Hunderttausende demonstrieren gegen die Klimakrise

Bericht vom Klimastreik am 24.09.2021

In mehr als 400 Städten in Deutschland sind Schülerinnen und Schüler, aber auch Eltern, Wissenschaftler*innen und andere auf die Straße gegangen, um sofortige Maßnahmen gegen die Klimakrise zu fordern. Allein in Berlin sprachen die Veranstalter*innen von bis zu 100.000 Menschen.

von Tim Brandes, Berlin

Auch die Sol war in vielen Orten dabei, verteilte den unten dokumentierten Flyer, trat für sozialistische Politik ein und traf dabei auf viel Interesse. Denn immer mehr Menschen wird klar, dass der Kapitalismus nicht in der Lage ist, mehr als nur kosmetische Maßnahmen umzusetzen. Zwei Jahre Klimastreiks haben zwar dazu geführt, dass fast alle Parteien über die Klimakrise reden. Selbst Olaf Scholz, dessen Partei 16 der letzten 20 Jahre an der Bundesregierung war, sprach sich für den Klimastreik aus.

Socialist Change not Climate Change

Aber keine der etablierten, pro-kapitalistischen Parteien bietet einen Ausweg aus der Klimakrise. Denn solange Kohle- und Autokonzerne in den Händen von Kapitalist*innen liegen, die Profite über die Bedürfnisse von Mensch und Natur stellen, wird sich nichts grundlegendes tun. Insbesondere nicht, wenn sie die Politiker*innen in der Tasche haben.

Wie sollen wir auch etwas verändern, was uns nicht gehört? Deswegen fordert die Sol die Überführung der großen Banken und Konzerne in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung. So können wir als Gesellschaft gemeinsam entscheiden, was wie produziert wird. Gleichzeitig fordern wir radikale Maßnahmen im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung – und zwar auf Kosten der Konzerne und Super-Reichen und nicht der Lohnabhängigen. Diese Ideen kamen gut an bei den Streikenden. In Berlin holte sich zum Beispiel eine Gruppe Schüler*innen wiederholt an unserem Stand Flyer ab, um sie selbstständig zu verteilen und sie trugen sich in Listen ein, um weiter in Diskussion zu bleiben.

Die Grünen sind nicht die Lösung

Ein größerer Teil der Demonstrierenden war sicher der Meinung, die Grünen seien das geringere Übel im Vergleich zu SPD und CDU. Das offizielle Motto des Klimastreiks, diese Wahl zur “Klimawahl” zu machen, dürfte vor allem auch den Grünen in die Hände gespielt haben. Nur ist ein geringeres Übel immer noch ein Übel und zeigt die Politik der Grünen in 11 von 16 Landesregierungen, dass auch von ihnen kein grundlegender Wandel zu erwarten ist. Im Grüne geführten Baden-Württemberg wird gerade ein Sparpaket von 250 Millionen Euro geplant. Auch sie fahren nur eine grün angestrichene, prokapitalistische Politik. Nur wer bereit ist, die Macht der Energie- und Autokonzerne zu brechen, hat eine Chance auf eine andere Politik. Wir rufen zur Wahl der LINKEN auf, denn sie hat das weitestgehende klimapolitische Programm und will nicht die arbeitende Bevölkerung dafür zahlen lassen. Doch leider verwaltet auch sie die Missstände in einigen Landesregierungen mit, statt sie offensiv zu bekämpfen.

Selbst aktiv werden

Nur wenn wir uns organisieren, können wir gewinnen. Als Sol treten wir in sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und in der Partei DIE LINKE für ein sozialistisches Programm ein. Denn nur wenn wir den Kapitalismus überwinden und mit einer sozialistischen Demokratie ersetzen, haben wir eine Chance die Klimakrise zu beenden und mit ihren jetzt schon erkennbaren Auswirkungen umzugehen. Wenn auch ihr diese Welt ändern wollt, schreibt uns und kommt vorbei!

Flugblatt: Klima-Killer Kapitalismus abschaffen

Unsere Alternative für Mensch und Natur: Sozialistische Demokratie

Wir haben keine Zeit zu verlieren. Laut Weltklimarat sind wir auf dem Weg zu einer 1,5 Grad wärmeren Welt schon im Jahr 2030 und die Uhr tickt weiter. Doch die Regierenden hier und international gehen den Kampf gegen den Klimawandel nicht ernsthaft an. Dabei mussten wir in diesem Jahr geradezu apokalyptische Szenen ertragen. In zahlreichen Ländern gibt es Extremhitzeperioden und wüten verheerende Waldbrände. Andernorts gibt es massive Überschwemmungen und Regenfälle. Im Golf von Mexiko „brannte“ der Ozean nach dem Leck einer Erdgaspipeline. Die Hochwasserkatastrophe hat auch in Deutschland nicht nur deutlich gemacht, dass endlich radikale Maßnahmen nötig sind, um den Klimawandel aufzuhalten. Sie hat auch deutlich gemacht, dass die Auswirkungen dieses Klimawandels uns jetzt schon betreffen und wir uns gegen sie schützen müssen.

„Radikal“: Das heißt das Übel an der Wurzel packen. Gerade einmal 100 Unternehmen sind für 70 Prozent der in den letzten 30 Jahren ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich! Im Kapitalismus haben genau solche Banken und Konzerne in Wirklichkeit das Sagen. Seien es die Kohlebarone, die sich mit Milliarden Steuergeldern entschädigen lassen, oder die Automobilbosse, die tricksen und betrügen: Ihren Profiten soll sich letzten Endes alles unterordnen – die Beschäftigten, genauso wie die Umwelt. Wir können Energieversorgung, Verkehrswesen, Landwirtschaft oder Industrie nicht in ihren Händen lassen, wenn wir Emissionen nachhaltig senken wollen.

Der Markt regelt es nicht!

Wir glauben, dass der Markt es eben nicht regelt. Denn die private Konkurrenz führt zwangsläufig zu klimaschädlicher Überproduktion und Krisen, während für viele weiter Mangel und Armut herrschen. Eine CO2-Bepreisung wird entweder nicht die nötige Wirkung entfalten oder die arbeitende Bevölkerung statt die Konzerne treffen, aber an dem grundlegenden Problem nichts ändern: Man kann nicht grundlegend verändern, was einem nicht gehört. Wir wollen die großen Banken und Konzerne, darunter Klimakiller wie RWE und Co., in öffentliches Eigentum überführen. Diese Unternehmen sollten demokratisch kontrolliert und verwaltet werden durch die arbeitende Bevölkerung und in Kooperation mit Umwelt- und Verbraucherschützer*innen und Wissenschaftler*innen. Dann könnte die Wirtschaft auf nachhaltige Methoden umgestellt und endlich im Einklang mit der Natur und nach den Bedürfnissen der Bevölkerung statt den Profiten von Aktionär*innen geplant werden.

Die Verursacher*innen sollen zahlen!

Wir sind der Meinung, dass die Verursacher, die Konzerne und die Millionär*innen und Milliardär*innen für die nötigen Klimaschutzmaßnahmen aufkommen sollten und nicht die arbeitende Bevölkerung. Wir fordern eine einmalige Reichen-Abgabe von 30 Prozent ab der ersten Million und drastisch höhere Steuern auf Vermögen und Gewinne, um folgendes zu finanzieren:

  • Kostenloser öffentlicher Personennahverkehr und massive Preisreduzierung für den Fernverkehr der Bahn
  • Schnellstmögliche Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien
  • Arbeitsplatzgarantie zu mindestens gleichen Bedingungen für alle Beschäftigten. Kostenlose Weiterbildungen, wenn nötig! Klimaschutz und Arbeit müssen kein Widerspruch sein!
  • Unbürokratische Wiederaufbauhilfe in den Hochwasserregionen! Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung gegen Extremwetter u.a. in Schulen und öffentlichen Einrichtungen!
  • Ein massives staatliches Investitionsprogramm in den Bereichen Wohnen, Öffentlicher Verkehr, Klimaschutz, Bildung und Gesundheit unter demokratischer Kontrolle von Beschäftigten, Gewerkschaften und Umweltverbänden

Kein Vertrauen in die etablierten Parteien!

Keine der etablierten, pro-kapitalistischen Parteien und Politiker*innen wird das tun. Es steht außer Frage, dass Armin Laschet und die Unionsparteien genauso wie die FDP bei wirklich effektiven Klimaschutzmaßnahmen vor allem „Wettbewerbsnachteile“ für deutsche Konzerne, das heißt Gefahren für ihre Profite, sehen. Aber sind SPD und Grüne eine wirkliche Alternative zu ihnen? Die SPD hat die (Nicht-)Klimapolitik der Bundesregierung der letzten Jahre brav abgenickt. Die Grünen sind in elf von sechzehn Bundesländern an der Regierung – ihr Ministerpräsident in Baden-Württemberg plant gerade Kürzungen von 250 Millionen Euro im Landeshaushalt. Mit der pro-kapitalistischen Politik dieser Parteien können die Klimaziele nicht eingehalten werden. Wir rufen zur Wahl der LINKEN auf, denn sie hat das weitesgehendste klimapolitische Programm und will nicht die arbeitende Bevölkerung dafür zahlen lassen. Aber wir halten mit unserer Kritik an der Partei, vor allem wo sie in Landesregierungen die Missstände mitverwaltet, genauso wenig zurück, wie an den falschen Aussagen von Sahra Wagenknecht.

Arbeit und Klimaschutz: Kein Widerspruch!

In der Pandemie haben die Herrschenden den Konzernen Milliarden in den Rachen geworfen, statt für sichere Schulen oder gut ausgestattete Krankenhäuser zu sorgen. Egal wer nach der Wahl ins Kanzleramt zieht: Eine neue Bundesregierung wird unter enormen Druck geraten, die Kosten davon auf die Masse der Bevölkerung abzuladen. Das wird auch zulasten der Umwelt gehen. Wir sind deshalb überzeugt: Die Klimabewegung muss den Schulterschluss mit Belegschaften, Gewerkschaften und der arbeitenden Bevölkerung suchen. Es gibt nachvollziehbare Ängste unter einem Teil der Lohnabhängigen und sozial Benachteiligten, dass sie für den Klimawandel letztlich zahlen müssen. Aber soziale Verbesserungen und Arbeitsplätze müssen kein Widerspruch zu Klimaschutz sein. Deshalb ist es nötig die Bewegung gegen die Untätigkeit beim Klimaschutz mit den Kämpfen gegen kommende Sozialkürzungen, gegen jeden Arbeitsplatzabbau, gegen Personalmangel und fehlende Investitionen im öffentlichen Dienst zu verbinden.

Für eine lebenswerte, sozialistische Zukunft!

Wir kämpfen in all diesen Bewegungen für eine lebenswerte Zukunft für unsere und kommende Generationen und deshalb für die Abschaffung des Kapitalismus. Denn solange dieses System besteht werden wir nicht nur immer wieder gegen Umweltzerstörung, sondern auch gegen Mietenwahnsinn, Niedriglöhne, Rassismus und Diskriminierung und Krieg auf die Straße gehen und streiken müssen. Deshalb ist unsere Alternative eine sozialistische Demokratie, in der demokratische Planung und internationale Kooperation die Profitlogik und Konkurrenz ersetzen. Wenn du das auch so siehst, mach mit!

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