützt wurde.
In der Vergangenheit hat sich jedoch eine Mehrheit der LVV für die Vergabe ausgesprochen. In diesem Fall haben Sol-Mitglieder dafür argumentiert, dass es kein „Sympi-Stimmrecht mit der Gießkanne“ geben soll, also es alle bekommen, die es haben wollen. Stattdessen sollten sie sich mindestens kurz vorstellen, sagen ob sie im Verband aktiv sind und zeigen, dass sie überhaupt anwesend sind (was bei Online-Versammlungen die Missbrauchs-Gefahren zumindest einschränkt). Diese Maßnahmen entsprechen im Übrigen auch den Empfehlungen, die die Bundesgeschäftsstele des Jugendverbandes gegeben hat. Der Vorwurf, dies wäre eine „Gesinnungsprüfung“ ist an den Haaren herbei gezogen. Das zeigt sich schon an der Aufhebung der Sperrfrist für Neumitglieder: Wer in den Jugendverband eintritt erhält erst nach mehreren Wochen volle Mitgliedsrechte. Eine Landesvollversamlung darf diese Frist aufheben. Bei der letzten Landesvollversamlung gab es drei solcher Anträge. Sol-Mitglieder haben in allen drei Fällen für die Aufhebung gestimmt, unabhängig davon welche Positionen bei den Antragstellenden vermutet wurden. Der Vorwurf, die Sol würde Sympathisant*innen einer „Gesinnungsprüfung“ unterziehen, um ihnen dann bestimmte Rechte zuzugestehen oder vorzuenthalten, ist völlig aus der Luft gegriffen: Er knüpft an die Verschwörungserzählung an, die Sol wäre übermächtig und würde den NRW-Verband kontrollieren – angesichts der tatsächlichen Mitglieder- und Aktivenzahlen ein haltloser Vorwurf.
Will die Sol „die Partei kontrollieren“ „statt ihre Ideen demokratisch einzubringen“? Will die Sol ihre Positionen „systematisch durchdrücken“?
Wir wollen, dass in der LINKEN und im Jugendverband die Basis die Möglichkeit hat, Kontrollrechte gegenüber der Führung auszuüben, wenn sie mit der Politik der Führung nicht einverstanden ist. Wir wollen Demokratie und nicht Bürokratie. Voraussetzung dafür ist unserer Meinung nach, dass es bestimmte Kontrollrechte und Prinzipien gibt. Dazu zählen für uns das Recht auf jederzeite Wähl- und Abwählbarkeit, jederzeitige Rechenschaftspflicht und das Mandatsträger*innen und Funktionär*innen keine Privilegien erhalten und höchstens einen durchschnittlichen Facharbeiter*innenlohn verdienen.
Im von den Antragsteller*innen zitierten Artikel schreiben wir, dass „nur eine politisch geschulte und selbstbewusste Mitgliedschaft die Leitungsgremien einer Partei kontrollieren und den Kurs selbst bestimmen können wird“. Das bezieht sich natürlich auf die Mitgliedschaft der LINKEN. Es geht nicht darum, dass Sol-Mitglieder die Partei von oben kontrollieren sollen.
Für uns ist zudem der Kampf gegen den Kapitalismus nicht von der demokratischen Diskussion in der Arbeiter*innenbewegung und Linken zu trennen, wie man diesen Kampf am besten führen sollte. Entgegen der Behauptung der Antragsteller*innen führen wir diese „Auseinandersetzung“ demokratisch in den Strukturen der Partei, bspw. zusammen mit anderen Genoss*innen in der Antikapitalistischen Linken (AKL). Unter anderem schreiben wir Artikel, wie ihn die Genoss*innen zitieren. Es reicht, die Suchfunktion unserer Website www.solidaritaet.info zu nutzen, um auf weitere Beiträge zu stoßen.
Handeln Sol-Mitglieder nur im finanziellen Interesse ihrer Organisation bzw. des Manifest Verlag? Gibt es hauptamtliche Sol-Funktionär*innen in Nordrhein-Westfalen?
Erstens: Nein. Es stimmt, dass die Sol die Zeitung „Solidarität“ verkauft und Bücher und anderes Material vertreibt. Das tun auch andere Strömungen und ist für uns auch ein wichtiges Recht in der Arbeiter*innenbewegung. Wir freuen uns über jede*n, der unser Material erwirbt, liest, konstruktiv kritisiert und mit uns diskutiert.
Die Sol finanziert sich über Mitgliedsbeiträge, Spenden und den Verkauf von Material und ist unabhängig von großen Unternehmen und vom Staat. Sie erhält auch kein Geld aus der LINKEN. Das hält uns nicht davon ab, Material der linksjugend [‘solid] zu verbreiten, Spenden für den Jugendverband zu sammeln und den Jugendverband aufzubauen. Der von der Sol geführte Manifest-Verlag hat außerdem im letzten Jahr, um dem Landesverband NRW Arbeit zu ersparen, zwei der Texte des neuen Theorie-Readers des Landesverbandes ohne jegliche Gegenleistung redigiert zur Verfügung gestellt.
Wir fordern die Antragsteller*innen auf, ihre Behauptungen zu belegen oder diese zurückzunehmen.
Zweitens: Nein, (leider) noch nicht.
Baut sich die Sol nach dem Prinzip des „Demokratischen Zentralismus“ auf?
Ja. Wir wissen nicht, was die Antragsteller*innen daran verwerflich finden. Der demokratische Zentralismus der Sol bzw. des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale (CWI) ist in vielerlei Hinsicht sogar demokratischer als die Strukturen des Jugendverbandes.
Bei der Sol gelten die Prinzipien: Jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit, Rechenschaftspflicht und keine Privilegien für Mandatsträger*innen und Funktionär*innen.
Demokratischer Zentralismus ist ein bewährtes Prinzip in der Arbeiter*innenbewegung und bedeutet: Freiheit in der Diskussion, Einheit im Handeln. In der Sol werden Entscheidungen unter den Mitgliedern auf Basis des Programms frei diskutiert, per Mehrheitsbeschluss gefällt und von allen gemeinsam umgesetzt. Das Prinzip ergibt sich aus den Notwendigkeiten des Klassenkampfes: Vor einem Streik diskutieren Beschäftigte (im besten Fall) auch das Für und Wider. Wenn es aber einen Streikbeschluss gibt, ist es am effektivsten, wenn den auch alle umsetzen.
Sollten wir Fragen vergessen oder nicht ausreichend beantwortet haben, könnt ihr uns kontaktieren.
1https://www.neues-deutschland.de/artikel/1144688.linke-strategie-macht-oder-regierung-n-oder-beides.html