Folgende Resolution wurde am 19. Dezember von uns einstimmig beschlossen. Des Weiteren haben wir beschlossen im ersten Halbjahr 2026 eine Bilanz unserer Arbeit in der linksjugend [’solid] zu ziehen und über die Art und Wiese wie Jugend für Sozialismus in Zukunft fortbestehen soll, zu diskutieren. Bis dahin bleiben unsere bundesweiten Strukturen bestehen.
1. Die globale Krise des Kapitalismus und linke Parteien
Der Kapitalismus steckt in einer historischen Krise: Stagnierende Weltwirtschaft mit Crash-Gefahr, Kriege, Klimawandel, anhaltende Erfolge rechtspopulistischer Parteien — die Liste ließe sich endlos weiterführen. Für viele Menschen zeichnet sich ein düsteres Bild, wenn man auf die aktuelle Weltlage blickt.
Doch wie Marx schon wusste, schafft der Kapitalismus nicht nur seine eigenen Krisen, sondern auch seine eigenen Totengräber*innen. In vielen Ländern der neokolonialen Welt gab es allein in den letzten Monaten neue Massenbewegungen und Revolten, oft angeführt von Jugendlichen, die ganze Regierungen in die Flucht schlugen. Die letzten Jahre haben immer wieder Aufstände von Massen in zahlreichen Ländern gesehen. Doch es zeigte sich wie schon so oft in der Geschichte, dass die spontanen Massenbewegungen nicht ausreichen, um eine Alternative zu den kapitalistischen Regierungen aufzubauen und die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft durchzuführen. Hierfür ist es nötig, dass sich Arbeiter*innen und Jugendliche in sozialistischen Massenorganisationen zusammenschließen, in denen sie über den Weg zur Beendigung des Kapitalismus diskutieren und sich gemeinsam an die Umsetzung machen können.
In den letzten zwei Jahren hat sich immer wieder das Potenzial für Entwicklungen hin zu solchen Massenorganisationen der Arbeiter*innen und der Jugend gezeigt. In Großbritannien hat sich die neue „Your Party“ von Jeremy Corbyn und Zarah Sultana gegründet. Über eine Million New Yorker*innen haben den selbst ernannten Sozialisten, Zohran Mamdani, zum Bürgermeister gewählt (wenn er auch leider Teil der pro-kapitalistischen Demokraten bleibt). Linke Parteien, wie die KPÖ in Österreich oder La France Insoumise in Frankreich, konnten Erfolge erzielen. Auch die Linke konnte im Zusammenhang mit der Polarisierung ein Comeback hinlegen. Bei der Bundestagswahl war sie die einzige Kraft, die sich der rassistischen Migrationspolitik der prokapitalistischen Parteien widersetzte und den Wert einer linken Opposition unter Beweis stellte. Getrieben vom Wunsch, die Partei vor dem Untergang zu retten, entwickelte sich eine Dynamik vor und nach der Wahl, die viele vor allem junge Menschen mitriss und die Partei wiederbelebte. Dieses Wachstum schlug sich auch in der linksjugend [‘solid] nieder, die in den letzten Monaten ihre Mitgliedschaft auf ca 14.000 verdoppelte.
Der letzte Bundeskongress zeigt, dass sich mit dem Eintritt dieser neuen Genoss*innen und unter dem Eindruck des Grauens, das der Imperialismus in den letzten beiden Jahren unter anderem in Gaza angerichtet hat, die politische Ausrichtung des Bundesverbands geändert hat. Nicht nur die dort beschlossene, klar palästinasolidarische Haltung, sondern auch deren explizit sozialistischer Anspruch wären vor wenigen Jahren noch kaum denkbar gewesen.
Diese Entwicklungen sind positiv, denn sie bieten Ansätze, um eine reale Gegenwehr für Arbeiter*innen und Jugendliche aufzubauen. Dabei ist uns natürlich bewusst, dass diese Entwicklungen nicht frei von Widersprüchen sind. Auch in der linksjugend [’solid] sammeln sich viele mit grundsätzlich verschiedenen Vorstellungen davon, was einen sozialistischen Jugendverband ausmacht. Und dennoch finden hier reale Diskussionen und Prozesse statt, die aus unserer Sicht wichtige Schritte auf dem Weg zu einem starken sozialistischen Jugendverband sind, der sich in der Arbeiter*innenklasse verankern will. In diese Entwicklung wollen wir uns einbringen.
2. Jugend für Sozialismus und unser bisheriges Verhältnis zur linksjugend [‘solid]
Mit der Gründung von Jugend für Sozialismus haben viele von uns 2023 (damals noch als BAK Revolutionäre Linke in der linksjugend [‘solid]) einen Schritt weg von der linksjugend gemacht, ohne zum Austritt aus dem Verband aufzurufen. Unsere Gründe haben wir damals in der Gründungserklärung von JfS aufgezählt: ein Ausbleiben von eigenen Kampagnen auf Bundesebene, eine starke identitätspolitische Ausrichtung, eine enorm toxische Debattenkultur und wiederholte bürokratische Ausschlussversuche, Karrierismus, Antideutsche und eine Anpassung durch einen Teil des Verbandes an das rechte Reformer*innen-Lager in der Partei. Diese Tendenzen haben hatten das interne Verbandsleben erstickt und die Wahrnehmung von außen als ernstzunehmende sozialistische Jugendorganisation erschwert.
Damals gingen wir davon aus, dass der Verband sich nicht von der Krise erholen könnte. Diese Einschätzung war offensichtlich falsch. Deshalb haben wir in den letzten Monaten in den Basisgruppen und im Bundessprecher*innenrat von Jugend für Sozialismus eine intensive Diskussion über das zukünftige Verhältnis zwischen JfS und der linksjugend [‘solid] geführt. In Berlin organisierten wir beispielsweise eine Reihe von Diskussionstreffen, auch unter Beteiligung von Mitgliedern der linksjugend [‘solid] Berlin. Am Ende des Prozesses stimmte in Berlin die Mehrheit für einen Anschluss an die linksjugend. Auch in Mainz, Lemgo, Hamm, Kassel und Dortmund arbeiten wir bereits in der Linksjugend [‘solid] mit. In Rostock befinden wir uns noch in einem Diskussionsprozess, wie wir dort die Mitarbeit in der Linksjugend [‘solid] gestalten können.
In den Diskussionen wurde vor allem die Notwendigkeit, zusammen mit anderen sozialistischen Jugendlichen zu kämpfen, betont. Wo unsere Mitglieder und Gruppen bereits den Weg in die linksjugend zurückgefunden haben, wurden sie in den letzten Wochen von vielen als Bündnispartner*innen im Ringen um eine klassenkämpferische Ausrichtung begrüßt. Das Wachstum des Verbandes zeigt für uns das Potenzial, Kräfte zu bündeln, um einen schlagkräftigen sozialistischen Jugendverband aufzubauen. Deshalb schließen wir uns der linksjugend [‘solid] an.
Gleichzeitig wird jede*m, der*die unsere Gründungserklärung gelesen hat, aufgefallen sein, dass Teile unserer damalige Kritik am Bundesverband auch heute noch in Teilen zutreffen. Wir wollen diese auch weiterhin anbringen, denken aber, dass dies nicht bedeutet, dass wir nicht unsere Kräfte bündeln und die Chance, die sich aus dem Wachstum ergibt, nutzen sollten, um einen sozialistischen Jugendverband aufzubauen.
3. Die linksjugend als kämpferische, sozialistische Kraft aufbauen
Dazu gehört für uns in erster Linie, sich an der Arbeiter*innenklasse und Jugend als Ganzer zu orientieren, ohne den eigenen revolutionären Anspruch aufzugeben. Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, die linksradikale Szene anzusprechen, aber auch nicht im Versuch, „offener“ zu wirken, das eigene sozialistische Programm aufweichen, wie es beispielsweise allzu oft geschieht, wenn man den Klassenkampf zugunsten von Hilfsangeboten für Bedürftige und zuhörenden Haustürgesprächen vernachlässigt.
Streiks und Tarifrunden sollten wir zum Beispiel offensiv aufgreifen, ohne einfach unkritisch die Haltung der Gewerkschaftsführer*innen zu wiederholen, sondern sie (wenn nötig) auch kritisieren.
Wir müssen die Überwindung des Kapitalismus durch die Arbeiter*innenklasse immer zum Ausgangspunkt unseres Programms machen. In der Vergangenheit wurde auf Bundesebene der linksjugend [’solid] oft keine klare Klassenposition eingenommen, z. B. in Fragen von Diskriminierung, der Klimakrise oder Antimilitarismus und Krieg.
Das drückte sich zum Beispiel im vorherrschenden Verständnis vom Kampf gegen Diskriminierung aus. Natürlich ist der Kampf gegen alle Diskriminierungsformen für Sozialist*innen zentral. Dazu gehört, ein Bewusstsein dafür zu haben, dass Rassismus, Sexismus oder LGBTIQ-Feindlichkeit nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Bewegung und den eigenen Reihen bekämpft werden muss. Gleichzeitig muss der Kampf politisch mit dem Kampf für gemeinsame soziale Interessen und gegen den Kapitalismus als tieferliegende Ursache von Diskriminierung verbunden werden. Ein (klein-)bürgerliches Verständnis von Identitäten, das allein vor allem die Frage von Repräsentation betont, Diskriminierungsformen katalogisiert oder verschiedene Teile der Arbeiter*innenklasse gegeneinanderstellt statt sie zu vereinen, greift zu kurz und kann die Spaltung der Arbeiter*innenklasse verschärfen.
Auch heute gibt es identitätspolitische Ideen in der Linksjugend. Aber wir wollen die Diskussion darüber innerhalb des Verbands führen und wir freuen uns darauf, in Zukunft beim Verbandsaufbau mitzuhelfen und gemeinsam für eine klassenkämpferische und sozialistische Ausrichtung von Partei und Jugendverband zu kämpfen.
Dazu gehört aus unserer Sicht auch ein klares Bekenntnis gegen die anhaltende Besatzung, den Massenmord und die Vertreibung der Palästinenser*innen und der Einsatz für eine sozialistische Lösung im Interesse aller Arbeiter*innen und Armen in der Region; mit gleichen Rechten und für das Recht auf Selbstbestimmung für alle Völker. Die mediale Hetzkampagne und der schändliche Umgang der Parteivorsitzenden mit dem Jugendverband im Anschluss an den letzten Bundeskongress haben wir verurteilt. Palästinasolidarität und Kritik am rassistisch verfassten, kapitalistischen Staat Israel und seinen (historischen) Verbrechen ist kein Antisemitismus, sondern notwendig! Das ist auch kein Widerspruch dazu, das Recht der israelisch-jüdischen Bevölkerung auf Selbstbestimmung zu verteidigen. Wir glauben, dass beides nötig ist, damit Sozialist*innen die Herausforderung bewältigen können, die nationale Spaltung zu überwinden und die gemeinsamen Interessen aller Arbeiter*innen und Armen in der Region nach einem Leben in Sicherheit und Würde herauszustellen – und dass für deren Erfüllung der Kapitalismus überwunden werden muss.
Radikaler Antikapitalismus ist weltweit nötig. Wir haben keine Illusionen, dass grundlegende Veränderungen allein oder vor allem über das Parlament zu erreichen sind. Entscheidend ist der Aufbau von massenhaftem Widerstand in den Betrieben, Schulen und Universitäten und einer starken, organisierten Arbeiter*innenbewegung, welche letztlich die Grundlage für eine sozialistische Gesellschaft und einen neuen, viel demokratischeren Staat schaffen kann. Massive Investitionen in Bildung, Wohnen, Klimaschutz und Soziales sowie dauerhaft gute Arbeitsplätze und auskömmliche Löhne für alle wird es nur geben, wenn wir die Banken und Konzerne enteignen und unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung in öffentliches Eigentum überführen. Die Linke sollte den Bundestag als Bühne nutzen, um sozialistische Ideen zu verbreiten, Klassenkämpfe sichtbar zu machen und die Heuchelei der bürgerlichen Parteien zu entlarven.
Leider haben wir in den letzten Monaten zu oft erlebt, wie die Linke das genau gegenteilige Bild abgegeben hat. Im Bundesrat haben Vertreter*innen der Landesregierungen mit Linke-Beteiligung das Aufrüstungspaket und Geschenke an das Kapital mitgetragen. In Thüringen und Sachsen haben Linke-Fraktionen CDU-Ministerpräsidenten ins Amt gehoben. Vor wenigen Wochen hat sich Die Linke im Bundestag bei der Rentenabstimmung enthalten und damit schon im Vorfeld der Merz-Regierung die nötige Mehrheit gesichert. Das hat alles dazu beigetragen, dass sich die AfD erneut als einzige Opposition darstellen konnte und gestärkt wurde, während die Linke in den Umfragen stagniert. All das sind deutliche Warnsignale, dass die Ursachen für die letzte Parteikrise nicht beseitigt sind. Wir glauben, dass die linksjugend eine wichtige Rolle darin spielen kann und sich für einen konsequenten sozialistischen und kämpferischen Kurs in der Partei einzusetzen muss. Deswegen wollen wir uns u.a. gegen Regierungsbeteiligungen der Linken mit SPD und Grünen und eine weitere Anpassung ans Establishment stark machen. Denn das sind Voraussetzungen, um den Aufstieg der AfD zu stoppen und dem Ziel einer sozialistischen Massenpartei näher zu kommen.
Eine linksjugend [‘solid] mit vielen tausend engagierten Mitgliedern und einem solchen Programm, die außerdem bundesweit Kampagnen gegen die Wehrpflicht, den Mietenwahnsinn und die Kürzungspolitik auf allen Ebenen organisiert, würde eine tragende Rolle bei diesem Auf- und Umbau der Linkspartei spielen.
4. Auf eine sozialistische Zukunft
Wie oben bereits erwähnt, halten wir unsere Kritik an Teilen der linksjugend [‘solid] und der Partei nicht zurück. Doch wir wollen nicht von der Seitenlinie kommentieren. Wir sehen unseren Platz im Verband und wollen ihn mitaufbauen, den linken Flügel mit unseren marxistischen Ideen stärken und für einen unangepassten Kurs gemeinsam kämpfen. Unser Ziel bleibt der Aufbau sozialistischer Massenorganisationen und wir wollen jeden Ansatz dazu unterstützen. Denn eins ist klar: die Zeit drängt. Wenn wir eine sozialistische Zukunft erkämpfen wollen, um die ganzen aktuellen Krisen und Kriege zu überwinden, müssen wir uns als Arbeiter*innen und Jugendliche zusammenschließen und gemeinsam kämpfen!