Corona: Und was kommt im Herbst?

Corona-Politik im Interesse der Arbeiter*innenklasse nötig

Am 20. März sollen alle „tiefgreifenderen Schutzmaßnahmen“ gegen die Corona-Pandemie in Deutschland aufgehoben werden. Eine Bestätigung der Corona-Politik der Regierenden in den letzten zwei Jahren ist das jedoch nicht.

Von Sascha Staničić, Sol-Bundessprecher

Über 120.000 Menschen sind an oder mit einer Corona-Infektion gestorben. Das ist eine erschreckend hohe Zahl. Michael Meyer-Hermann, Leiter der Abteilung “System Immunologie” am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, wies am 18. Februar in der Bundespressekonferenz darauf hin, dass andere Länder bisher mit einer Todesrate durch die Pandemie gekommen sind, die nur zehn Prozent der hiesigen Todesrate ausmacht. 

Schlechte Pandemievorbereitungen, mangelnde Versorgung mit Masken und Tests in der ersten Phase der Pandemie, die Weigerung die nicht-essentiellen Bereiche der Wirtschaft in den Hochphasen der Ansteckungswellen zu schließen, zu späte und zu laxe Homeoffice-Regelungen für Unternehmen, fehlende Luftfilter in Schulen, Kitas und öffentlichen Gebäuden, das Versagen bei der Impfkampagne etc. – all das führte zu einer Todesrate von 1400 auf eine Million Einwohner*innen (140 in Südkorea). 

Kapitalistische Interessen

Der Grund für dieses Versagen war und ist systemisch. Die Bekämpfung der Pandemie sollte die Profite der Unternehmen so wenig wie möglich schmälern und den Staatshaushalt nur so viel wie gerade nötig belasten. Kapitalistische Interessen haben sich auch in der Gesundheitspolitik zu pandemischen Zeiten durchgesetzt – bis hin zur fortgesetzten Schließung von Krankenhäusern und der Weigerung durch Maßnahmen wie ein Ende des Fallkostenpauschalensystems, die Re-Verstaatlichung von privatisierten Krankenhäusern, eine bedarfsgerechte gesetzliche Personalbemessung in der Pflege und drastische Lohnerhöhung für Pflegekräfte das Gesundheitswesen aus- statt abzubauen. Die Corona-Krise war und ist eine kapitalistische Krise – und es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass sich dies nicht fortsetzen wird.

Impfdebatte

Das Versagen dabei, die Ausbreitung des Virus in seiner Anfangsphase nachhaltig zu begrenzen, hat Impfungen zu der entscheidenden Waffe für eine Beendigung der Pandemie gemacht. Statt dafür zu sorgen, dass durch eine Freigabe der Impfpatente und ein Hochfahren der Impfstoffproduktion unter staatlicher Kontrolle, die Weltbevölkerung schnellstmöglich durchgeimpft wird, hat der Impfstoffkolonialismus der kapitalistischen Staaten und Konzerne es begünstigt, dass es zu weiteren Virusvarianten kommen konnte. Den Preis dafür zahlen die Menschen weltweit. 

Gleichzeitig wurden die Ungeimpften hierzulande zu Sündenböcken gemacht, um von der verfehlten Corona-Politik abzulenken. Nun soll nach dem Wunsch der meisten bürgerlichen Politiker*innen – und leider auch der Mehrheit in der Führung der LINKEN – eine Impfpflicht eingeführt werden (bzw. wurde für die Pflegeberufe schon beschlossen), die den Personalmangel in Krankenhäusern und Altenheimen verschärfen wird, die Ansteckungsgefahr nicht aufheben wird, viele Impfskeptiker*innen radikalisieren und in die Arme von Rechtspopulist*innen und Verschwörungstheoretiker*innen treiben wird – und von der niemand weiß, ob sie überhaupt gegen die im Herbst mögliche nächste Welle der Pandemie helfen wird. Deshalb sagen wir: Impfen ist sinnvoll – eine Impfpflicht nicht!

Auf den Herbst vorbereiten 

Niemand kann angesichts des nahenden Endes der Omikron-Welle grundsätzlich gegen Lockerungen sein. Wir freuen uns auf einen Sommer, in dem wir hoffentlich wieder ohne große Ängste zusammen kommen und feiern können. Es darf sich jedoch nicht wiederholen, was wir 2020 und 2021 erleben mussten: dass „völlig überraschend“ Herbst und Winter einbrachen und das Land nicht auf die damit einhergehenden steigenden Infektionszahlen vorbereitet war. Auf die etablierten pro-kapitalistischen Parteien und leider auch die Teile der LINKEN in den Landesregierungen können wir uns dabei nicht verlassen. Wir brauchen Mobilisierungen der Gewerkschaften, LINKEN und sozialen Bewegungen für eine Corona-Politik im Interesse der Arbeiter*innenklasse. 

Mehr zum Corona-Programm der Sol auf solidaritaet.info/tag/corona

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