Feuer frei für Militarisierung und Kürzungen?

Foto: Tim Rademacher, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-4.0

Nein zu unbegrenzter Aufrüstung und zum Sondervermögen!

Die vom alten Bundestag und Bundesrat beschlossenen Grundgesetzänderungen ebnen den Weg für eine unbegrenzt mögliche Aufrüstung Deutschlands. Neben dem 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastruktur können nun Militärausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, unbegrenzt über Schulden finanziert werden. Dabei handelt es sich um das größte Aufrüstungspaket in der Geschichte der Bundesrepublik, das zu weiteren massiven Kürzungen und Sozialabbau und nicht zu mehr Sicherheit führen wird. Die Investitionen aus dem Sondervermögen werden zudem nicht in erster Linie Lohnabhängigen zugutekommen, sondern Unternehmen und ihren reichen Eigentümer*innen.

von Chiara Stenger, Berlin

Das Vorgehen von Union, SPD und Grünen, diese Grundgesetzänderungen mit den alten Mehrheiten im Bundestag zu beschließen, ist undemokratisch. Sozialist*innen sind ohnehin der Meinung, dass die Demokratie im Kapitalismus enge Grenzen hat – aber selbst im Rahmen dieses Systems handelt es sich um eine direkte Missachtung des Wähler*innenwillens. Dass das nötig war, ist aber ein Hinweis darauf, dass das keine starke Regierung sein wird.

Deutschland hatte 2024 die höchsten Militärausgaben in der EU und lag im Februar im globalen Rüstungswettbewerb auf Rang vier. Die nun beschlossene Grundgesetzänderung und Aussetzung der Schuldenbremse ermöglicht jedoch eine unbegrenzte Finanzierung der Bundeswehr und Nachrichtendienste, „Cybersicherheit“ und Waffenlieferungen u.a. an die Ukraine. Das bedeutet eine neue Dimension der Hochrüstung und Militarisierung und klingelnde Kassen für die Rüstungsindustrie. Die Schuldenaufnahme wird Zinszahlungen nach sich ziehen, die früher oder später aus dem laufenden Haushalt bezahlt werden müssen. Das wird zu weiteren scharfen Angriffen auf das Sozialsystem führen.

Sondervermögen kommt der Mehrheit nicht zugute

Viele sehen das Sondervermögen für Infrastruktur angesichts maroder Straßen und Brücken  als einen Fortschritt. Dabei ist noch unklar, wie die Kredite genau verwendet werden sollen. Sicher werden nicht die tatsächlich nötigen Gelder in das Gesundheitswesen, den öffentlichen Verkehr, Bildung oder günstiges Wohnen fließen. Eine Motivation der Regierung ist die Sanierung kriegsrelevanter Infrastruktur und eine Steigerung der „Wettbewerbsfähigkeit“. Die Investitionen werden also vor allem der herrschenden Klasse zugutekommen. 

Hinzu kommt, dass 500 Milliarden Euro auf zwölf Jahre – selbst wenn die Regierung sie zusätzlich in soziale Infrastruktur investieren würde – nicht ausreichen. Allein zur Sanierung von Schulen wären laut aktuellen Schätzungen 100 Milliarden Euro nötig – und dann ist der Lehrer*innenmangel noch nicht behoben! Das gilt für viele weitere Bereiche. Merz kündigt bereits jetzt an, dass das Sondervermögen nicht dazu führen wird, dass weniger gespart werden muss. Im Gegenteil sollen Bund, Länder und Kommunen mehr sparen. Klar ist, dass dies insbesondere Arbeiter*innen, Jugendliche und Arme treffen wird. Schon jetzt kündigt der Kanzler in spe rigorose Kürzungen beim Bürgergeld an und hält sich Angriffe auf die Rente offen. Egal, was sich Schwarz-Rot in den Koalitionsvertrag schreibt: Sie werden Verschlechterungen der Lebensbedingungen der Mehrheit der Menschen in Deutschland organisieren.

Linke: Klare antimilitaristische Haltung nötig

Umso fataler ist, dass Vertreter*innen der Linken im Bundesrat dem Paket zugestimmt haben. Eine Partei mit einem sozialistischen Anspruch sollte eine geschlossene antimilitaristische Haltung haben und konsequent Politik für die Arbeiter*innenklasse machen, nicht nur in Worten, sondern auch in der Praxis. Es zeigt sich erneut, dass das in Regierungen mit pro-kapitalistischen Parteien nicht möglich ist. Die Linke hätte stattdessen eine Ablehnung in Bundestag und Bundesrat damit verbinden müssen, bundesweit Proteste gegen die Aufrüstungspläne zu organisieren und Milliardeninvestitionen in Soziales, Verkehr, Gesundheit, Klima, Wohnen und Bildung zu fordern – aber finanziert durch höhere Steuern auf Profite und Vermögen der Konzerne und Superreichen! Dafür kämpft die Sol und wir setzen uns auch in der Partei für solch einen Kurs ein.