Arbeitsplatzabbau nimmt an Fahrt auf

Wetterleuchten künftiger Angriffe

Für die deutsche Industrie erwarten viel auch im Jahr 2024 eine Rezession. Während im vergangenen Jahr noch Großunternehmen in der Hoffnung auf einen zeitlich befristeten wirtschaftlichen Abschwung auf Instrumente wie Kurzarbeit zur Überbrückung zugriffen, wird nun angesichts der kapitalistischen Krise zunehmend von Unternehmen der Automobilzulieferer-, Chemie- und Elektrobranche tausendfacher Arbeitsplatzabbau und auch Betriebsschließungen angekündigt. 

von Arthur Grubar, Lemgo

Die Pläne zum Abbau von Arbeitsplätzen in der deutschen Industrie fokussieren sich aktuell besonders auf die Elektroindustrie und die Automobilzulieferer, die in der Regel in wirtschaftlichen Krisen oft als Erste von wegfallenden Aufträgen getroffen werden und durch die Transformation zur E-Mobilität Kapazitäten abbauen.

Im Januar und Februar hat Bosch kurz hintereinander Pläne für die Vernichtung von insgesamt 5500 Arbeitsplätzen an fünf Standorten in Deutschland, davon 2800 in der Region Stuttgart, angekündigt. Auch Miele hat in seinem Stammwerk in Gütersloh den Abbau von 700 Arbeitsplätzen angekündigt; die Produktion von Waschmaschinen soll bis 2027 zur Steigerung der Profite vollständig nach Polen verlagert werden. Dabei handelt es sich nicht um Ausnahmen: Laut einer IHK-Umfrage will beispielsweise in Hessen jedes vierte Unternehmen Personal abbauen und nur zehn Prozent weiteres Personal einstellen. 

Kampf um jeden Arbeitspatz 

Die Antwort der Gewerkschaften darauf muss es sein, ihre Kampfkraft zu nutzen und über Streiks und Proteste für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu kämpfen. Die Kampfbereitschaft ist da:  Bei Bosch haben 10.000 Beschäftigte aus verschiedenen Standorten der Region am 20. März vor der Bosch-Firmenzentrale auf der Schillerhöhe bei Stuttgart für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert.

Doch die IG Metall-Führung und die Betriebsräte setzen trotz der einseitig aufgekündigten Sozialpartnerschaft aktuell auf Verhandlungen mit dem Kapital. Solch eine Strategie der Verhandlungen führte in der Industrie immer wieder zu sogenannte „Zukunftstarifverträgen“, über die der „sozialverträgliche“ Arbeitsplatzabbau von tausenden Stellen akzeptiert wurde im Austausch für den nur zeitweisen Ausschluss weiterer betriebsbedingter Kündigungen. 

Es ist daher notwendig, den Druck aus den Betrieben für einen konsequenten Kampf um den Erhalt aller Arbeitsplätze zu führen. Dazu gehört, wie vom “Metallertreff Stuttgart” (eine lokale Vernetzung kämpferischer Kolleg*innen) diskutiert, die Organisation von lokalen und überregionalen Aktionskonferenzen von Vertrauensleuten, Betriebsräten und interessierten IG Metall-Mitgliedern, bei der die Ursachen für Arbeitsplatzabbau und notwendige Kampfmaßnahmen diskutiert werden.

Warnsignal für weitere Angriffe

Die Ankündigungen von Arbeitsplatzabbau und Schließungen haben noch keinen verallgemeinerten Charakter und fokussieren sich auf bestimmte Industriezweige. Die Kapitalverbände werden es als eine Art Testballon betrachten, wie weit sie mit ihren Angriffen gehen kann. 

Nicht zuletzt auf die bereits jetzt unter Schlagworten wie „Agenda 2030“ durch Kapitalist*innen und ihre politischen Vertreter*innen diskutierten umfassenden Angriffe auf Rente, Sozialsysteme, Streikrecht und mehr hat die Entwicklung der Arbeitskämpfe in der Industrie Einfluss. So kann die Durchsetzung von Arbeitsplatzabbau die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die noch lose diskutierten Agenda-Pläne nicht schrittweise, sondern für das Kapital als umfassender Angriff durchsetzbar erscheinen. 

Andersrum kann ein ernsthafter Kampf um jeden Arbeitsplatz in der Industrie die Ausgangsbedingungen verbessern, solche geplanten politischen Angriffe zurückzuschlagen. Umso wichtiger, dass jetzt angesichts dieser Klassenkampfoffensive von oben in der IG Metall die Grundlage gelegt wird für einen ernsthaften Kampf um den Erhalt aller Arbeitsplätze in der Industrie verbunden mit einer Solidaritätskampagne innerhalb des DGB, um die Kolleg*innen in ihrem Kampf zu unterstützen. Dabei muss gelten: Unternehmen, die Arbeitsplätze vernichten oder Werksschließungen planen, gehören in öffentliches Eigentum überführt bei demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung.