Stahlindustrie: Deutlicher Reallohnverlust

Foto: IG Metall Bayern CC BY-NC-SA 2.0

IG Metall hat Chance vertan

Auszug aus einer Erklärung der „Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften“ (VKG) zur Stahl-Tarifrunde:

Mit einer 8,2 Prozent-Forderung für zwölf Monate ist die IG Metall in die Tarifrunde gegangen. Der Arbeitgeberverband Stahl (AGV Stahl) hatte zuletzt 4,7 Prozent bei einer Laufzeit von 21 Monaten angeboten. Das Ergebnis: Am 1. August sollen die Löhne und Gehälter nun um 6,5 Prozent steigen, bei einer Laufzeit von 18 Monaten. Für die ersten zwei Monate bekommen die Beschäftigten insgesamt 500 Euro als Einmalzahlung, Auszubildende 200 Euro. Die Gewerkschaft ist zufrieden. „Das Verhandlungsergebnis ist die höchste prozentuale Entgeltsteigerung in der Stahlindustrie seit 30 Jahren“, so Jörg Hofmann, erster Vorsitzender der IG Metall.

Wir als VKG halten dieses Ergebnis für viel zu niedrig. Umgerechnet auf zwölf Monate sind dies gerade mal 4,3 Prozent, und dies bei einer Inflation von ca. acht Prozent und boomender Stahlbranche. Das bedeutet für die KollegInnen, dass ihre Reallöhne und damit der Lebensstandard kräftig sinken werden. Die letzte Tabellenerhöhung gab es im März 2019 mit 3,7 Prozent. Dies ist schon länger als drei Jahre her und das Geld ist längst aufgebraucht. Es besteht auch aus den vergangenen Jahren noch großer Nachholbedarf.

Die Inflation ist so hoch, wie seit fast fünfzig Jahren nicht mehr. Da muss oberstes gewerkschaftliches Gebot sein, keinen Tarifabschluss zu machen, der unter der Inflationsrate liegt und keine Laufzeit zu vereinbaren, die über zwölf Monaten beträgt, da die Entwicklungen unsicher und nicht absehbar sind. Notwendig sind zur Zeit Erhöhungen zwischen 350 und 400 Euro, um Reallohnverluste zu vermeiden.

Die Stahlbelegschaften haben sich sehr gut an den Streikaktivitäten beteiligt. Die Kampfbereitschaft war hoch, die Auftragsbücher sind voll und die Gewinne auf Rekordniveau – also gute Voraussetzungen für einen längeren Streik zur Durchsetzung der vollen Forderung bei 12-monatiger Laufzeit. Dass die Gewerkschaftsführung diese guten Bedingungen nicht genutzt hat, zeigt einmal mehr, dass ihnen die Sozialpartnerschaft mit dem Kapital wichtiger ist, als die Interessen der Kolleginnen und Kollegen. (…)

Auf Dauer können wir nicht hinter der Teuerungsrate her rennen! Wir würden nur noch weiter ins Hintertreffen geraten. Die Gewerkschaften müssen auch den Kampf um eine automatische Anpassung der Löhne an die Inflationsrate (gleitende Lohnskala) als dringende Aufgabe auf ihre Agenda nehmen.        

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Preise explodieren – wir auch!

Für eine gewerkschaftliche Kampagne gegen Preissteigerungen, Reallohnverluste und wachsende Armut

(…)

In allen Betrieben sollten jetzt Versammlungen stattfinden, für gemeinsame Proteste und eine bundesweite Demonstrationen mobilisiert werden. Tarifrunden sollten koordiniert werden, so dass gemeinsame Streikdemonstrationen stattfinden können – bis hin zu gemeinsamen Streiks für: 

  • Staatliche Preiskontrollen und -obergrenzen für Energie und Lebensmittel
  • Gleitende Lohnskala: automatische Anpassung der Löhne, Renten und Sozialleistungen an die Inflation
  • Reallohnsteigerung bei Tarifabschlüssen durchsetzen – Tariflaufzeiten 12 Monate
  • Mindestlohn auf 15 Euro ab 2023

Auf der bundesweiten Konferenz der VKG am 08. und 09. Oktober in Frankfurt am Main  unter dem Motto „Gewerkschaftliche Strategien gegen Lohnverzicht, Sozialkahlschlag und Aufrüstung“ soll über diesen Aufruf und konkrete Aktivitäten für eine solche Kampagne diskutiert werden. Meldet Euch an!

Der komplette Aufruf und weitere Informationen auf: 

www.vernetzung.org

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