CDU gewinnt Berliner Wiederholungswahl

Große Unzufriedenheit mit Rot-Grün-Rot hilft den Konservativen

Berlin hat gewählt und nach der wegen massiver Wahlpannen nötig gewordenen Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl 2021 ist nicht alles anders, aber einiges. Die CDU wird nach über zwanzig Jahren wieder stärkste Kraft in der Hauptstadt. In bürgerlichen Medien gilt sie schon als neue „Protestpartei“. Ob ihr Kandidat Kai Wegner aber auch Bürgermeister wird, ist offen. Die SPD fährt (mal wieder) ihr historisch schlechtestes Ergebnis ein. Der amtierende rot-grün-rote Senat ist deutlich geschwächt, aber hat weiter eine parlamentarische Mehrheit. Was ist von diesem Ergebnis zu halten und welche Schlussfolgerungen sollten Linke, Gewerkschafter*innen und Aktive in sozialen Bewegungen ziehen?

von Tom Hoffmann, Berlin

Wenige Tage später sieht es so aus, dass den Berliner*innen ein zweite Pannenwahl im Ausmaß von 2021erspart wurde. Doch so ganz ohne ging es auch diesmal nicht.466 ungezählte Briefwahlstimmen sind zum Beispiel in Lichtenberg aufgetaucht. Erste Nachzählungen ergeben einige Ungereimtheiten und DIE LINKE hat eine Komplett-Neuauszählung beantragt, da der Wahlkreis doch noch an sie gehen könnte. In einem Friedrichshain-Kreuzberger Stimmbezirk scheint es Anzeichen zu geben, dass Stimmen für Grüne und Linke vertauscht wurden. Laut einem Bericht der taz gab es laut vorläufigem Wahlbericht in 13 Prozent der Wahllokale mehr Stimmabgaben als Wählende. Berlins Ruf als „dysfunktionale Stadt“ dürfte auch diese Wahl eher untermauert haben.

Was die Wahl in erster Linie zum Ausdruck bringt, ist Unzufriedenheit mit der amtierenden Regierung und eine anhaltende politische Instabilität. Dass diese Unzufriedenheit nun der CDU zu gute kommt, ist eine ernstzunehmende Gefahr. Das ist auch das Ergebnis des Fehlens einer kämpferischen Kraft von links, die vermittelt dass sie einen grundlegenden Unterschied machen kann – eine Rolle, welche die Berliner LINKE seit Jahrzehnten nicht ausfüllt. So kommt es, dass sich in einer Stadt, in der noch vor fast einem Jahr über eine Million Menschen für die Enteignung der großen Immobilienkonzerne gestimmt haben, nun der Enteignungsgegner Kai Wegner Hoffnungen auf den Bürgermeisterposten machen darf. Die wachsende Unzufriedenheit mit der Ampelregierung kommt ihnen ebenfalls zu Gute. Die Ampelparteien verloren rund sechs Prozentpunkte und die FDP flog aus dem Abgeordnetenhaus.

Der Erfolg der CDU, die sich mit über 28,2 Prozent der Stimmen um 10 Prozentpunkte verbessert, ist unbestreitbar. Sie profitierte vor allem von der Unzufriedenheit mit dem Senat und der Tatsache, dass sie seit 2016 in der Opposition sitzt und mehr so tun kann, als ob sie mit den ganzen Problemen der Stadt nichts zu tun hat. 74 Prozent sind unzufrieden mit dem amtierenden Senat – ein Rekordwert.In der Nachwahlbefragung haben zum ersten Mal mehr Union-Wählende angegeben haben, dass sie die Partei aus Enttäuschung von den anderen Parteien gewählt haben.

Wie wir an anderer Stelle vor der Wahl geschrieben haben, ist diese Enttäuschung angesichts der Bilanz des Senats nicht überraschend: Einigen oft in ihrer Wirkung begrenzten und zeitlich befristeten sozialen Maßnahmen stehen Kürzungen im Bildungswesen und die Verschärfung der vielen Krisen der Stadt gegenüber: Auf dem Wohnungsmarkt, in Schulen, Kitas, Behörden usw. hat dieser Senat wenig überraschend keine Kehrtwende im Sinne der einfachen Berliner*innen herbeigeführt.

SPD schmiert weiter ab

Das spürt vor allem die SPD. Über 111.000 Stimmen hat die Partei gegenüber 2021 verloren. Nur noch vier Wahlkreise konnte die Partei direkt gewinnen – 2021 waren es noch 25. Die amtierende SPD-Bürgermeisterin Franziska Giffey, deren Wahlkreis im Neuköllner Süden die größten Verluste verzeichnete, versuchte das Ergebnis unter anderem damit zu begründen, dass man in einem Jahr nicht genug Zeit gehabt hätte, um die drängendsten Probleme anzugehen – dreist angesichts der Tatsache, dass die Partei seit über 30 Jahren diese Stadt regiert. So machen eine große Mehrheit der Wähler*innen auch die SPD am meisten für die Zustände in den Behörden und die fehlenden Wohnungen verantwortlich. Giffeys dünner Trost besteht aus mittlerweile 113 (wenn die verschlampten Wahlbriefe in Lichtenberg richtig gezählt wurden) Stimmen, mit denen die SPD vor den Grünen liegt. Doch das kann sich auch noch ändern, denn die Zahlen sind vorläufig und können sich noch gegenüber dem Endergebnis verändern. 2021 holten die Grünen zum Beispiel noch 94 Stimmen auf. Eine späte Überraschung kann man also auch nicht ausschließen – mit entsprechenden Folgen für Koalitionskonstellationen. Die Grünen selbst haben fast 65.000 Stimmen verloren und sind noch mehr eine Partei (von meist gut situierten, hippen Bewohner*innen) der Innenstadt geworden, wo sie die meisten Bezirke beherrscht. In den Außenbezirken ist die Partei deutlich schwächer. In vier Wahlkreisen im Osten landet sie sogar unter der 5-Prozent-Hürde.

Viel wurde in den letzten Wochen über Themen diskutiert, die an der Lebensrealität der meisten Berliner*innen vorbeigehen – zum Beispiel über das Vorhaben der Grünen, einen Abschnitt der Friedrichsstaße autofrei zu machen. Die wirklich drängenden sozialen Probleme der Stadt findet man aber nicht auf der Friedrichstraße. Dass zum Beispiel die massive Wohnungskrise auf diese Weise in der öffentlichen Debatte in den Hintergrund gedrängt wurde, hat sich aber auch auf die Wahl ausgewirkt. Dass das Thema „Innere Sicherheit“ das wichtigste Thema bei der Wahl gewesen ist, trägt wiederum ebenfalls zur Erklärung bei, warum in dieser Situation die CDU gewinnen konnte. Die Krawalle an Silvester und die danach von der Union rassistisch aufgeheizte Debatte hat dabei eine Rolle gespielt. Doch das sollte nicht als Ausdruck eines gesellschaftlichen Rechtsrucks verstanden werden.

Was steckt hinter dem CDU-Ergebnis?

Der Erfolg der CDU sollte erstens nicht übertrieben und zweitens nicht missverstanden werden. Erstens hat die CDU in absoluten Zahlen nur etwa 100.000 Zweitstimmen hinzugewonnen, was weniger ist als allein die SPD verloren hat. Zweitens macht die Wahlmotivation „Enttäuschung über die anderen Parteien“ die CDU noch nicht zur „Protestpartei“, wenn man darunter doch eigentlich eine Partei versteht, die Protest gegen das ganze politische Establishment ausdrückt. Wenn man das will, wählt man nicht CDU. Aus dem Lager der Nichtwähler*innen, unter denen sehr viele solch eine Haltung unterstützen dürften, konnte die CDU zum Beispiel deutlich weniger mobilisieren, als sie selbst in dieses Lager verloren hat.

Dass die Wahlbeteiligung insgesamt zurückgehen würde, war zu erwarten. 2021 fanden zeitgleich Bundestagswahlen und der Enteignungs-Volksentscheid statt. Trotzdem zeigt die Wahlbeteiligung von 63 Prozent, wie viele Menschen keiner Partei zutrauen irgendeinen Unterschied zu machen. Damit waren Nichtwähler*innen erneut „die größte Partei“. Hinzukommen all die Menschen, die seit Jahren in der Stadt leben, aber gar nicht wählen dürfen, weil sie zum Beispiel keinen deutschen Pass haben. Das betrifft fast jede*n vierte*n Berliner*in.

Die FDP hat die 5-Prozent-Hürde deutlich verpasst und ist somit nicht mehr im Abgeordnetenhaus. Die AfD hat zwar absolut auch Stimmen verloren. Aufgrund der niedrigen Wahlbeteiligung und des FDP-Ergebnis konnte sie aber ihr Prozentergebnis verbessern und mehr Sitze im Abgeordnetenhaus erringen. In Marzahn-Hellersdorf konnte sie ihre zwei Direktmandate verteidigen – wobei es dort auch die niedrigste Wahlbeteiligung gab. Das zeigt, dass die Partei eine Gefahr bleibt, weil sie den Unmut über soziale Missstände für ihre rechte Hetze nutzen kann – besonders wenn es keine überzeugende Alternative von links gibt.

Die Wahl zeigt aber auch, dass die politische Spaltung der Stadt immer weiter zunehmen kann, wenn eine einigende politische Kraft fehlt. Merklich wird das bei den Abstimmungsunterschieden zwischen jung und alt oder Innenstadt und Außenbezirken. Die Wahlkarte ist grün in der Mitte und schwarz drumherum. Der Enteignungs-Volksentscheid zeigte 2021 noch das Potenzial für eine Gegenbewegung entlang einer radikalen sozialen Forderung: Es gab damals mit knapp 58 Prozent nicht nur eine deutliche Mehrheit, es gab sie auch in 14 von 16 Bezirken.

LINKE: Kein Grund zu Feiern

Die „Berliner LINKE“ (so schrieb es die Partei auf ihre Wahlplakte, um sich von der Krise der Bundespartei etwas abzugrenzen) hat ebenfalls verloren. Da es aber „nur“ 1,9 Prozentpunkte gegenüber 2021 waren, ging ein Seufzer der Erleichterung nicht nur durch die Bundes- und Landesspitze sondern vermutlich auch durch viele Mitglieder. Auf der Wahlparty gab es nach der Hochrechnung Jubelstimmung. Aber das zeigt nur, in was für einer tiefen Krise die Partei steckt, wenn vermeintlich geringe Verluste so abgefeiert werden.

Ein genauerer Blick auf das Ergebnis der Partei lässt keinen Raum für Erleichterung. Über 70.000 Stimmen hat die Partei verloren, mehr als ein Viertel ihrer Stimmen von 2021. In den ehemals unumstrittenen Hochburgen im Berliner Osten schlagen die quantitativen Verluste der letzten Jahre in eine neue Qualität um. In Marzahn-Hellersdorf ist die Linke nur noch Rang 4 hinter CDU, SPD und AfD. In Lichtenberg gewinnt sie nur noch zwei Direktmandate und die CDU wird erstmals stärkste Kraft. Die anderen zwei Direktmandate gibt es in Friedrichshain und Treptow-Köpenick, wo mit Katalin Gennburg eine bekannte Unterstützerin der Mietenbewegung gewählt wurde. Die mit besten Zweitstimmenergebnisse fährt die LINKE mittlerweile in Nordneukölln ein, wo sie enger Bestandteil sozialer Bewegungen ist. Der Bezirksverband tritt auch immer wieder kritisch gegenüber der Senatspolitik auf. Aber auch hier ging es in absoluten Zahlen deutlich nach unten und hängen die relativ besseren Ergebnisse in hohem Maße mit der sozialen Zusammensetzung der Bezirke zusammen. Es spricht Bände über eine linke Partei, wenn sie gerade in vielen abhängten Teilen der Stadt weiter verliert. Selbst in Neukölln zeigt sich das, wenn man sich die deutlich schlechteren Ergebnisse im Süden außerhalb des S-Bahn-Rings anschaut.

Dass DIE LINKE Stimmen verloren hat, liegt natürlich auch an der gesunkenen Wahlbeteiligung. Aber die tiefere Ursache dafür, dass sie nicht als ernsthafte Alternative sondern mehr als Teil des Berliner Polit-Establishments wahrgenommen wird, ist ihre Angepasstheit, die sie in den fortlaufenden Regierungsbeteiligungen mit SPD und Grünen unter Beweis stellt. Dort verwaltet sie letztlich das kapitalistische System mit statt an seiner Überwindung zu arbeiten und die Interessen der arbeitenden Bevölkerung konsequent zu vertreten. Das hieß zuletzt auch erste Kürzungen im Bildungsbereich zu verantworten. Der Senat mag hier und da ein paar sinnvolle soziale Maßnahmen auf Druck der LINKEN und von Bewegungen ergreifen, wie das fortgesetzte 29-Euro-Ticket (bzw. 9-Euro-Ticket für Berlinpass-Inhaber*innen). Aber an der Wohnungskrise, an den katastrophalen Zuständen in Kitas, Schulen und Behörden, an der wachsenden Armut auch durch die Preissteigerungen usw. ändert er nichts. Wenn eine linke Partei dafür die Verantwortung übernimmt, muss sie sich nicht wundern, dass sich ihre Wähler*innen abwenden.

Sondierungen und Koalitionsoptionen

Aktuell laufen Sondierungsgespräche. Obwohl die CDU stärkste Partei geworden ist, könnte sie wieder außerhalb des nächsten Senats landen. Dafür spricht, dass die SPD mit einem rot-grün-roten Bündnis weiter die Bürgermeisterin stellen könnte und dies vorziehen wird – vorausgesetzt es gibt keine Überraschung beim Endergebnis und die Grünen ziehen nicht doch noch vorbei. Doch auch ein schwarz-grünes Bündnis oder eine „große“ Koalition sind möglich. Streitthemen wie der Ausbau der Stadtautobahn machen es insbesondere für schwarz-grün schwer denkbar, doch der Machtwillen von CDU, SPD und Grüne machen manche Überraschung möglich.

DIE LINKE würde einem rot-grün-roten Bündnis sehr wahrscheinlich erneut beitreten. Es kann keinen Zweifel daran geben, dass solch eine Neuauflage wieder nichts grundsätzlich an den vielen Problemen der Stadt ändern würde. Im Gegenteil spricht viel dafür, dass Franziska Giffey das Wahlergebnis darin bestärken wird, noch rechtere Positionen zu beziehen und die Option eines schwarz-roten Bündnis nutzen wird, um Druck auf die LINKE auszuüben. Schon vor der Wahl hat sie angekündigt, den Volksentscheid zur Enteignung nicht umzusetzen – obwohl selbst die eingerichtete Expert*innenkommission in ihrem Zwischenbericht grünes Licht gegeben hatte. Es ist keine Frage, dass die Parteiführung der LINKEN den Weg von Regierungsbeteiligungen mit SPD und Grünen nicht grundsätzlich in Frage stellt und das auch von einer Mehrheit der Mitgliedschaft nicht getan wird. Sollte es aber dazu kommen, dass der Volksentscheid von Rot-Grün-Rot begraben wird, ist auch nicht auszuschließen, dass DIE LINKE das Bündnis mit SPD und Grünen auf Grund des Drucks aus Bewegung und Partei aufkündigt. Die Parteiführung signalisiert aber leider das Gegenteil. Im Neuen Deutschland erklärte die Landesvorsitzende Katina Schubert, die Umsetzung des Volksentscheides nicht einmal zu einer „roten Linie“ für eine weitere Regierungsbeteiligung machen zu wollen.

Wie wir an anderer Stelle geschrieben haben, ist es grundsätzlich der falsche Weg für die LINKE erneut mit SPD und Grünen zu regieren und gibt es schon jetzt genug Anlässe, die Fortsetzung in Frage zu stellen:

„Eine linke Partei, die ihrem sozialistischen Anspruch gerecht würde, würde erstens erklären, warum die wenigen (und oft zeitlich eng befristeten) positiven Maßnahmen, wie vergünstigte ÖPNV-Tickets, nicht ausreichen, um angesichts der Inflation den Verfall des Lebensstandards der arbeitenden Bevölkerung aufzuhalten. Sie müsste zweitens erkennen, dass sie sich nicht länger mit Parteien wie SPD und Grüne gemein machen kann, die die „kapitalistischen Sachzwänge“ akzeptieren und schon jetzt zu Kürzungen an den Schulen oder der weiteren Verzögerung der Enteignung der Immobilienkonzerne bereit sind. Sie müsste davor warnen, dass die Zeiten „rauer“ werden und in den nächsten Jahren noch mehr Angriffe und Kürzungen anstehen, wenn man diese Sachzwänge akzeptiert. Sie müsste deshalb drittens argumentieren, warum sie diese Regierungsbeteiligung nicht fortsetzt, sondern von der Oppositionsbank aus die sozialen Bewegungen und Lohnabhängigen der Stadt unterstützen wird.“

https://solidaritaet.info/2023/01/egal-wer-im-berliner-rathaus-sitzt-streiks-und-gegenwehr-von-unten-noetig/

Und es gibt eine Alternative zur Logik des kleineren Übels, dass man Rot-Grün-Rot einer CDU-geführten Regierung vorziehen muss oder dass man zur Durchsetzung politischer Forderung mit diesen Parteien regieren muss:

„Erstens, weil ein kleines Übel trotzdem ein Übel ist und DIE LINKE in Zukunft noch weniger als politische Alternative gesehen wird, wenn sie diesen Weg weiter beschreitet. Zweitens, weil es vor allem eine Waffe in der Hand von Giffey und Co. wäre, von der LINKEN Zugeständnisse zu erpressen. Die Partei sollte in diesem Fall anbieten, eine CDU-geführte Regierung zu verhindern und einer anderen Bürgermeisterin ins Amt zu helfen. Aber nicht innerhalb einer Koalition, sondern kritisch und mit dem Versprechen, nur Maßnahmen mitzutragen, die für die Maße der Bevölkerung positiv sind und alle anderen abzulehnen. Als wirkliche Oppositionspartei könnte sie mithelfen, Bewegungen gegen die unsoziale Politik aufzubauen und mit sozialistischen Forderungen deutlich machen, wie die eigentlich nötige politische Kehrtwende in der Stadt aussehen muss.“

https://solidaritaet.info/2023/01/egal-wer-im-berliner-rathaus-sitzt-streiks-und-gegenwehr-von-unten-noetig/

Egal wer im Rathaus sitzt: Es braucht Widerstand!

Egal, wie sich die nächste Regierung genau zusammensetzt: Sie wird keine stabile Regierung sein und sie kann sehr schnell dem Unmut der Bevölkerung wieder gegenüberstehen. Die aktuelle kapitalistische Krise ist nicht zu Ende. Im Gegenteil spricht viel dafür, dass wirtschaftliche Krisenentwicklungen auch in Berlin wieder zu mehr Kürzungsdruck führen. Darauf müssen sich auch linke Aktivist*innen und Gewerkschafter*innen einstellen.

Widerstand ist aber jetzt schon nötig und kann Erfolge erringen – unmittelbar bei den laufenden Tarifauseinandersetzungen. Die Postkolleg*innen, die gerade den Erzwingungsstreik vorbereiten, sollten Beispiel für die Kolleg*innen im öffentlichen Dienst, bei der Bahn und an den Schulen sein. Durch gewerkschaftliche Aktionskonferenzen könnte darüber diskutiert werden, wie man gemeinsam die Forderungen voll durchsetzen kann. Davon könnten auch soziale Bewegungen ermutigt werden. Die Mieter*innenbewegung ist heute leider schwächer aufgestellt als vor dem Enteignungs-Volksentscheid. Die drohenden Horror-Nachzahlungen, die bei vielen in diesem Jahr eintrudeln werden, dürften aber auch die Notwendigkeit verdeutlichen, sich erneut zu organisieren und Gegenwehr aufzubauen. Die Sol Berlin wird all dies unterstützen und sich gegen pro-kapitalistische Politik zu Wehr setzen, egal von wem sie kommt. Das verbinden wir mit dem Kampf für eine andere, sozialistische Gesellschaft – fernab der kapitalistischen Dauerkrise. Das bedeutet auch, dass wir überall für den Aufbau einer sozialistischen Arbeiter*innenpartei eintreten, welche die Interessen der Arbeiter*innenklasse durchkämpfen kann und will. Solch eine Partei kann sich in Zukunft aus verschiedenen Quellen speisen: Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und Teilen der LINKEN und anderer linker Gruppen. Das wird nötig sein, um die Forderungen von Bewegungen, wie für die Enteignung der Immobilienkonzerne, wirklich durchsetzen zu können.

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