Österreich: Unbefristeter Streik bei Lebensmittelhersteller Ardo

Stellungnahme der Sozialistischen Offensive (CWI Österreich)

Unbefristeter Streik bei Ardo weist den Weg für einen heißen Herbst: Gemeinsam kämpfen für Reallohnerhöhungen!

Streiks im Zuge der “Löhne Rauf”-Kampagne des ÖGB ausweiten – wir sind alle von Inflation betroffen!

Der unbefristete Streik bei Ardo in Groß-Enzersdorf bei Wien geht in die zweite Woche. Am 11. September fand ein Warnstreik statt, seit 13. September befindet sich die 150 Leute starke Belegschaft nun im Streik. Heute ist somit der 5. Streiktag. 

Ein offensiver unbefristeter Streik in Österreich, in einem Einzelbetrieb und für eine Lohnerhöhung, die über den Kollektivvertrag hinausgeht – das hat es in Österreich lange Zeit nicht gegeben. Dass es dazu gekomen ist, ist aber nicht verwunderlich: Die kollektivvertragliche Erhöhung im Ende 2022, die mit 7,25% unter der damals 11% betragenden Inflation lag, hat einen Reallohnverlust für die Kolleg/innen bedeutet. 

Der Streik bei Ardo setzt fort, was wir mit der Teuerung schon seit Herbst 2022 erleben: steigende Kampfbereitschaft  bei den Belegschaften in Österreich – viele können sich das Leben einfach nicht mehr leisten. Während wir im Herbst 2022 bereits in mehreren Branchen Streiks gesehen haben, ist es wahrscheinlich, dass es dieses Jahr noch verstärkt zu Kämpfen kommt. Am 20. September findet nicht nur die Menschenkette des ÖGB statt sondern auch eine öffentliche Betriebsversammlung der Freizeitpädagog/innen. 

Darum sind die Kolleg/innen mit ihrem Kampf auch nicht allein: Alle sind von der Teuerung betroffen. Die Arbeitgeber sind aber immer weniger bereit Zugeständnisse zu machen. 

“Wir sitzen bis sie was hergeben”, meinte eine der streikenden Arbeiterinnen, als wir am dritten Streiktag das Werkstor besuchten. “Seit Jahren wollen wir eine Lohnerhöhung, immer reden sie sich auf Belgien raus, dass der Konzern kein Geld hätte”, meinte eine andere. 17 Millionen Netto-Gewinn hätte Ardo dagegen letztes Jahr gemacht. 

2/3 sei die Beteiligung beim Streik, die Personalvermittlungsfirma sendet jetzt mehr Leihpersonal. In Streikversammlungen und in Streikposten am Werkstor könnte auch mit Kolleg/innen diskutiert werden, die sich bis jetzt dem Streik nicht angeschlossen haben. Wie können diese überzeugt werden, sich am Streik zu beteiligen? Könnte die Zufahrt der LKWs. die Gemüse bringen, blockiert werden? 

Je geschlossener der Streik ist, desto sicherer sind die Jobs der Kolleg/innen. Die Sorgen müssten auch in die Forderungen aufgenommen werden – wenn es Sorgen um die Arbeitsplätze oder den Bestand des Standorts gibt, dann ist der Streik die beste Voraussetzung dafür, diesen zu erhalten, weil das zeigt, dass die Belegschaft bereit ist, zu kämpfen. Die Sorgen sind angesichts der Krise des Kapitalismus ja berechtigt. Wir müssen dafür kämpfen, dass diese nicht auf dem Rücken der Arbeiter/innen ausgetragen wird. 

Wie dem Streik mehr Gewicht geben?

Der ÖGB sagt, er bereitet einen heißen Herbst vor. Am Mittwoch findet eine Menschenkette gegen die Teuerung und für höhere Löhne statt – genau das wofür bei Ardo gestreikt wird. Abordnungen der Streikenden könnten sich dort an die Belegschaften anderer Betriebe in der Branche und der Region (und auch darüber hinaus) wenden und ihnen vorschlagen, ebenfalls für Reallohnerhöhungen zu streiken und eine gemeinsame Streikbewegung aufzubauen. So könnte der Druck von unten erhöht und verhindert werden, dass die Belegschaft bei Ardo isoliert wird. Die Gewerkschaftsführung muss dafür sicher stellen, dass es nicht nur bei Ankündigungen für einen heißen Herbst bleibt, sondern dass es in allen Betrieben Betriebsversammlungen gibt, in denen diskutiert wird, ob man nicht denselben Weg wie die Ardo-Belegschaft wählen könnte. 

Die Pro-Ge hat am Beginn des Streiks eine kämpferische Protestkundgebung mit Betriebsrät/innen aus der Branche beim Werkstor organisiert, das zeigt die potentielle Stärke. Seitdem ist der Streik aber kaum in der Öffentlichkeit präsent. Eine Streikdemonstration durch den Ort (bzw. eventuell zur Seestadt) könnte dem Streik weiter Sichtbarkeit geben. Andreas Babler und die Vertreter/innen der KP könnten den Streik aufgreifen und in die Öffentlichkeit tragen und eine effektive Solidaritätskampagne organisieren. Babler hat sich bereits mit dem Streik solidarisch erklärt und auf Facebook gepostet. Das ist aber nur ein kleiner Teil der Öffentlichkeit, die er erreichen kann. 

Das Werk in Groß-Enzersdorf an der Wiener Stadtgrenze hat eine bewegte Vergangenheit: Ursprünglich als Iglo zu Unilever gehörend, wurde erst in die Tochter Firma Austria Frost ausgelagert, die 2001 an eine österreichische FIrma verkauft wurde und 2005 Insolvez anmeldete. Nach einem weiteren Besitzerwechsel und erneuter Insolvenz kaufte schließlich 2008 die belgische Ardo die Tiefkühlproduktion. Bis 1998 wurde auch noch Speiseeis am Standort produziert. Sowohl Ardo als auch der Vorgänger belieferten weiterhin Iglo/Unilever. Ardo hat das Werk 2008 ursprünglich mit 360 Mitarbeiter/innen und 400 Bäuer/innen die Gemüse anliefern übernommen. Heute sind es nur noch 150 Mitarbeiter/innen und 300 Zulieferer (Erbsen, Karotten, Spinat). Es ist nicht so dass es in Österreich zu wenig Nachfrage nach Lebensmitteln gäbe. Allerdings wird im Kapitalismus nach dem Gesichtspunkt “Was ist profitabel” produziert. Der Niedergang des Standorts ist symptomatisch für den Niedergang des Kapitalismus. Wir brauchen eine demokratische sozialistische Gesellschaft, in der die Produktion nach den Bedürfnissen der Menschen statt für Profite organisiert wird. 

Die Belegschaft bei Ardo gibt den Takt vor, den wir im heißen Herbst brauchen: einen entschlossenen Kampf für Reallohnsteigerungen – und wenn nötig für den Erhalt von Arbeitsplätzen und Betriebsstandorten!

Solidaritätsnoten aus Britannien: 

Wir sprechen den Streikenden bei Ardo die volle Unterstützung und Solidarität der GewerkschafterInnen in Nottinghamshire in den East Midlands, UK aus. Die Lebensmittelindustrie ist ein großer Arbeitgeber in den East Midlands, mit einer großen Anzahl von Arbeiter/innen, die schlecht bezahlt werden und unter schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten. Die Gewerkschaften beginnen hier, sich zu wehren, und ein Sieg der Ardo-Beschäftigten in Österreich wird die Arbeiter/innen auch hier inspirieren. 

Ardo hat zwei Standorte in England (nicht in dieser Region), und wenn der Streik weitergeht, werden wir versuchen, Verbindungen zu den Arbeitnehmern dort herzustellen.

Wenn es irgendetwas anderes gibt, was wir tun können, um den Streik zu unterstützen, lasst es mich wissen.

In Solidarität,

Jon Dale

Internationaler Beauftragter, Nottinghamshire Trades Union Council

Liebe Brüder und Schwestern,

der Gewerkschaftsrat von Hull und Umgebung bietet Euch seine Solidarität und Unterstützung in Eurem Kampf für 200 € mehr Lohn an. Hier in Hull haben wir viele lebensmittelverarbeitende Fabriken, und die Arbeiter arbeiten täglich unter harten und schwierigen Bedingungen. Wir wünschen Euch einen Sieg in diesem Kampf. Viel Glück!

In Solidarität

Joe Gibbins

Sekretariat, Hull and District Trades union council 

Hull and District Trades Council

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