Abgeordnetenhauswahl am 26.9.: Aktiv werden für sozialistische Politik in Berlin

Gemeinsam erfolgreich kämpfen! Für einen Kurswechsel der LINKEN!

Wir veröffentlichen hier zwei Artikel aus dem Extrablatt der Solidarität zur Abgeordnetenhauswahl in Berlin am 26.9.2021. Das ganze Extrablatt kann hier herunter geladen werden:

Berlin ist Hauptstadt des Widerstands. Gegen schlechte Bezahlung wird gestreikt – sei es bei landeseigenen Tochterunternehmen, bei den Fahrradkurier*innen, der Bahn oder anderen Unternehmen. Pflegekräfte legen für bessere Bedingungen ihre Arbeit nieder. Lehrer*innen wollen ihnen folgen. Gegen steigende Mieten wird demonstriert und gegen Zwangsräumungen blockiert.

Doch geändert hat sich schrecklich wenig. Die Tarifbindung in Berlin nimmt ab. Die Arbeitsbedingungen haben sich während der Corona-Pandemie verschlechtert. Der erkämpfte Mietendeckel wurde kassiert und die Mietexplosion setzt sich ungebremst fort.

Die etablierten Parteien vergießen im Wahlkampf dazu zwar Krokodilstränen, aber bereiten währenddessen schon die Sparpakete vor, die nach den Wahlen präsentiert werden. „Ich will nicht sagen, dass das Geld alle ist. Aber es wird knapper nach der Krise, und wir müssen Prioritäten setzen.“ sagte jüngst Ramona Pop von den Grünen. Und ihre Prioritäten werden nicht normale Beschäftigte und Erwerbslose sein. DIE LINKE schreibt sich dagegen die sozialen Themen auf die Fahne, doch die Führung akzeptiert die Grenzen der Regierungsbeteiligung und stellt die jetzige Politik als alternativlos da.

Wie kann Widerstand erfolgreich sein?

Kämpfen ist richtig. Nur Protest kann etwas verändern und Druck von der Straße aufbauen. Vor allem Streiks zeigen, wer wirklich den Reichtum in der Gesellschaft erwirtschaftet und haben die größte Wirkung. Aber wie kann das erfolgreich sein?

1. Gemeinsam kämpfen

Wenn Widerstand isoliert werden konnte, endete er mit halbherzigen Kompromissen oder in Niederlagen. Dagegen hilft nur gemeinsam kämpfen. Es ist richtig, dass die Beschäftigten der Krankenhäuser gemeinsam mit denen der Tochtergesellschaften kämpfen. Im nächsten Schritt braucht es gemeinsame Kämpfe verschiedener Betriebe und Bereiche. Zusammen mit anderen hat die Sol die Demonstration „Gemeinsam auf die Straße“ für den 18. September angestoßen. Dort gehen Mietaktivist*innen, Pflegekräfte und Krankenhausbeschäftigte, Initiativen gegen Privatisierung und andere Gruppen für Rekommunalisierung (inkl. Enteignung der Immobilienkonzerne) und Milliardeninvestition auf die Straße. Doch das kann nur der Anfang sein. Wem kann es gelingen, umfassend Beschäftigte zusammen zu bringen?

2. Gewerkschaften in die Offensive

Die Gewerkschaften haben mit ihrer Mitgliedschaft das Potential, Millionen Beschäftigte zu mobilisieren und Kämpfe zu vereinen. Über die Corona-Pandemie ist die Gewerkschaftsführung jedoch abgetaucht, hat Streikmaßnahmen begrenzt und sich hinter die Regierung gestellt. Die EVG-Führung forciert im aktuellen Konflikt die Spaltung der Beschäftigten bei der Bahn statt Solidarität zu praktizieren. Dabei könnten Kämpfe wie bei der Bahn, im Krankenhaus oder gegen Arbeitsplatzverlust vereint werden und sich gegenseitig unterstützen. Die Sol ist in Gewerkschaften für einen kämpferischen Kurs aktiv, ergreift Initiativen von unten und unterstützt die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften VKG (vernetzung.org).

3. Sozialistisches Programm

Im Kapitalismus stehen Löhne, Arbeitsbedingungen, soziale Leistungen und Ausgaben ständig unter Beschuss. Um erfolgreich zu kämpfen, müssen wir den kapitalistischen Markt und das Vermögen der Banken und Konzerne in Frage stellen. Beispielsweise wäre dann ein ausreichend finanziertes Gesundheitssystem auf Grundlage der Bedürfnisse und nicht des Profits möglich. Zurecht fordert die Mietenbewegung die Überführung der Immobilienkonzerne in Öffentliches Eigentum. Dann wären faire und bezahlbare Mieten umsetzbar. Doch im Kapitalismus wird das mit allen Mitteln versucht, zu verhindern. Deshalb kämpft die Sol für die Überwindung des Kapitalismus und Ersetzung durch eine sozialistische Demokratie, in der anders als in der DDR von unten demokratisch diskutiert und entschieden wird, wie der gesellschaftliche Reichtum eingesetzt werden muss.

4. Aktiv werden

Die Sol ist ist eine eigenständige marxistische Organisation und wir laden ein, mit uns zu diskutieren und sich bei uns zu organisieren. Wir rufen dazu auf, am 26. September beim Volksentscheid mit Ja für die Enteignung zu stimmen. Wir geben unsere Stimmen an diesem Tag der Partei DIE LINKE, weil sie am ehesten die Forderungen von sozialen Bewegungen und Lohnabhängigen zum Ausdruck bringt. Gleichzeitig können wir all diejenigen verstehen, für die das keine Option ist – aus Enttäuschung über Ausrichtung und Politik der Partei und ihres Spitzenpersonals. Wir kämpfen in der Partei gegen Regierungsbeteiligungen mit SPD und Grünen und für einen kämpferischen und sozialistischen Kurs. Wir werden auch nach der Wahl gegen pro-kapitalistische Politik auf die Straße gehen – egal, wer an der Regierung ist und sie mitverantwortet.

Denn wählen allein reicht nicht. Werde deshalb mit uns gemeinsam aktiv, um Widerstand zum Erfolg zu führen und für eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft einzutreten.

Für einen Kurswechsel der LINKEN

In ihrem Berliner Wahlprogramm feiert DIE LINKE die letzten fünf Jahre Regierungsbeteiligung als Erfolgsmodell und möchte diese in den nächsten fünf Jahren fortsetzen: „Wir haben in den vergangenen fünf Jahren gezeigt, dass DIE LINKE den Unterschied macht. Wir waren der Motor für den Politikwechsel. Wir haben uns als Partnerin der sozialen Initiativen und Bewegungen verstanden und an deren Seite die Stadt spürbar verändert. Wir wollen diesen Weg weitergehen. Das geht nur mit einer starken LINKEN.“ Aber war es wirklich ein Erfolgsmodell?

Keine Frage: Viele Berliner*innen und Aktive aus sozialen Bewegungen und Gewerkschaften sehen Maßnahmen der rot-rot-grünen Landesregierung wie ein billigeres Sozialticket für Bus und Bahn, die Abschaffung von Kita- und Hortgebühren und das kostenlose Mittagessen für Grundschüler*innen positiv. Positiv wird auch gesehen, dass wenigstens versucht wurde, mit dem gescheiterten Mietendeckel den drastischen Anstieg der Mieten auf zu halten. Auch die Charité Facility Management GmbH (CFM) wurde rekommunalisiert, die Forderungen der Beschäftigten nach Eingliederung in den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVÖD) aber nicht umgesetzt. Das alles geschah vor dem Hintergrund von einem bis Ende 2019 andauernden wirtschaftlichen Wachstum und großem Druck durch Protestbewegungen.

Mietenproblem nicht gelöst

Nicht gelöst wurde eines der wichtigsten Berliner Probleme: steigende Mieten und fehlender bezahlbarer Wohnraum. Es ist positiv, dass DIE LINKE. den Volksentscheid für eine Enteignung der Immobilienkonzerne unterstützt. Gerade dieser Volksentscheid zeigt aber die Grenzen einer Beteiligung der LINKEN an einer bürgerlichen Regierung auf. Trotz einer starken Mietenbewegung in der Stadt konnte DIE LINKE in der Landesregierung die Forderungen der Volkentscheid-Inititative nicht durchsetzen. Um davon abzulenken wertete der LINKEN-Spitzenkandidat Klaus Lederer es „als ein grundsätzlich positives Signal “, dass der Senat den Immobilienhaien Vonovia und Deutsche Wohnen 20.000 sanierungsbedürftige Wohnungen abkaufen und dafür über 2,1 Milliarden Euro in den Rachen werfen will. Dabei werden in Berlin jedes Jahr 80 000 neue bezahlbare Wohnungen gebraucht.

Von der LINKEN als Partnerin der sozialen Initiativen und Bewegungen kann man auch nicht sprechen, wenn Klaus Lederer gegen deren Widerstand Hochhaus-Neubauplänen des Immobilien-Milliardärs und Karstadt-Eigners Rene Benko den Weg ebnet. Akzeptiert wurde damit auch die Schließung von Karstadt-Filialen und der Verlust der dortigen Arbeitsplätze. Akzeptiert wurde außerdem die von den GRÜNEN vorangetriebene Ausschreibung der Berliner S-Bahn. Damit kann das S-Bahn-Netz nun zum Teil oder auch ganz von privaten Anbietern übernommen werden. Nichts wurde gegen die Law-and-Order-Politik der SPD unternommen. Diese lässt ständig Razzien in Shisha-Bars durchführen und linke Treffpunkte und Wohnhäuser mit massiver Polizeigewalt räumen.

Corona

Auch der Umgang mit der Pandemie unterscheidet sich in Berlin nicht wesentlich von anderen Bundesländern. Weder hat es eine massive Personalaufstockung in den landeseigenen Krankenhäusern und den Gesundheitsämtern gegeben, noch wurden alle Schulen und öffentliche Gebäude mit Luftfiltern ausgestattet oder gab es einen grundsätzlich anderen Umgang mit der Einschränkung von Freiheitsrechten während des ersten Lockdowns. 

Kurswechsel der LINKEN nötig

Es zeigt sich: mit prokapitalistischen Parteien ist keine grundlegend andere, linke Politik zu machen. Zwischen 2016 und 2019 hatte die Führung der LINKEN Glück, dass die wirtschaftliche Situation ein paar Reförmchen ermöglichte. Dies ist mit der aktuellen Wirtschaftskrise vorbei und es stehen heftige Verteilungskämpfe bevor. In diesen wird sich DIE LINKE in Berlin entscheiden müssen, auf welcher Seite sie steht. Bewegungen wie aktuell im Gesundheitswesen werden sich dann zwangsläufig verstärkt auch gegen den Senat wenden und ein “Regieren in Bewegung” wird nicht einmal mehr dem Schein nach möglich sein. Statt auf eine Fortsetzung der Koalition nach den Abgeordnetenhauswahlen im September 2021 zu setzen, sollte die Partei die Widersprüche zwischen linker Politik und der Politik von SPD und Grünen zuspitzen und sich auf sozialistische Opposition und den Aufbau von Widerstand und Bewegungen konzentrieren.

Mitglieder der Sol sind bundesweit in der LINKEN aktiv und setzen sich gemeinsam mit anderen in der Parteiströmung Antikapitalistische Linke AKL für einen Kurswechsel ein.

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