Die Arbeiter*innenklasse muss sich auf bevorstehende Kämpfe vorbereiten!
Der libertäre extrem rechte Kandidat bei den argentinischen Präsidentschafts-Stichwahlen, Javier Milei, hat einen großen Sieg errungen: Er erhielt landesweit über 55 Prozent der Stimmen und schlug den peronistischen Kandidaten Sergio Massa, der 44 Prozent der Stimmen erhielt.
Tony Saunois, London, Sekretär des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale (CWI)
Milei, ein extrem rechter Wirtschaftswissenschaftler und Fernsehstar, gewann die meisten Provinzen mit Ausnahme von Formosa, Santiago del Estero und der Provinz Bueno Aires, wo das Ergebnis praktisch unentschieden war. In Städten wie Córdoba erreichten die Rechten über 70 Prozent der Stimmen.
Mileis Sieg wird im krisengeschüttelten Argentinien ein neues Kapitel aufschlagen, aber er wird keine Stabilität bringen und eine neue Ära brutaler Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse einleiten. Zu Mileis Programm gehören „Freihandel”, Dollarisierung der Wirtschaft, umfassende Privatisierung des Gesundheits- und Bildungswesens und anderer Schlüsselsektoren der Wirtschaft, Arbeits-„Reformen” und andere Angriffe auf Arbeiter*innen sowie die Ablehnung der Abtreibung.
Verzweiflung der Massen
Die Welle hin zu Milei ist ein Schrei der Verzweiflung der Massen in Argentinien. Sie standen einem Zusammenbruch des Lebensstandards und einer zunehmenden Armut gegenüber. Es gibt Anzeichen für einen sozialen Zusammenbruch, der sich in der Zunahme von Drogenkartellen und Gewalt widerspiegelt. Rund 40 Prozent der Bevölkerung leben offiziell in Armut, mit Inflationsraten bei 150 Prozent. Mit der Verschärfung der Krise stand das Land am Rande der Zahlungsunfähigkeit.
Die Wähler*innen haben die korrupten, pro-kapitalistischen Peronist*innen zusammen mit allen anderen traditionellen Parteien ausgespien. Unter Massa und den Peronist*innen wurde nichts im Interesse der Arbeiter*innenklasse gelöst, da Kürzungen und Angriffe auf die Massen niederprasselten, wie vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und anderen imperialistischen Agenturen gefordert. Die offizielle Gewerkschaftsbürokratie hat es versäumt, einen Kampf gegen die Regierung zu führen, da sie mit dem peronistischen Apparat verflochten ist.
Milei wird jedoch weder die Krise lösen noch der Arbeiter*innenklasse und den Armen Argentiniens irgendeine Hoffnung bieten. Er hat weder im Kongress noch im Senat eine Mehrheit und droht, per Dekret und durch die Einberufung von Volksabstimmungen zu regieren. Der rechte Führer der Partei Republikanischer Vorschlag, Mauricio Macri, wurde 2015 zum Präsidenten gewählt, nachdem er die von Nestor Kirchner angeführten Peronist*innen besiegt hatte. Macri sah sich schnell mit Streiks und Generalstreiks konfrontiert, als er versuchte, sein Programm durchzusetzen. Im Jahr 2019 wurde er dann von den Peronist*innen besiegt. Milei wird in einer bestimmten Phase mit der gleichen Revolte konfrontiert sein, wenn die Folgen seines reaktionären Programms deutlich werden.
Aufgabe für Arbeiter*innen und Revolutionär*innen
Die entscheidende Aufgabe für Arbeiter*innen und Revolutionär*innen in Argentinien besteht jetzt darin, den Aufbau einer Arbeiter*innen- und Jugendbewegung vorzubereiten, die gegen die reaktionäre, arbeiter*innenfeindliche Politik kämpft, die Milei mit Sicherheit durchzusetzen versuchen wird. Teile der herrschenden Klasse könnten ihre Position im Senat und im Kongress nutzen, um zu versuchen, einige der extremsten von Milei vorgeschlagenen Maßnahmen einzudämmen. Eine Ära der Krise und der politischen und sozialen Umwälzung ist nun jedoch gewiss zu erwarten.
Bei den jüngsten Kongresswahlen vergrößerte die von den Trotzkist*innen dominierte Front FIT ihre Vertretung im Kongress auf fünf Sitze. Sie muss sich nun den sozialen und industriellen Kämpfen zuwenden, die vor ihr liegen. Die Einberufung eines Kongresses aller am Kampf Beteiligten – Gewerkschafter*innen, Arbeitslose, Jugendliche und andere – ist dringend erforderlich, um sich auf die künftigen Kämpfe vorzubereiten und eine sozialistische Alternative anzubieten. Dies ist der einzige Weg aus der Sackgasse, in der sich der argentinische Kapitalismus jetzt befindet.