Arbeiten bis zum Umfallen? Nein, danke!

Rentenpläne der Ampel-Koalition müssen gestoppt werden

Die Rentenpläne der Ampel-Koalition haben es schon angedeutet. Auch bei der Rente wird es Angriffe auf die bisherigen Standards geben. Das Niveau der Mindestrente soll bei 48 Prozent bleiben. Das offizielle Renteneintrittsalter soll auch ab 2029 bei 67 Jahren liegen. Der Rentenbeitrag kann aber auf bis zu zwanzig Prozentpunkte (derzeit bei 18,6 Prozent) angehoben werden. Selbständige und Freiberufler*innen müssen in die Rentenkasse einzahlen, wenn sie sich nicht anderweitig für das Alter absichern. Das tun viele aber bereits, indem sie in private Rentenversicherungen einzahlen. 

von Marén Wiese, Rostock

Auf den ersten Blick scheint es keine großartigen Verschlechterungen für die Mehrheit der Beschäftigten zu geben. Doch schon mit den Haushaltsplänen der Koalition zeigte sich, dass dort geplant ist künftig mit zehn Milliarden Euro pro Jahr an den globalen Finanzmärkten in Aktienfonds anzulegen. Das Geld soll aus dem Bundeshaushalt kommen und an die Rentenversicherung gehen. Als leuchtendes Beispiel wird dann Schweden präsentiert, die über einen Staatsfond die Rentengelder verwalten. Damit soll die Rente langfristig gesichert sein. 

Doch was passiert, wenn es zu einem Börsencrash kommt? Dann sind diese Gelder weg. Schon jetzt plant der Finanzminister Christian Lindner (FDP) 500 Millionen Euro für die Rentenversicherung zu streichen. Das Geld würde spätestens 2024 fehlen. Deshalb fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Mindestrücklage für die Rente von derzeit 0,2 Monatsausgaben auf 0,3 oder sogar 0,4 Monatsausgaben anzuheben. Das rettet aber die Rente nicht, wenn ein Teil an der Börse verspekuliert wird. 

Habecks „neue“ Pläne

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stellte vor kurzem seine Idee zur Bewältigung der Rentenproblematik dar. Dabei ging es ihm nicht um die Höhe der Rente, sondern um den Zeitpunkt, wann diese dann voll ausgezahlt werden sollte. So kündigte er ein „Renteneintrittsfenster“ als Gegenpart zur festgelegten Regelaltersgrenze an. Als Begründung für diesen Schritt führt er den Fachkräftemangel in verschiedenen Bereichen an. Denn bei einer Umfrage der IHK Deutschland gaben 61 Prozent der Firmen an, nicht mehr genügend Personal für die anstehenden Aufgaben zur Verfügung zu haben. Das betrifft das Gesundheitswesen und die Pflege, aber auch das Handwerk oder viele IT-Berufe. 

Die Pläne von Habeck sehen jetzt vor, dass alle mindestens bis 67 Jahre arbeiten müssen und danach „freiwillig“ länger arbeiten können. Dazu soll es finanzielle Anreize geben. Der DGB merkte dazu bereits kritisch an, dass viele Menschen aus gesundheitlichen Gründen gar nicht länger arbeiten können und aus diesem Grund auch schon früher in die „Erwerbsminderungsrente“ gehen. Das bedeutet dann aber Abstriche bei der Regelrente. 

Eine weitere Erhöhung des Renteneinstiegsalters haben nun kürzlich pro-kapitalistische Ökonom*innen gefordert, die darin ein Mittel gegen die steigenden Preise entdeckt haben wollen. Auf die Idee, die Extra-Profite der Energie-, Lebensmittel- und Immobilienkonzerne anzutasten kommen diese Damen und Herren nicht. 

All das zeigt: allen Versprechungen von sozialdemokratischen Ministern zum Trotz: die Rente und das Renteneinstiegsalter sind im Kapitalismus nicht sicher.

Bedingungen verbessern!

Mit besseren Arbeitsbedingungen und höheren Löhnen könnten wieder mehr junge Menschen motiviert werden, Berufe zu erlernen bei denen es derzeit einen Mangel an Fachkräften gibt. Zudem könnten mit Umschulungen und sinnvollen Qualifizierungen viele der 3,1 Millionen Arbeitslosen (Stand: Januar 2022) wieder in Arbeit gebracht werden. Ein öffentliches Investitionsprogramm finanziert durch eine Millionärssteuer auf private Vermögen und eine höhere Besteuerung von Unternehmensgewinnen könnte zudem tarifgebundene Jobs in den Bereichen Bildung, Umwelt und Gesundheit schaffen.

 Mit einer kämpferischen Kampagne, wo Kolleg*innen über Forderungen diskutieren, die mobilisierend sind und branchenübergreifende Aktionen sowie Streiks, könnte Druck auf die Konzerne und die Regierenden ausgeübt werden. DIE LINKE, die eine grundlegende Rentenreform im Sinne der Beschäftigten fordern sollte, könnte gemeinsam mit den Gewerkschaften erreichen, dass Proteste sich ausweiten und die Frage des politischen Streiks auf die Agenda kommt. Schluss mit Klassenkampf von oben – ob alt, ob jung: Rente mit sechzig und die Rücknahme aller Pläne der Ampel erkämpfen!

Die Sol fordert zudem:

  • monatliche Mindestrente von 900 Euro plus Warmmiete

sofortige Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Rentenniveaus auf 63 Prozent (OECD-Durchschnitt 2017) als erster Schritt hin zu 75 Prozent   

Marén Wiese ist ver.di-Mitglied und Personalrätin bei der Stadt Rostock (Funktionsangabe dient nur zur Kenntlichmachung der Person)    

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