Covid-Katastrophe in Indien

Nachbarschafts-Mittagessen während des Lockdowns in Indien (Foto: Creative Commons)

Gesundheitssystem kollabiert unter Modis Missherrschaft

Eine ungebremste Gesundheitskatastrophe hat Indien im Griff. Die tägliche Zahl der mit Covid-19 infizierten Menschen hat seit einer Woche 350.000 überschritten – die höchste Zahl in einem Land seit Beginn der Pandemie. Die Gesundheitsdienste sind überfordert. Tote liegen vor den Krankenhäusern. Patient*innen sterben aufgrund mangelnder Sauerstoffversorgung, so dass Angehörige gezwungen sind, den Schwarzmarkt zu aufzusuchen, um die knappen und überteuerten Flaschen zu bekommen.

von Yuvray, Neue Sozialistische Alternative (Indien)

Die von Modi geführte hindu-nationalistische BJP-Regierung geht den Mangel an medizinischem Material nicht durch Eingriffe in die kapitalistische Produktion an. Stattdessen lässt sie Massenwahlkundgebungen und religiöse Versammlungen zu, bei denen keine Masken getragen und Abstand nicht eingehalten wird, wodurch sich die Pandemie ausbreitet.

Indiens Gesundheitssystem wurde nicht ausgebaut, um die aktuelle Welle zu bewältigen. Stattdessen schmilzt es unter dem schieren Druck zusammen. Täglich suchen die Familien der Patient*innen verzweifelt nach Krankenhausbetten. Einige Familien sind mit ihren Patient*innen bis zu 500 Kilometer weit gereist, um verzweifelt nach Betten zu suchen. Medikamente, Sauerstoff und alle Arten von Vorräten gehen zur Neige.

Ärzt*innen, Krankenschwestern und medizinisches Personal geraten unter diesem akuten Druck ins Taumeln. Erschwerend kommt hinzu, dass in den Krankenhäusern Brände ausgebrochen sind.

Das Versagen des Gesundheitssystems ist, kurz gesagt, das Versagen des kapitalistischen Systems und der herrschenden politischen Eliten, die seine Agenda bedienen.

Die rücksichtslose Umsetzung des Neoliberalismus in den letzten drei Jahrzehnten hat dazu geführt, dass das Gesundheitssystem weitgehend privatisiert wurde. Und eine bewusste Politik der Unterfinanzierung des öffentlichen Gesundheitswesens hat dazu geführt, dass es bis auf die Knochen gekürzt wurde. Die Kontrolle der Ressourcen in privatem Besitz hat dazu geführt, dass sie nur dann eingesetzt werden, wenn Gewinne garantiert sind.

Zu Beginn der Pandemie beteiligten sich private Krankenhäuser nicht. Später schlossen sie sich mit dem öffentlichen Sektor zusammen und stellten ihre Ressourcen zur Verfügung – allerdings nur zu Preisen, die selbst für die Mittelschicht unerschwinglich waren.

Das Zusammenspiel der Marktkräfte dient den Bedürfnissen des Kapitals, aber nur auf Kosten der Gesellschaft. Nehmen wir das Beispiel der kritischen medizinischen Versorgung. Indien verfügt über eine relativ große Kapazität zur Herstellung der meisten dieser Güter. Es ist die drittgrößte Pharmaindustrie der Welt, gemessen am Volumen. Aber trotz dieser riesigen Produktionskapazitäten gibt es einen akuten Mangel an Medikamenten und dementsprechend hohe Preise für sie.

Die pharmazeutische Industrie in Indien ist hauptsächlich auf den Export ausgerichtet und produziert in erster Linie für ihre globalen Kunden, d.h. die globalen Pharmariesen. Der kapitalistische Staat mischt sich weitgehend nicht in die Interessen des Privatkapitals ein. Folglich konnte diese Produktionsbasis nicht genutzt werden, um die Medikamente oder andere Hilfsmittel zu produzieren, die zur Bewältigung der Covid-Krise benötigt werden.

Nehmen wir zum Beispiel den Fall des Oxford-AstraZeneca-Impfstoffs. Aufbauend auf Indiens pharmazeutischer Produktionsstärke wurde das Serum Institute of India für die Herstellung des Impfstoffs ausgewählt. Serum stellt nun Millionen von Dosen her und liefert sie weltweit.

Letztes Jahr besuchte Premierminister Narendra Modi das Werk und versuchte, es als nationalistische Anstrengung darzustellen. Aber alle seine Behauptungen sind nun geplatzt. Der Preis des Impfstoffs in Indien ist jetzt der höchste der Welt und kostet 600 Rupien (etwa acht US-Dollar) pro Dosis. Und das, obwohl das Unternehmen selbst bei einem Preis von zwei US-Dollar einen Gewinn erzielen könnte, wie der Eigentümer von Serum selbst angibt.

BJP verkörpert die ganze Hässlichkeit

Die Regierungspartei BJP verkörpert nun all die Hässlichkeit, die man sich von kapitalistischer Politik vorstellen kann. Während die Regierung den Menschen unerbittlich predigt, sich sozial zu distanzieren, hat die BJP selbst grundlegende Regeln schamlos missachtet, wenn es um Massenversammlungen ging, um eigenen politischen Vorteil daraus zu schlagen.

Einer der von der BJP regierten Bundesstaaten war Gastgeber der Kumbha Mela – einer großen religiösen Versammlung, bei der sich buchstäblich Tausende von Anhänger*innen zusammendrängten. Diese Menschenmengen, hauptsächlich aus Nordindien, sind potenzielle Wähler*innen für die hindu-nationalistische Agenda der BJP. Unnötig zu erwähnen, dass Kumbha Mela zu einem Covid-Superspreader-Event wurde, das Hunderttausende ansteckte. Die massiven Wahlkundgebungen in Westbengalen (östlicher Bundesstaat), die von der BJP veranstaltet wurden und an denen auch der Premierminister teilnahm, haben ebenfalls zur Verbreitung der Krankheit beigetragen.

Der Staat und die etablierten politischen Parteien waren also damit beschäftigt, ihre eigene Agenda zu fördern oder den Interessen ihrer Herren, d.h. der Kapitalist*innenklasse, zu dienen, während Tausende dem Tod überlassen werden.

Dies ist das hässliche Gesicht des Kapitalismus und daher besteht die Notwendigkeit, den Kapitalismus zu stürzen und ihn durch Sozialismus zu ersetzen – ein System, das auf öffentlichem Eigentum an der Großindustrie basiert, mit demokratischer Planung der Produktion, die auf die Bedürfnisse der Gesellschaft ausgerichtet ist.

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