Sichere Schulen für Alle erkämpfen!
Trotz der Ausbreitung der vierten Corona-Welle und der sich anbahnenden kälteren Jahreszeiten scheint auch in diesem Jahr die Devise für „sichere“ Schulen zu lauten: lüften und bei Erfrierungsgefahr Hampelmänner machen. Denn eine flächendeckende Ausstattung mit Luftfilter-Geräten zur Minimierung der Aerosole in Klassenräumen ist aktuell nicht in Sicht.
von Steffen Neuß, Dortmund
Da erscheint es fast zynisch, dass die Bundesregierung nicht müde wird, ihre aktuell stagnierende Impfkampagne mit dem erbrachten Opfer der jungen Generation zu bewerben, die während der vergangenen Schulschließungen für die ältere Generation eingesteckt habe. Sie und die Landesregierungen sind nämlich für die jetzigen katastrophalen Zustände in den Schulen verantwortlich.
Wir haben es derzeit mit einer Schüler*innenschaft zu tun, die im Übergang von Grundschule zu weiterführenden Schulen mit gravierenden sozialen und stofflichen Defiziten zu kämpfen hat. Die Schüler*innen haben zum Teil mehr als ein Jahr der Grundschul-Endphase nur von zu Hause erlebt. Aber auch in höheren Jahrgängen müssen viele Schüler*innen erstmal wieder an das institutionalisierte Lernen in Schulen gewöhnt werden.
Lockdown-Probleme
Hinzu kommen gesundheitliche und psychische Probleme, die die zahlreichen Lockdowns, familiäre Situation und eventuellen Corona-Erkrankungen mit sich gebracht haben. Zwar versuchen Bund und Länder nun mit einem leider bloß dem Namen nach vielversprechenden „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ dieser Problemsituation Herr zu werden – doch wird hier auf die Schnelle versucht, eine jahrelang verfehlte Schulpolitik auszubessern, was zum Scheitern verurteilt ist. So stellt sich zum Beispiel die Frage, wie ein Programm-Baustein für „Extra-Personal“ realisiert werden soll, wenn bundesweit ein massiver Lehrkräfte-Mangel herrscht, der je nach Schulform bis 2030 auf mehrere 10.000 nicht besetzte Lehrstellen ansteigen wird.
Was Schulkinder derzeit benötigen ist intensive und individuelle Betreuung und Begleitung von qualifiziertem Lehrpersonal. Was ihnen hingegen geboten wird, sind durch ihr Stundenkontingent und zu große Lerngruppen überlastete Lehrende, die in wachsender Zahl nicht voll qualifizierte Seiten- und Quereinsteiger*innen sind, sowie eine nicht hinnehmbare Zahl von Unterrichtsausfall und -vertretungen.
Für sichere Schulen für Alle!Es braucht nun eine sofortige und flächendeckende Ausstattung mit Luftfilter-Geräten, um Schulen zu einem sicheren Ort ohne die Gefahr weiterer Schulschließungen zu machen. Außerdem muss Schluss sein mit dem Leistungsdruck und braucht es mehr Freiräume dafür, individuelle Defizite im Rahmen der regulären Stunden und nicht als zusätzliches Nachmittagsprogramm aufzuarbeiten. Um das Problem des Lehrkräfte-Mangels in den Griff zu bekommen muss das Lehramtsstudium attraktiv und bedarfsgerecht gestaltet und die Zahl der Studienplätze deutlich erhöht werden. Schulpolitik muss endlich sozial gerecht sowie mit Weitblick und Perspektive angepackt werden, um die vielen verlorenen Jahre des Versagens, die auf dem Rücken der jungen Generation ausgetragen wurden, aufzuholen.