Das Ende des Goldenen Zeitalters

Lage und Aussichten der Weltwirtschaft – eine marxistische Analyse

Der neue Aufschwung, den der Weltkapitalismus nach dem Zusammenbruch der stalinistischen Staaten Russlands und Osteuropas ab Ende der 1980er Jahre erlebte, ist endgültig vorbei. Wie auch immer die unmittelbaren Perspektiven für die Weltwirtschaft aussehen mögen, es gibt keine Aussicht auf eine neue goldene Ära des kapitalistischen Fortschritts.

von Hannah Sell, Internationales Sekretariat des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale (zuerst erschienen am 1.9.2023)

Im März dieses Jahres kam es zum zweit- und drittgrößten Bankenzusammenbruch in der Geschichte der USA, gefolgt vom Zusammenbruch des Schweizer Bankenriesen Credit Suisse. Eine neue weltweite Finanzkrise schien sich abzuzeichnen, und damit eine weitere große Rezession wie 2007-08. Seitdem sind keine weiteren Banken zusammengebrochen, aber das sagt uns nicht viel.

Die Ereignisse, die die Krise 2007-08 auslösten, begannen im US-Subprime-Hypothekensektor. Im April 2007 ging das erste große US-Subprime-Hypothekenunternehmen in Konkurs, doch im Dezember 2007 befanden sich die US-Aktienmärkte auf einem Allzeithoch. Im März 2008 ging die Investmentbank Bear Stearns in Konkurs, aber erst im September desselben Jahres implodierte Lehman Brothers, was heute als das “Schockereignis” in Erinnerung ist, das die Große Rezession auslöste. Der vorsichtige Optimismus von immer mehr kapitalistischen Kommentator*innen, dass wir zumindest in den USA nicht auf eine neue Rezession zusteuern, ist also keineswegs durch die boomenden großen Aktienmärkte (mit Ausnahme von London) und das Ausbleiben katastrophaler Finanzereignisse seit einigen Monaten gerechtfertigt.

Frühere Behauptungen, dass eine stärkere Regulierung der Banken nach 2008 künftige Finanzkrisen verhindern würde, sind hinfällig. Tatsächlich berücksichtigen die vom Basler Regulierungsrahmen für das Bankwesen geforderten “Stresstests” nicht einmal die möglichen Folgen höherer Zinssätze. Sie verlangen auch nur, dass die Banken in der Lage sein müssen, maximale Verluste von zehn Prozent pro Tag zu verkraften, während des Ansturms auf die Silicon Valley Bank (SVB) das digitale Banking dazu führte, dass die Einleger*innen in nur wenigen Stunden fast ein Viertel der Vermögenswerte der Bank abzogen, während First Republic unglaubliche neunzig Prozent seiner nicht versicherten Einlagen verlor. Und nicht nur Banken sind gefährdet. Während des Fiaskos der britischen Premierministerin Liz Truss waren vor allem die Pensionsfonds in Gefahr, und auch die US-Versicherungsgesellschaften stehen auf der Gefahrenliste, da sie rund 2,25 Milliarden US-Dollar an als riskant eingestuften Vermögenswerten halten, fast doppelt so viel wie 2008 und rund ein Drittel ihrer Vermögenswerte. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für den unvermeidlichen nächsten Finanzschock, der die Weltwirtschaft treffen könnte.

Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Große Rezession genau wiederholen wird. Im Gegenteil, die Kapitalist*innen werden in der nächsten Periode mit Krisen konfrontiert werden, die wahrscheinlich noch verheerender für ihr System sein werden, sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Keiner der Faktoren, die zu der Rezession von 2007-08 geführt haben, wurde überwunden, und die “Lösungen”, die zur Abmilderung ihrer Auswirkungen angenommen wurden, werden beim nächsten Mal nicht mehr in der gleichen Weise möglich sein. Noch grundlegender ist, dass die Faktoren, die die lange Periode der “großen Mäßigung” vor 2007-08 ermöglichten, nun definitiv ihre Grenzen erreicht haben. Wahrscheinlich werden künftige Historiker rückblickend zu dem Schluss kommen, dass die Krise von 2007 das Ende dieser Ära markierte, aber erst in der jetzt beginnenden Periode wird das Ausmaß des Wandels in vollem Umfang sichtbar werden.

Die große Mäßigung

Die “große Mäßigung” ist die Bezeichnung für die Zeit von Anfang der 1990er Jahre bis zur Großen Rezession, als nach der Überwindung der Finanzkrise von 1987 die zyklische Volatilität des Kapitalismus, zumindest in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern, auf ein Minimum reduziert zu sein schien. Das übergroße Selbstvertrauen der Kapitalisten kam in der lächerlichen Behauptung des New Labour-Kanzlers Gordon Brown zum Ausdruck, seine Regierung habe “Boom und Bust” überwunden. Die Sozialistische Partei und das Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale (CWI) verfassten während dieser Zeit umfangreiches Material, in dem sie die Faktoren analysierten, die zu der großen Mäßigung führten, aber auch eine neue Phase der kapitalistischen Krise vorbereiteten. Dies war die Ära der “Finanzialisierung”, in der sich die dominierenden Teile der Kapitalist*innenklassen der großen Volkswirtschaften zunehmend darauf konzentrierten, durch den An- und Verkauf von bestehenden Vermögenswerten auf den Finanzmärkten größere Profite zu erzielen, anstatt in die Produktion von Waren und Dienstleistungen zu investieren. Riesige Mengen an Liquidität – “billiges Geld”, wie es heute genannt wird – wurden in immer risikoreichere Finanzinstrumente investiert, während die Arbeiter*innenklasse und Teile der Mittelschicht immer mehr auf Schulden angewiesen waren, um ihr Leben zu finanzieren. Es bildeten sich gigantische Finanzblasen, die weit von den zugrunde liegenden Werten der Realwirtschaft entfernt waren. Das Platzen dieser Blasen und der daraus resultierende Zusammenbruch des gesamten Finanzsystems war die unmittelbare Ursache der Großen Rezession.

Wäre die riesige Menge an Liquidität jedoch ein rein monetäres Phänomen gewesen, hätte sich die Inflation schon lange vor der Großen Rezession beschleunigt. Dass dies bis vor kurzem nicht der Fall war, spiegelt die tieferen Prozesse wider, die am Werk waren. Dies war, historisch gesehen, die kurze Zeit nach dem Zusammenbruch der stalinistischen Regime in Russland und Osteuropa. Diese brutalen Diktaturen hatten keine Ähnlichkeit mit dem echten Sozialismus, aber sie basierten auf einer – wenn auch stark verzerrten – Planwirtschaft und bildeten ein Gegengewicht zum US-Imperialismus. Nach ihrer Implosion war der US-Imperialismus für eine kurze Zeit tatsächlich die einzige “unipolare” Supermacht.

In dieser Zeit konnte der westliche Kapitalismus, insbesondere der US-amerikanische, seine Profite wiederherstellen, indem er seine Offensive gegen die Arbeiter*innenklasse der Welt verstärkte, die nach dem Zusammenbruch des Nachkriegsaufschwungs mit der Verabschiedung der neoliberalen Politik begonnen hatte. Die Schwächung des Bewusstseins und der Organisation der Arbeiter*innen in der poststalinistischen Periode in Verbindung mit den 1,2 Milliarden zusätzlichen Arbeiter*innen, die der kapitalistischen Weltwirtschaft hinzugefügt wurden, ermöglichte es ihnen nun, noch weiter zu gehen. Als beispielsweise chinesische Fabriken in großem Umfang als verlängerte Werkbank für westliche kapitalistische Unternehmen fungierten und die Arbeiter*innen nur einen winzigen Teil der Löhne von Arbeitern in den USA oder Europa erhielten, war dies ein wirksames Mittel zur Steigerung der Profite und zur weltweiten Senkung der Löhne. Als China der WTO beitrat, betrug der Durchschnittslohn von chinesischen Autoarbeiter*innen 59 US-Cent pro Stunde, weniger als drei Prozent des Lohns von US-Autoarbeiter*innen. Gleichzeitig stützten die Überschüsse der Exportländer, insbesondere Chinas, die Liquiditätsflut. Der chinesische Staat recycelte einen Teil seiner Handelsüberschüsse und nutzte seine Devisenreserven, um in großem Umfang US-Staatsanleihen (d. h. Schulden) zu kaufen, um die US-Wirtschaft und die Fähigkeit der US-Arbeiter*innen, chinesische Exporte zu kaufen, zu unterstützen.

Dies war eine Zeit, in der die Gewinne des westlichen Kapitalismus riesig waren, aber das Investitionsniveau im Allgemeinen niedrig blieb. Seit dem Ende des Nachkriegsaufschwungs Anfang der 1970er Jahre war es für die Kapitalist*innen immer schwieriger geworden, rentable Investitionsfelder für die Produktion zu finden. Trotz des Wachstums neuer Produkte gab und gibt es in vielen Sektoren Überkapazitäten im Verhältnis zur geldgestützten Nachfrage. Milliarden von Menschen fehlt es an lebensnotwendigen Gütern, aber auch an der Kaufkraft, um diese zu erwerben. Diese Überakkumulation von Kapital führte trotz des enormen Wachstums des IT-Sektors in den letzten vier Jahrzehnten zu einem Rückgang der Kapitalinvestitionen. Das jährliche Wachstum des Anlagekapitals (das die Abschreibung oder Veralterung von abgenutztem Kapital berücksichtigt) in den Vereinigten Staaten fiel von vier Prozent in den 60er Jahren auf drei Prozent in den 90er Jahren und nur zwei Prozent zwischen 2000 und 2004. In der jüngsten Zeit ist sie weiter gesunken: Nach Angaben der Weltbank lag sie zwischen 2009 und 2018 im Durchschnitt unter zwei Prozent. Stattdessen wurden die Gewinne der Kapitalisten zunehmend auf den Finanzmärkten verzockt. Gleichzeitig wurde durch die Senkung der Löhne der Markt für kapitalistische Waren und Dienstleistungen weiter untergraben, was die zugrunde liegenden Probleme verschärfte, auch wenn dies vorübergehend und teilweise durch das Wachstum der Verbraucher*innenkredite (auch bekannt als Schulden) in den westlichen kapitalistischen Ländern überdeckt wurde.

Wiederaufpumpen der Blasen

Als die unvermeidliche Krise 2007 ausbrach, kooperierten die imperialistischen Mächte unter der Führung der USA verspätet, um die politischen und wirtschaftlichen Folgen zu minimieren. Sie taten dies, indem sie die Blasen wieder aufblähten. Die USA fungierten praktisch als Weltbank der letzten Instanz, wodurch die chinesische Wirtschaft weiter wachsen konnte und die Tiefe der weltweiten Rezession begrenzt wurde. Die US-Zentralbank, die Fed, stellte ausländischen Zentralbanken zehn Billionen Dollar durch Währungsswaps zur Verfügung, zusätzlich zu fünf Billionen Dollar an Liquidität und Kreditgarantien für Nicht-US-Banken. Es folgte ein internationales Programm der quantitativen Lockerung (Quantitative Easing, QE), bei dem die Zentralbanken durch den Ankauf von Finanzanlagen Geld schufen. Die Fed verfünffachte ihre Bilanz an US-Staatsanleihen und Hypothekenpapieren zwischen 2008 und 2015 (auf 4,5 Billionen Dollar). Die Bank of Japan kaufte vierzig Prozent der japanischen Staatsanleihen auf, während die Bank of England durch ihre QE-Käufe im Wert von 375 Mrd. £ bis 2013 26 Prozent der gesamten britischen Staatsschulden hielt. Historisch niedrige Zinssätze und QE im großen Stil sorgten dafür, dass die Bowle voll war und die Party weiterging.

Darüber hinaus führte das chinesische Regime auch einen massiven Investitionsstimulus durch, der weit über dem anderer Länder lag und etwa 12,5 Prozent des BIP betrug. Die Kontrolle des chinesischen Staates über den Kapitalverkehr ermöglichte es ihm, seine Währung gegenüber dem Dollar zu schützen – durch den Kauf von auf Dollar lautenden Wertpapieren, um den Yuan an den Dollar zu binden – und so seinen Leistungsbilanzüberschuss auf Kosten des US-Kapitalismus aufzubauen.

Während der Lebensstandard der Arbeiterklasse weiterhin unter der Großen Rezession litt, stiegen die Blasen an den Finanzmärkten wieder an. Nach Angaben des Beratungsunternehmens McKinsey wurden seit dem Jahr 2000 für jeden  Dollar an weltweiten Investitionen 1,90 Dollar an Schulden aufgenommen. Während der Pandemieperiode 2020 und 2021 beschleunigte sich dies auf 3,40 Dollar pro ein Dollar an Nettoinvestitionen. Dadurch ist der mutmaßliche Wert aller globalen Vermögenswerte im Verhältnis zum BIP von etwa 470 Prozent des BIP im Jahr 2000 auf heute mehr als 600 Prozent gestiegen. Die Immobilien- und Aktienmärkte sind um unglaubliche 160 Billionen Dollar schneller gewachsen als die Realwirtschaft. Noch nie war die Kluft zwischen der Realwirtschaft und den Finanzblasen so groß wie heute.

Niedrige Zinssätze und günstige Kreditkonditionen führten zu fetten Gewinnen für die Aktionäre und ermöglichten das Fortbestehen von Zombie-Unternehmen, die selbst bei niedrigsten Zinssätzen nur die Zinsen für ihre Schulden zurückzahlen konnten. Sowohl in Großbritannien als auch in den USA lag der Anteil solcher Unternehmen zu Beginn der Pandemie bei etwa zwanzig Prozent. Auch die private Verschuldung nahm wieder zu und übertraf sogar die Rekorde, die vor der Großen Rezession aufgestellt wurden. Während der Pandemie stieg auch die Staatsverschuldung der fortgeschrittenen Volkswirtschaften sprunghaft an, da riesige Konjunkturpakete die Folgen der Lockdowns ausglichen. Im Jahr 2022 betrug die Verschuldung von Unternehmen, Staaten und Privatpersonen zusammengenommen mehr als das Dreieinhalbfache des weltweiten BIP.

Die Inhaber dieser gigantischen Schulden sehen sich nun jedoch einer Welt gegenüber, in der die Zeit des “billigen Geldes” endgültig vorbei ist. Die Inflation ist zurück! Während einzelne Länder in den vergangenen Jahren unter Inflationsschüben litten, hat die Inflation nun auch die fortgeschrittenen kapitalistischen Länder erfasst. Als Reaktion darauf sind die Zinssätze gestiegen. Dem jüngsten Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zufolge haben fast 95 Prozent der Zentralbanken ihre Leitzinsen zwischen Anfang 2021 und Mitte 2023 erhöht. In der Vergangenheit lag dieser Anteil selten über fünfzig Prozent, nur während der Ölschocks in den 1970er Jahren überschritt er achtzig Prozent. Gleichzeitig begannen die Zentralbanken der großen Volkswirtschaften, ihre Bilanzen allmählich zu verkleinern, mit Ausnahme von Japan. Aus der quantitativen Lockerung ist eine quantitative Straffung geworden.

Dies stellt eine enorme Belastung für alle Arbeiter*innen mit einer Hypothek oder Kreditkarte sowie für Teile der Mittelschicht und darüber hinaus für das gesamte Weltfinanzsystem dar. Wie der BIZ-Bericht 2023 feststellt, ist der Kapitalismus weltweit mit einer Kombination von Risiken konfrontiert, die “im Vergleich zu den Verhältnissen nach dem Zweiten Weltkrieg ziemlich einzigartig ist. Es ist das erste Mal, dass in weiten Teilen der Welt ein Inflationsanstieg mit einer weit verbreiteten finanziellen Anfälligkeit einhergeht. Je länger die Inflation anhält, desto stärker und länger muss die Politik gestrafft werden, und desto größer sind die Risiken für die Finanzstabilität”.

Die Zentralbanken befinden sich auf einer Gratwanderung mit wenig Handlungsspielraum. Aufgrund der destabilisierenden Folgen des Inflationsanstiegs sind sie gezwungen, zu versuchen, die Inflation durch eine Anhebung der Zinssätze zu senken. Die Bankenzusammenbrüche zu Beginn des Jahres haben jedoch deutlich gemacht, dass ein überstürztes Handeln einen schweren finanziellen Schock auslösen könnte, der zu einer Verschärfung der Wirtschaftskrise führt. Als die SVB zusammenbrach – die Anleger zogen ihre Gelder massenhaft ab und gerieten in Panik, weil die steigenden Zinsen zu einem Wertverlust der von der Bank gehaltenen Staatsanleihen führten – hatte die US-Notenbank keine andere Wahl, als einzugreifen und als Kreditgeber letzter Instanz für das gesamte US-Bankensystem zu fungieren und die quantitative Straffung zu unterbrechen. Eine umfassendere Finanzkrise könnte sie dazu zwingen, trotz der Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, noch größere Maßnahmen zu ergreifen, nicht zuletzt wegen der brisanten politischen Folgen einer Rettungsaktion für die Wall Street, bei der die abhängig Beschäftigten auf der Strecke bleiben.

Warum jetzt Inflation?

Zwar gibt es unter verschiedenen Teilen der Kapitalist*innen eine Debatte über die Gründe für die derzeitige Inflation und deren wahrscheinliche Dauer, doch sind sich die meisten über die unmittelbaren Faktoren einig, die sie in der Art und Weise und zu dem Zeitpunkt auslösten, zu dem sie sich entwickelte. Einer davon waren die Folgen der pandemischen Konjunkturpakete. In den USA zum Beispiel pumpte die Federal Reserve im Jahr 2020 mehr als drei Billionen Dollar in die Wirtschaft. Ein Fünftel aller physisch und elektronisch existierenden Dollars wurde in diesem Jahr geschaffen. Dies war nicht nur ein beispiellos umfangreiches Konjunkturpaket, sondern unterschied sich auch von den vielen QE-Runden, die in erster Linie den Superreichen zugute kamen. So schätzte die Bank of England im Jahr 2012, dass ihr QE bis dahin nur in den Händen der obersten fünf Prozent der Bevölkerung gelandet war.

Auch die Pandemie-Konjunkturpakete, die als Notmaßnahmen die Katastrophe für den Kapitalismus verhindern sollten, zu der die Abschottung sonst geführt hätte, überwiesen riesige Summen an die Kapitalisten, nicht zuletzt an die Pharmaindustrie. Darüber hinaus zahlte die britische Regierung während der Pandemie beispielsweise achtzig Prozent der Löhne von über zehn Millionen Beschäftigten. Auch wenn eine Lohnkürzung von zwanzig Prozent für die Beurlaubten eine echte Härte darstellte, so wurden ihnen doch achtzig Prozent ihres Lohns dafür gezahlt, dass sie zu Hause blieben, anstatt zur Arbeit zu gehen und Waren und Dienstleistungen zu produzieren. Da die Gesellschaft stillstand und keine Möglichkeit bestand, Geld für normale Freizeitaktivitäten auszugeben, legten viele Angehörige der Mittelschicht und der besser gestellten Teile der Arbeiter*innenklasse Ersparnisse an. Im Gegensatz zu den obersten fünf Prozent, die eher dazu neigen, ihre Bargeldbestände aufzustocken, taten diejenigen, die Ersparnisse hatten, dies, sobald die Wirtschaft wieder in Gang kam und die Möglichkeit bestand, Geld auszugeben. Dies war ein Faktor für den kurzfristigen Anstieg der Inflation in vielen Ländern, der durch die Unterbrechung der Lieferketten nach der Pandemie weiter angeheizt wurde.

Der Ausbruch des Ukraine-Krieges hat neben dem unsäglichen menschlichen Elend, das er ausgelöst hat, natürlich auch die Probleme in den Versorgungsketten massiv verschärft, insbesondere bei Energie und Lebensmitteln. Und dann haben natürlich, wie selbst kapitalistische Institutionen wie der IWF zugeben mussten, die Großkonzerne die Situation unweigerlich ausgenutzt, um ihre Profite durch Preiserhöhungen weiter zu steigern. Der Direktor der IWF-Forschungsabteilung kommentierte die Tatsache, dass es nicht die Löhne sind, die die Inflation in die Höhe getrieben haben, bei der Vorstellung des Berichts über den Weltwirtschaftsausblick vom April 2023 mit der trockenen Bemerkung, dass die Unternehmensgewinne “in den letzten Jahren in die Höhe geschnellt sind – dies ist die Kehrseite steil gestiegener Preise, aber nur geringfügig höherer Löhne – und in der Lage sein sollten, die steigenden Arbeitskosten im Durchschnitt aufzufangen”. Es überrascht nicht, dass er nicht hinzufügte, dass die Kapitalisten nur dann auch nur einen Bruchteil ihrer fetten Gewinne aufgeben werden, wenn sie durch kollektive Maßnahmen der Arbeiter*innen dazu gezwungen werden.

All diese Faktoren erklären zwar den kurzfristigen Anstieg der Inflation, aber sie erklären nicht vollständig, warum sie zur Überraschung der meisten Zentralbanker anhält. Das hängt mit der Natur des kapitalistischen Systems und seinem heute zunehmend chaotischen, multipolaren Charakter zusammen oder, anders ausgedrückt, mit dem Ende der außergewöhnlichen Periode, die auf der Vormachtstellung der USA und der billigen Rohstoffproduktion in China beruhte und “billiges Geld” möglich machte. Die Periode der verstärkten globalen Integration ging mit der Großen Rezession zu Ende. Zwischen 1990 und 2008 stieg der Anteil des Welthandels am BIP von 39 Prozent auf 61 Prozent, fiel aber nach dem Crash von 2007-08 und lag 2019, als die Pandemie zuschlug, immer noch unter dem Spitzenwert von 2008.

Selbst auf dem “Höhepunkt der Globalisierung” blieb der Nationalstaat die wirtschaftliche und politische Grundlage, auf der der Kapitalismus organisiert ist, neben dem Privateigentum an den wichtigsten Sektoren der Wirtschaft. Eine dominante Weltmacht kann jedoch “das Sagen haben” und zwischen den verschiedenen Interessen kleinerer Mächte vermitteln, wobei sie natürlich auch ihre eigenen Interessen im Auge behält. Das war die Rolle des US-Imperialismus in den 1990er Jahren und bis zur und während der Großen Rezession; aber wir befinden uns jetzt in einer anderen Welt, in der die USA zwar immer noch die stärkste Macht, aber nicht allmächtig sind.

Die zerbrechende Achse USA/China

Die gegenseitige Abhängigkeit der USA und Chinas bleibt die zentrale Achse der Weltwirtschaft. Im vergangenen Jahr erreichte das US-Handelsdefizit mit China einen Rekordwert von 309 Milliarden Dollar. Gleichzeitig hält China immer noch mehr als 1 Billion Dollar der insgesamt 28 Billionen Dollar an US-Staatsschulden. Es ist jedoch jedem klar, dass die beiden Mächte zunehmend in Konflikt miteinander geraten. Das liegt vor allem daran, dass China sich nicht mehr damit begnügt, als verlängerte Werkbank für den Westen zu fungieren, sondern ein immer mächtigerer Konkurrent ist, den der US-Kapitalismus verzweifelt daran zu hindern versucht, in der Wertschöpfungskette aufzusteigen (d. h. eine fortgeschrittene Produktion zu entwickeln). Im Jahr 2001, als China der Welthandelsorganisation beitrat, war seine Wirtschaft zu Marktkursen kaum ein Zehntel so groß wie die der USA. Selbst zu Beginn der Krise 2008 war sie nur ein Fünftel so groß. Jetzt ist sie auf fast die Hälfte angewachsen.

Der einzigartige Charakter Chinas, in dem der Staat eine große Rolle spielt, ermöglichte es dem Land, die Infrastruktur und die Arbeitskräfte für ein qualitativ größeres, fortschrittlicheres “Montagewerk” bereitzustellen, als es jedes andere Land hätte tun können. Sie hat es dem Regime aber auch ermöglicht, die chinesische Wirtschaft darüber hinaus zu entwickeln. Xis Politik “Made in China 2025” aus dem Jahr 2015 ist ein entschlossenes Bestreben des chinesischen Staates, zehn strategische Sektoren zu entwickeln, von der nächsten Generation der IT bis zu Landmaschinen. Es wurden bereits Fortschritte erzielt. Im März dieses Jahres wurde China zum weltgrößten Autoexporteur und überholte damit Japan; bei der Herstellung von Elektrofahrzeugen ist das Land weltweit führend. Gleichzeitig ist China nicht mehr das Billiglohnland, das es einmal war. Heute verdient ein*e Automobilarbeiter*in in den USA nur noch dreieinhalb Mal so viel wie sein chinesisches Pendant und nicht mehr das Hundertfache wie noch vor zwanzig Jahren. Dennoch bleibt der chinesische Inlandsmarkt begrenzt. Der Anteil des Konsums am chinesischen BIP war 2019 nur 2 % höher als 2007.

Die noch immer geltenden Zölle der Trump-Ära und jetzt Bidens Inflation Reduction Act (IRA) sowie der CHIPS and Science Act, der die Ausfuhr von Hightech-Mikrochips nach China einschränkt, belasten die chinesische Wirtschaft daher. China beherrscht noch nicht das Ätzen von präzisen Mustern auf Siliziumscheiben, um die fortschrittlichsten Mikrochips herzustellen, und ist nach wie vor auf importierte Ausrüstung angewiesen. Das Vorgehen des US-Imperialismus verschärft die inneren Widersprüche Chinas, die durch das starke Wirtschaftswachstum der letzten Jahrzehnte nur verschleiert wurden und nun immer deutlicher zutage treten.

Gleichzeitig übt China Vergeltung und verhängt Ausfuhrbeschränkungen für wichtige Mineralien für die Halbleiterproduktion, was in Europa, den USA und Japan zu einem Wettlauf um alternative Bezugsquellen geführt hat. Mehr als 95 Prozent der Seltenen Erden oder Metalle kommen derzeit aus China oder werden dort verarbeitet. Die westlichen kapitalistischen Mächte, einschließlich der USA, sind in diesem Stadium immer noch stark wirtschaftlich mit China verflochten. Dennoch zeichnet sich in dieser zunehmend multipolaren Welt eine Verschärfung der Konflikte zwischen den Großmächten, vor allem zwischen den USA und China, ab. Das Zerbrechen der Achse USA/China ist zwar die zentrale Spannung, aber es gibt noch viele andere. Der Aufstieg Chinas und die relative Schwächung der USA haben eine allgemein destabilisierende Wirkung. Am brutalsten zeigt sich dies an Putins Einmarsch in der Ukraine, den er nicht gewagt hätte, wenn er sich nicht auf Chinas wirtschaftliche Stärke hätte stützen können.

Gleichzeitig wurden die zunehmenden protektionistischen Maßnahmen der USA zwangsläufig von anderen Handelsblöcken mit Schritten in dieselbe Richtung beantwortet. Bidens IRA, deren erklärtes Ziel es ist, Investitionen in umweltfreundliche Technologien in den Vereinigten Staaten durch Subventionen in Höhe von 369 Milliuarden Dollar für die US-Industrie zu fördern, ist vor allem Teil des Handelskriegs gegen China, und die USA versuchen, ihre westlichen Verbündeten voll hinter sich zu bringen. Unterschiedliche wirtschaftliche Zwänge begrenzen jedoch den Grad der Übereinstimmung in Bezug auf das Vorgehen gegenüber China. Nach Angaben der Zeitschrift Economist ist Deutschland beispielsweise doppelt so stark von der chinesischen Wirtschaft abhängig wie die USA. Als Reaktion auf die IRA kündigten sowohl Japan als auch die EU an, ähnliche Maßnahmen zur Subventionierung ihrer eigenen Industrien zu ergreifen, obwohl es zwischen den Nationalstaaten, die den Handelsblock der Europäischen Union bilden, große Unterschiede gibt, was das konkret bedeutet. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels befinden sich die USA und die EU in einem Konflikt über Stahlexporte, wobei ab Herbst die Einführung von Zöllen in Höhe von 25 Prozent auf EU-Stahleinfuhren in die USA droht. Vor einem Jahrzehnt gab es weltweit etwa 9000 protektionistische Maßnahmen. Heute sind es rund 35.000.

Selbst jetzt, in dieser multipolaren Welt, werden die Großmächte bei einer neuen globalen Finanzkrise wahrscheinlich versuchen, sich abzustimmen, um den Schaden zu begrenzen, wie es die Zentralbanken der USA, der EU und Japans als Reaktion auf den Ansturm auf die Credit Suisse getan haben. Das Ausmaß der Zusammenarbeit, das nach 2008 stattgefunden hat, und insbesondere die Rolle, die China gespielt hat, kann sich jedoch nicht wiederholen, da die verschiedenen nationalen kapitalistischen Klassen gezwungen sind, ihre eigenen, zunehmend widersprüchlichen Interessen zu verteidigen. Während China eine Rolle dabei spielte, die Tiefe der Großen Rezession weltweit zu begrenzen, werden die zunehmenden Spannungen zwischen China und den USA – und möglicherweise auch Chinas eigene interne Krisen – zentrale Faktoren sein, die den nächsten globalen Abschwung anheizen.

Ein neuer “grüner Aufschwung”?

Ist es möglich, dass der Inflation Reduction Act und andere ähnliche Maßnahmen – da die Notwendigkeit, den Klimawandel aufzuhalten, immer dringlicher wird – eine neue Ära westlicher Investitionen in die verarbeitende Industrie einleiten und zu nachhaltigem Wachstum führen könnten? Immerhin sind die im IRA versprochenen Summen beträchtlich. Wenn sie vollständig umgesetzt würden, hätten sie eine ähnliche Größenordnung wie die Marshall-Hilfe, die der US-Imperialismus Europa und Japan nach dem Zweiten Weltkrieg gewährte. Das bedeutet jedoch nicht, dass die IRA in anderer Hinsicht vergleichbar ist oder dass sie zu einem neuen, lang anhaltenden Aufschwung führen wird, wie er zwischen 1950 und 1973 stattgefunden hat.

Der Nachkriegsaufschwung entwickelte sich in einer Zeit, in der der US-Imperialismus die kapitalistische Welt vollständig beherrschte. Nach 1945 verfügte er über zwei Drittel des weltweiten Goldes in Fort Knox und war in der Lage, einen Rahmen für die kapitalistische Welt unter US-Herrschaft zu schaffen, einschließlich der internationalen Institutionen des IWF und der Weltbank sowie des Bretton-Woods-Abkommens von 1944, das 44 kapitalistische Währungen an den US-Dollar band. Gleichzeitig ging der Stalinismus durch die Ausweitung der Planwirtschaft in Osteuropa und den Sieg der chinesischen Revolution im Jahr 1949 gestärkt aus dem Krieg hervor. Die Angst vor der Revolution – vor dem möglichen Sturz des Kapitalismus – war der zentrale Faktor, der den US-Imperialismus dazu veranlasste, seine Vormachtstellung zu nutzen, um finanzielle Hilfe für den Wiederaufbau des kriegszerstörten Europas und Japans bereitzustellen. Diese Faktoren waren es, die zusammen mit der enormen Kapitalvernichtung die einzigartigen Faktoren schufen, die zum Nachkriegsaufschwung führten.

Heute hingegen hat sich der US-Imperialismus auf seine protektionistische Strategie des “kleinen Hofes, hoher Zaun” zurückgezogen. Die Eindämmung des Klimawandels wäre eindeutig nur auf globaler Ebene möglich, doch im Kapitalismus des einundzwanzigsten Jahrhunderts ist sie ein Instrument des Protektionismus. Während also der US-Industrie grüne Subventionen versprochen werden, wurde dem Grünen Klimafonds der Vereinten Nationen bisher nur eine Milliarde Dollar zugesagt, weit weniger als die von Biden versprochenen 11,4 Milliarden Dollar pro Jahr. Und es ist natürlich ungewiss, wie viel von den IRA-Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden wird, insbesondere wenn die Republikaner, die von den mit fossilen Brennstoffen arbeitenden Teilen der Kapitalist*innenklasse unterstützt werden, die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr gewinnen. Selbst wenn die Demokraten eine zweite Amtszeit gewinnen und ihren derzeitigen Kurs fortsetzen, wird ein Großteil der Mittel an die bestehenden Kapitalist*innen der fossilen Brennstoffe gehen, um ihren Übergang zu Wasserstoff- und Kohlenstoffabscheidungsprojekten zu bewältigen. Die US-amerikanische Arbeiter*innenklasse wird sich im Zuge des Übergangs großen Kämpfen um Kostensenkungen, Sicherheit und Profite stellen müssen.

Der Übergang zu einer grünen Transformation wird nicht darin bestehen, dass zusätzliche profitable Investitionsfelder für die Kapitalist*innen ohne Verluste geschaffen werden, sondern es wird ein Kampf zwischen verschiedenen Teilen der Kapitalist*innenklasse sein, bei dem einige gewinnen und andere verlieren. Das Ausmaß, in dem Kapitalisten in “Green Capex” (grüne Investitionen) investieren, wird nicht von den Bedürfnissen des Planeten abhängen, sondern von ihrer Fähigkeit, Profit zu machen. Einige werden zweifelsohne eine Chance sehen. Dennoch schätzt der jüngste Goldman-Sachs-Bericht zu diesem Thema, dass selbst mit den derzeit zugesagten staatlichen Subventionen die Investitionen nur 0,9 Milliarden Dollar der 2,8 Milliarden Dollar pro Jahr erreichen werden, die für qualitative Schritte zu einer grünen Transformation erforderlich sind.

Gleichzeitig werden Schritte in Richtung einer grünen Transformation für einige Teile der Kapitalist*innenklasse eine Katastrophe bedeuten. In einem Bericht des ehemaligen Gouverneurs der Bank of England, Mark Carney, heißt es, dass der Übergang zu einer kohlenstofffreien Weltwirtschaft eine enorme “Umverteilung von Kapital” erfordern würde. Er schätzte, dass sich die “gestrandeten Vermögenswerte” der Unternehmen, die ihre fossilen Brennstoffreserven und die damit verbundenen Produktionsmuster nicht mehr nutzen können, auf insgesamt zwanzig Billionen Dollar belaufen könnten, um auch nur das obere Ziel des Pariser Abkommens von 2015 zu erreichen, nämlich einen Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius. Mit anderen Worten: Die dringende Frage der Bekämpfung des Klimawandels ist ein zusätzlicher destabilisierender Faktor für den globalen und US-amerikanischen Kapitalismus, der den Konflikt zwischen verschiedenen Teilen der nationalen Kapitalist*innenklassen sowie zwischen verschiedenen Nationalstaaten verschärft. Technologische Durchbrüche auf der einen Seite werden genutzt, um die andere Seite anzugreifen und den Kampf um die Vorherrschaft auf dem Markt zu verstärken. Dabei werden die USA unweigerlich auf Kosten der schwächeren Mächte gewinnen.

Auch wird das CHIPS-Gesetz keine nennenswerten positiven Auswirkungen auf das Leben der amerikanischen Arbeiter*innen haben. Selbst der Verband der Halbleiterindustrie, der das Gesetz begrüßte, schätzte, dass die Zahl der derzeit in den USA mit der Entwicklung und Herstellung von Halbleitern beschäftigten Arbeiter*innen bei 277.000 liegt, was nur 0,17 Prozent der gesamten US-Arbeiter*innenschaft entspricht, und dass diese Zahl infolge des Gesetzes um lediglich 42.000 steigen wird. In dieser hochqualifizierten, technologieintensiven Branche sind nur wenige Arbeiter*innen direkt beschäftigt. Gleichzeitig ist der geschätzte Anstieg der Kosten für die Herstellung der modernsten Chips in den USA statt in Taiwan beträchtlich. Bidens Programm enthält nichts, was die anhaltenden Probleme des Kapitalismus mit Überkapazitäten und dem schrumpfenden Anteil der Löhne am Volkseinkommen, der den Markt für den Kapitalismus weiter einschränkt, lösen könnte. Andere neue Technologien, darunter die Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz (KI), werden diese Probleme auf der Grundlage des Kapitalismus eher verschärfen als überwinden helfen.

Zeit für Sozialismus

Die kapitalistischen Klassen der Welt haben keinen Ausweg aus den unlösbaren Problemen ihres Systems. Die Massen der neokolonialen Welt stehen vor einem Alptraum, denn es drohen neue Schuldenkrisen wie in Sri Lanka. Für die wirtschaftlich entwickelten Volkswirtschaften werden sich neue Finanzkrisen – vor dem Hintergrund bereits hoch verschuldeter und zunehmend zerstrittener Nationalstaaten – als wesentlich schwieriger einzudämmen erweisen als in der Vergangenheit. Selbst wenn es gelingt, die unmittelbaren Auswirkungen durch staatliche Eingriffe zu begrenzen, wird die Wut über die Rettung der Banken und Finanziers bei gleichzeitigen drastischen Kürzungen der öffentlichen Dienstleistungen und des Lebensstandards der Lohnabhängigen die Bewegungen von 2008 und ihre Folgen in den Schatten stellen.

Es ist nicht vorhersehbar, wann die unvermeidliche nächste große Krise ausbrechen wird und ob sie durch ein finanzielles oder ein anderes geopolitisches Ereignis – wie den Ukraine-Krieg – ausgelöst wird, das erhebliche negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben würde. Doch schon vor solchen Entwicklungen verkümmert der Kapitalismus weltweit zunehmend. Wie Marx vorausgesagt hat, ist dieses System im Rahmen des Privateigentums an den Produktionsmitteln und des Nationalstaats in eine Sackgasse geraten. Das Wachstum verlangsamt sich in allen großen Blöcken der Weltwirtschaft. Neue globale Wirtschaftskrisen sind unvermeidlich und könnten sich sehr schnell entwickeln. Der IWF kommt zu dem Schluss, dass sich die langfristigen Wachstumsprognosen dauerhaft verlangsamt haben und dass es unwahrscheinlich ist, dass “eine fragmentierte Welt Fortschritte für alle bringt oder es uns ermöglicht, globale Herausforderungen wie den Klimawandel oder die Pandemievorsorge zu bewältigen”. Sein Appell an die Kapitalist*innen lautet, dass “wir diesen Weg um jeden Preis vermeiden müssen”, aber das ist eindeutig der Weg in die Katastrophe, auf dem sich das System befindet.

Nur eine Planung unter der demokratischen Kontrolle der Arbeiter*innenklasse wird es ermöglichen, die Produktion auf eine höhere Stufe zu heben und sie auf globaler Basis zu organisieren, um die sozialen Bedürfnisse zu befriedigen und den Klimawandel aufzuhalten und umzukehren, anstatt von der Profitgier angetrieben zu werden. Die Ersetzung dieses verrotteten kapitalistischen Systems durch eine demokratische sozialistische Planung ist die dringende Aufgabe, vor der die Arbeiter*innenklasse weltweit steht.

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