Neues Buch im Manifest Verlag
Das Buch „Iran. Geschichte, Staat & Wirtschaft“ umfasst drei Beiträge von drei Autoren, die verschiedene Aspekte des Regimes betrachten, aber von den gleichen marxistischen Grundannahmen ausgehen. Alle drei sind Gegner des bestehenden Regimes und betrachten seinen Sturz durch die iranische Bevölkerung, insbesondere durch die Arbeiter*innenklasse, als notwendig. Gleichzeitig lehnen alle drei die Einmischung imperialistischer Länder wie der BRD oder der USA ab.
von Wolfram Klein, Plochingen bei Stuttgart
Robert Bechert, der im Frühjahr 1979 selbst Augenzeuge der damaligen Revolution war, stellt die damaligen Ereignisse in den Kontext verschiedener revolutionärer Massenbewegungen der 1970er Jahre, die im Allgemeinen links, teils auch eindeutig sozialistisch waren.
Revolution 1979
Die Ereignisse der Revolution 1979 werden dann ausführlich im dritten Beitrag von Sascha Staničić geschildert. Er beschreibt die vorherigen Konflikte zwischen der schiitischen Geistlichkeit um Khomeini und dem Schah-Regime und die verheerende Politik der linken Organisationen, vor allem der „kommunistischen“ Tudeh-Partei, die ständig Bündnisse mit angeblich fortschrittlichen bürgerlichen Kräften (bis hin zu Khomeini) suchte und den Kampf für den Sozialismus in die ferne Zukunft vertagte. Zugleich führte die Unterordnung der Tudeh-Partei unter die außenpolitischen Interessen der Sowjetunion dazu, dass sie nicht einmal konsequent für bürgerliche Demokratie gegen das Schah-Regime eintrat.
Vor diesem Hintergrund konnte sich Khomeini als konsequentester Gegner des Schah darstellen und Massenunterstützung gewinnen. Mit pseudolinker Demagogie, vorübergehenden materiellen Zugeständnissen an die fortschrittlichen Forderungen der Massen und antiimperialistischer Rhetorik gelang es Khomeini, die revolutionäre Massenbewegung unter Kontrolle zu bringen und die bis heute bestehende reaktionäre Diktatur errichten.
Die weitere Entwicklung des Regimes seit den 1980er Jahren wird wieder in der Einleitung von Robert Bechert zusammengefasst: Die Festigung des Regimes durch den Krieg gegen den vom Westen unterstützten Irak und die Steigerung von dessen Einfluss in der Region als Folge des Irakkrieges der USA von 2003. Er schildert die Rivalität der beiden Flügel des Regimes und die Opposition, die Proteste und wiederholten Massenbewegungen gegen das Regime.
Er betont die Rolle der Arbeiter*innenklasse in den Kämpfen und der „Revolution, die sich eindeutig zusammenbraut“. Er wirft die Frage auf, welche Rolle sozialistische Ideen spielen und erklärt: „Elemente der Verwirrung sind am Anfang einer Massenbewegung, die aus dem Untergrund auftaucht, fast unvermeidlich. Die Herausforderung für Sozialist*innen besteht darin, eine Mehrheit für ein klares Programm zu gewinnen“. Nach den Streiks und Protesten der letzten Monate wäre ein Generalstreik der nächste Schritt, möglicherweise zuerst ein 24- oder 48-stündiger Warn-Generalstreik als Vorbereitung für einen längeren Streik.
Wirtschaft und Staat
In meinem Beitrag begründe ich, warum die Vorstellung falsch ist, dass Wirtschaft und Staat einen vorkapitalistischen Charakter trügen und daher eine „bürgerliche Revolution“ nach dem Vorbild der französischen Revolution von 1789 auf der Tagesordnung stünde. Vielmehr sind die Unterschiede in der politischen und wirtschaftlichen Struktur zu entwickelten kapitalistischen Ländern mit den verschiedenen Rollen in der Weltwirtschaft (der Iran war jahrzehntelang vor allem Erdöllieferant) zu erklären. Ausführlich diskutiere ich das von verschiedenen Autor*innen verwendete Konzept eines Rentenkapitalismus und begründe, in welchem Sinne es zum Verständnis des Iran hilft.
Einbrüche der Erdölpreise und die Wirtschaftssanktionen im letzten Jahrzehnt haben zwar wiederholt zu einem Rückgang der Erdöleinnahmen geführt, aber den Charakter des Regimes nicht grundlegend geändert. Ich erkläre, dass die Sanktionen die einfache Bevölkerung keineswegs verschont haben, während sie den Zentren der Macht nahestehenden Geschäftsleuten sogar Einkommensquellen brachten.
Schließlich beschäftige ich mich mit den Aussichten für den Iran nach einem Sturz des Regimes und komme zu dem Schluss, dass keine Wirtschaftsstrategie, die im Rahmen des Kapitalismus bleibt, für die Masse der Bevölkerung grundlegende Verbesserungen verspricht.
Iran. Geschichte, Staat & Wirtschaft – Robert Bechert, Wolfram Klein, Sascha Staničić. 131 Seiten, 9.90 Euro, Manifest-Verlag
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