Nein zu Waffenlieferungen!

Leopard II-Lieferungen an die Ukraine sind Wasser auf die Mühlen der russischen Kriegspropaganda

Nur eine Woche nach dem Wechsel an der Spitze des Verteidigungsministeriums fällt ein weiteres Tabu der deutschen Außen- und Verteidigungspolitik: Der Kampfpanzer Leopard II wird an die Ukraine geliefert.

Von Johannes Bauer, Köln

Mit dieser Maßnahme erfüllen die Kriegstreiber*innen in der deutschen Regierung, allen voran die grünen Minister*innen Baerbock und Habeck, einen weiteren Herzenswunsch der Kriegspartei Ukraine und der deutschen Rüstungsindustrie. Verteidigungsminister Pistorius erfüllt unsere Prophezeiungen zu seiner Amtseinführung in vollem Umfang.

Deutsche Panzer an der Grenze Russlands

Für die russische Kriegspropaganda ist dieser Schritt Wasser auf die Mühlen. Putin hat bereits einen Hitler-Vergleich über Bundeskanzler Scholz vom Stapel gelassen und wird mit der Panzerlieferung in seiner Darstellung einer faschistischen Bedrohung Russlands bestärkt. Im Zweiten Weltkrieg walzten die Nazi-Panzer bis tief ins Gebiet der Sowjetunion, bevor sie von einer zahlenmäßig massiv überlegenen Flut von sowjetischen T-34-Panzern gestoppt und unter enormen Opfern der zivilen und militärischen Bevölkerung zurückgeworfen werden konnten. Der T-34 findet sich als Kriegsdenkmal bis heute in vielen russischen und ukrainischen Städten und erinnert an das Trauma und den schließlichen Triumpf im Kampf gegen die Nazis im so genannten „großen Vaterländischen Krieg“ indem Russland und die Ukraine die wichtigsten Säulen der damaligen Sowjetunion waren. Wenn deutsche Panzer erneut an einer russischen Front auftauchen, wird das in der Wahrnehmung vieler Menschen in Russland Emotionen freisetzen können, die aus Angst Wut und aus Wut Hass entstehen lassen. Nichts könnte es für die Entwicklung einer Antikriegsbewegung in Russland schwieriger machen.

Ukraine wird in westliche Kriegswirtschaft integriert

Ein Waffensystem wie den Leopard II auszuliefern bedeutet etwas anderes, als ein paar Schachteln Munition zur Verfügung zu stellen und hat eine innen- und außenpolitische Tragweite, die sich erst mit fortschreitender Dauer des Konflikts entfalten wird. Politisch bedeutet die Lieferung eines weiteren komplexen Waffensystems eine engere Verzahnung der deutschen Kriegswirtschaft mit den aktiven Kampfhandlungen. Kampfpanzer sind auf dem Schlachtfeld nur durch geschulte Besatzungen und eingebunden in taktische Gefechtsführung zu nutzen und erhalten. Nur kurze Wartungsintervalle und die Verfügbarkeit aller erforderlichen Verschleiß- und Ersatzteile erhalten den Kampfwert der Panzer. Selbst wenn keine deutschen Soldaten und Mechaniker auf dem Schlachtfeld erscheinen werden, müssen wochenlange oder monatelange gemeinsame Truppenübungen irgendwo stattfinden, bei denen das ukrainische Personal in die Verwendung der Waffen eingewiesen wird.

Panzer als Gamechanger

Militärisch verschiebt der Leopard II sowie der gleichzeitig von den USA bereit gestellte M1 Abrams und andere von westlichen Staaten versprochene Kampfpanzer das Gleichgewicht auf dem Schlachtfeld. Beide Panzer sind Kinder des kalten Krieges. Sie entstanden in ihren jeweiligen Ländern nach dem Scheitern eines gemeinsamen Panzerprojekts beider Staaten. Derzeit sind nach unseren Informationen auf beiden Seiten des Konflikts überwiegend Kampfpanzer aus sowjetischer Produktion im Einsatz, überwiegend das Modell T-72. Sowohl Russland als auch die Ukraine verfügen über modernere Panzer, jedoch nicht in relevanten Stückzahlen. Die Leopard II und M1 Abrams repräsentieren eine jüngere und laufend kampfwertgesteigerte Generation Panzer. Wenn diese Panzer in relevanten Zahlen auf dem Schlachtfeld auftauchen, könnte Russland in die Defensive der konventionellen Bodenkriegsführung geraten und wird darauf eine Antwort finden müssen. Diese wird wahrscheinlich in noch mehr Luftangriffen, noch mehr Truppen und damit noch mehr Toten und Zerstörung liegen.

Kriegspartei Deutschland?

Bereits jetzt werden in der bürgerlichen Presse täglich Staats- und Militärrechtler zitiert, um die feine Linie zwischen Kriegspartei Deutschland und Nicht-Kriegspartei Deutschland zu ziehen. Außenministerin Baerbock verplapperte sich am 25. Januar bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und sagte „Wir befinden uns in einem Krieg gegen Russland“.

Das Zögern von Scholz bei der Lieferung der Leopard-Panzer wird unterschiedliche Gründe gehabt haben. Offensichtlich wollte er nur gemeinsam mit den USA diesen Schritt gehen, um zu verhindern, dass Deutschland als treibende Kraft einer Eskalation erscheint und dies zu einem Bumerang werden könnte. Den weitsichtigeren Teilen des Bürgertums ist klar, dass die Zeitenwende auch bedeutet, dass die Checks und Balances des Kalten Krieges nicht mehr funktionieren, wie in der Vergangenheit, die Situation leichter außer Kontrolle geraten kann und ein Einsatz taktischer Nuklearwaffen durch Russland nicht ausgeschlossen werden kann. Sicher wollte Scholz auch Rücksicht auf die innenpolitische Situation geben und der Tatsache, dass in Umfragen erst in den letzten Tagen, eine knappe Mehrheit sich für die Panzerlieferungen ausgesprochen hat.

Wir sind gegen Waffenlieferungen egal an welche der Konfliktparteien. Bereits jetzt hat der Krieg das Leben von mehr als 30.000 Zivilist*innen sowie von einer unbekannten Zahl Soldaten gefordert, von bis zu 250.000 Toten und Verwundeten ist zu lesen. Die derzeitigen Handlungen beider Kriegsparteien und des die Ukraine unterstützenden westlichen Imperialismus wird diesen Krieg in die Länge ziehen. Ein Ende der Kampfhandlungen ist zur Zeit nur vorstellbar, wenn sich beide Seiten militärisch erschöpft haben oder wenn, insbesondere in Russland, eine Bewegung der Massen entsteht, die Putins Herrschaft gefährden könnte. Das scheint in weiter Ferne zu sein. Die Aufstände in vielen Ländern der Welt, wie in Kasachstan und Sri Lanka im letzten Jahr, zeigten, wie schnell sich das ändern kann. Die Panzerlieferungen, wie auch die Wirtschaftssanktionen gegen die russischen Bevölkerung, sind jedoch Maßnahmen, die eine solche Entwicklung bremsen statt befördern. Die Antikriegs- und Arbeiter*innenbewegung international muss daher sowohl den Rückzug der russischen Truppen als auch ein Ende von Sanktionen und Waffenlieferungen fordern.

Vorschläge für eine Antikriegsbewegung finden sich hier.

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