„Nicht abstrakt argumentieren“? – Gute Idee!

Fortsetzung der Debatte mit Winfried Wolf und anderen Genossen über die Gründe, Waffenlieferungen an die Ukraine abzulehnen

In einem Text vom 12. Juni 2022 hatte ich einen Aufruf der Genossen Heino Berg, Thies Gleiss, Jakob Schäfer, Matthias Schindler und Winfried Wolf mit dem Titel „Wider eine militärische „Lösung“ des Ukrainekriegs“ kommentiert und kritisiert. Darauf haben die Genoss*innen nun geantwortet und die Sol zur Veröffentlichung ihrer Antwort aufgefordert (ohne dass sie meinen Text meines Wissens nach irgendwo veröffentlicht hätten). Dem kommen wir gerne nach (siehe unten) und wollen, ebenfalls in gebotener Kürze, auf ihren neuen Text antworten.

Von Sascha Staničić

Die Genossen werfen mir vor, abstrakt zu argumentieren, wohingegen sie eine Haltung zur konkreten Kriegssituation in der Ukraine einnehmen würden. Den Vorwurf der Abstraktion sind Revolutionär*innen gewöhnt, wenn sie darauf hinweisen, dass auch in komplizierten Situationen, in denen die Arbeiter*innenklasse nicht über starke unabhängige Organisationen verfügt, ein Klassenstandpunkt eingenommen werden sollte und eine Lösung im Interesse der Arbeiter*innenklasse ohne solche Organisationen und ohne sozialistische Antworten nicht denkbar ist. Das war in den letzten Jahrzehnten bei fast jedem Krieg der Fall – Ex-Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Lybien, Syrien ….

Außenstehenden kann diese Debatte tatsächlich abstrakt oder akademisch erscheinen. Sie ist es nicht. Es geht darum, einen Ausweg aus der kapitalistischen Kriegsspirale aufzuzeigen und in einer solchen Krisensituation ein sozialistischer Standpunkt einzunehmen und darum, wie wir verhindern, auf eine konkrete Situation bezogene Positionen so zu formulieren, als ob sie Allgemeingültigkeit hätten.

Denn das ist ein Problem in der Argumentation der fünf Genossen: sie behaupten, ganz konkret auf die derzeitige Situation in der Ukraine bezogen zu argumentieren, faktisch aber argumentieren sie verallgemeinernd. Das war in ihrem ersten Text der Fall und das wiederholen sie nun wieder. Das erschwert den Umgang mit ihrem Text.

Denn sie schreiben nun: Ein Krieg ist von vornherein in den seltensten Fällen ein probates Mittel, um auf die Invasion einer militärisch überlegenen Macht zu reagieren.“ und sind sich auch ganz sicher, dass sie einen militärischen Widerstand auch dann ablehnen würden, wenn in Kiew nicht Selenskyj eine prokapitalistische Regierung anführen würde, sondern eine sozialistische Arbeiter*innenregierung den Widerstand gegen die russische Invasion zu verantworten hätte. Sie würden sich beziehen auf die „konkrete Lage in diesem Krieg, auf die militärischen Kräfteverhältnisse, auf die direkt und indirekt involvierten Mächte, auf die konkret zum Einsatz kommende Waffentechnik, auf die geopolitische Lage in Europa usw.“ – dass all das völlig anders aussehen würde, wenn in der Ukraine eine sozialistische Regierung an der Macht wäre, kommt den Genossen scheinbar nicht in den Sinn oder aber sie reduzieren die Frage auf das rein militär-technische Kräfteverhältnis.

Zugegeben die Hypothese einer sozialistischen Regierung in Kiew ist, wie das Hypothesen so an sich haben, …. hypothetisch. Das ist aber nicht mit Abstraktion gleichzusetzen. Die Genossen haben Recht, dass auch eine sozialistische Regierung oder Arbeiter*innenkomitees Fehler machen können und die Frage, wer Entscheidungen trifft, uns nicht davon befreit auch eine Haltung zu den jeweiligen Entscheidungen einzunehmen.

Den Gedanken, dass die internationale Arbeiter*innenbewegung einer Arbeiter*innenregierung Unterstützung im Kampf gegen den Imperialismus versagen sollte, wenn sie mit ihrem Vorgehen in diesem Kampf nicht einverstanden ist, würden wir aber zurückweisen. Man sollte nicht vergessen, auf welcher Seite man steht.

Dies rechtfertigen die Autoren so: „Die Frage, welche Art des Widerstands unterstützenswert ist, ist nach unserer Ansicht auch für Arbeiter*innenkomitees keine taktische Frage. Konkret: Gäbe es denn im vorliegenden Fall (nämlich der Invasion der hochgerüsteten Atommacht Russland in der Ukraine) überhaupt eine realistische Chance für einen erfolgreichen bewaffneten Arbeiter*innenwiderstand?“

Wenn es keine taktische Frage wäre, dann muss es eine strategische sein. Bewaffneter Widerstand gegen die russische Invasion kann nicht erfolgreich sein, so die These der Autoren. Der Kriegsverlauf zeigt jedoch, dass die ukrainische Armee schon sehr viel erfolgreicher war, als zu Beginn des Krieges für möglich gehalten wurde.

Leider werfen die Genossen hier alles durcheinander: sie argumentieren grundsätzlich – oberstes Ziel ist die Begrenzung von Todesopfern, mehr Waffen führen zu mehr Krieg, ein Krieg ist in den seltensten Fällen (in welchen eigentlich doch?) ein probates Mittel des Widerstands gegen die Intervention einer militärisch überlegenen Macht – und tun dann aber so, als ob es nur um die konkrete Situation in der Ukraine ginge.

Ich will die Frage aber beantworten: Ja, natürlich gäbe es eine realistische Chance für einen erfolgreichen bewaffneten Areiter*innenwiderstand, würde dieser von einer sozialistischen Arbeiter*innenregierung geführt. Warum? Weil der militärische Aspekt nur ein Teil des Widerstands einer sozialistischen Arbeiter*innenregierung wäre, wie wir in anderen Texten ausgeführt haben: der militärische Widerstand würde einher gehen mit der Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Bevölkerung auf der Krim und in den so genannten Separatist*innengebieten, es würde ein Klassenappell an die Arbeiter*innenklassen Russlands und der Welt gerichtet und den russischen Soldaten würde nicht nur militärisch, sondern auch „brüderlich“ begegnet (also ein Klassenappell an sie gerichtet würde). Es kann sein, dass dieser bewaffnete Widerstand militärisch völlig anders aussehen würde, als das bisherige Vorgehen der ukrainischen Armee. Es kann sein, dass eine Regierung zu dem Schluss kommen würde, einen Diktatfrieden zu akzeptieren, wie es Sowjetrussland 1918 in Brest-Litwosk tun musste. Aber a priori militärischen Widerstand wegen militärischer Unterlegenheit und Eskalationspotenzial auszuschließen käme einer politischen (!) Kapitulation gleich und würde in diesem hypothetischen Fall gerade das Leben der sozialistischen Aktivist*innen gefährden, die unter einer russischen Besatzung sicher zum Hauptfeind Nummer Eins erklärt würden.

Und genau hier ist die Parallele zum militärischen Widerstand des jungen Sowjetrusslands gegen den Einmarsch imperialistischer Armeen und gegen die Weißen im Bürgerkrieg nach der Oktoberrevolution. Auch da war der Arbeiter*innenstaat militär-technisch unterlegen und glaubten nur die Revolutionär*innen an die Möglichkeit eines Sieges, weil sie sich der politischen und moralischen Faktoren im Krieg bewusst waren.

Bleibt das Argument der Eskalationsgefahr, dass für die Genossen ein „hinzukommendes“, also nicht das entscheidende; Argument ist. Hier würde ich vorschlagen, tatsächlich konkret zu argumentieren.

In der konkreten Situation in der Ukraine ergibt sich die nukleare Eskalationsgefahr nicht aus dem bewaffneten Widerstand der Ukrainer*innen an sich, sondern aus der Tatsache, dass es sich um einen Stellvertreter*innenkrieg der imperialistischen Weltmächte auf ukrainischem Boden handelt und das Eingreifen der westlichen imperialistischen Staaten bzw. Aktionen wie die Blockade Kaliningrads durch Litauen die Gefahr eines Nuklearschlags Russlands erhöht. Daraus eine grundsätzliche Ablehnung bewaffneten Widerstands gegen die russische Invasion abzuleiten, ist falsch und unnötig. Es reicht völlig darauf hinzuweisen, dass die Einmischung des Westens einschließlich Waffenlieferungen eine nukleare Eskalation auslösen kann und von diesem in Kauf genommen wird.

Dies jedoch auch auf die Hypothese eines durch eine sozialistische Regierung geführten bewaffneten Widerstands anzuwenden, teilen wir nicht. Auch weil eine solche Regierung nicht an einer nuklearen Kettenreaktion teilnehmen und selbst Atomwaffen einsetzen würde. A priori auf bewaffneten Widerstand zu verzichten, weil man verlieren kann, eine Eskalation möglich ist oder der Gegner militärisch überlegen ist, kommt einem Verzicht auf die Revolution gleich.

Der entscheidende Fehler, den die Genossen meiner Meinung nach begehen, ist, dass sie erstens ihre „konkrete“ Position mit verallgemeinerten Positionen herleiten. Das ist mindestens widersprüchlich, meiner Meinung nach bestimmen aber die verallgemeinernden Aussagen die Logik ihrer Argumentation – und diese ist in letzter Konsequenz pazifistisch. Zweitens dienen ihre Argumente nicht der Entwicklung von sozialistischem Bewusstsein, selbst wenn man akzeptiert, sie würden nur „konkret“ argumentieren. Denn dann ziehen sie die Trennlinie nicht klassenpolitisch. Sie sagen nicht: es darf von Linken keine Unterstützung für eine reaktionäre, pro-kapitalistische Regierung in der Ukraine geben. Nötig ist die Entwicklung einer unabhängigen sozialistischen Arbeiter*innenbewegung. Wir glauben, dass unter den gegebenen Umständen auch eine solche nicht auf militärischen Widerstand setzen sollte, aber das wären wir bereit mit dieser zu diskutieren, wenn es sie denn gäbe.

Sie sagen stattdessen: es darf angesichts der Eskalationsgefahr, der Möglichkeit des Einsatzes von Nuklearwaffen und der drohenden hohen Opferzahlen unter keinen Umständen einen militärischen Widerstand geben. Ein Argument ist, „dass Putin nicht einfach seine Armee ‘unverrichteter Dinge’ wieder abziehen lassen wird“. Warum er dies nach einer militärischen Besatzung der Ukraine aufgrund von zivilem Widerstand machen sollte, erklären die Genossen nicht. Sie erklären auch nicht, was das denn – Achtung wir werden wieder hypothetisch – für sozialistische Revolutionen in der Zukunft bedeuten wird, die möglicherweise auch mit massiven militärischen Interventionen und der Drohung des Einsatzes von Nuklearwaffen konfrontiert sein werden.

Die Schlussfolgerung der Genossen ist: „Bemühungen um einen Waffenstillstand müssen das oberste Gebot der Stunde sein. Das haben so manche Linke leider immer noch nicht verstanden.“ Diese Schlussfolgerung liegt ganz auf der Linie ihrer Argumentation, die keinen Klassenstandpunkt einnimmt und keinen sozialistischen Inhalt hat. Wer soll sich denn mit welchen Mitteln um einen Waffenstillstand bemühen? Natürlich sind wir für einen Waffenstillstand. Aber der Begriff nimmt schon die Perspektive der kriegführenden Kräfte ein. Der Arbeiter*innenbewegung muss es um ein Ende des Kriegs gehen. Dazu muss sie ihre Kräfte mobilisieren und den Herrschenden die Fortsetzung des Kriegs so weit wie möglich erschweren. Die Geschichte zeigt, dass das nicht durch „Bemühungen für einen Waffenstillstand“ und eine Beendigung des Kriegs „am Verhandlungstisch“ geschieht (das immer erst dann wenn entweder eine Seite ihr Kriegsziel erreicht hat oder es zu einem Stillstand gekommen ist), sondern durch Klassenkampf und die Bedrohung von Macht und Reichtum der Herrschenden. Konkret liegt es nämlich nicht in der Macht der Arbeiter*innenklasse und der Linken, sich bei den Herrschenden um einen Waffenstillstand „zu bemühen“, konkret kann sie nur die Mittel einsetzen, die ihr zur Verfügung stehen, um Druck auszuüben. Damit sie das macht, braucht sie Organisation, Programm und Perspektive. Deshalb muss für Linke das „oberste Gebot der Stunde“ sein: jeden Ansatz für eine Antikriegsbewegung und vor allem für den Aufbau einer sozialistischen Arbeiter*innenbewegung unterstützen!

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Nicht abstrakt argumentieren.

Eine Antwort auf Sascha Staničić und die Genoss*innen der Sol.

Sascha Staničić hat auf der Website der Sol einen Kommentar1 zu unserem Beitrag „Wider die militärische ‚Lösung‘ des Ukrainekriegs“2 veröffentlicht, auf den wir in der gebotenen Kürze und mit dem Willen zur Klarstellung, aber auch zur Verständigung antworten wollen.

Genosse Sascha führt aus, dass wir kein Wort zur Frage schreiben, wer in der Ukraine den Widerstand gegen die russische Invasion „in welcher Form auch immer und mit welchem Programm“ führen soll. Uns scheint, dass Sascha den wesentlichen Kern unserer Aussagen nicht an sich herankommen lässt, weil er diese nicht in Übereinstimmung mit unserem – im weitesten Sinne gemeinsamen ‒ marxistischen Erbe sieht. Wir wollen deshalb unsere Argumentation nochmals klarstellen.

Dass die Selenskyj-Regierung reaktionär und prokapitalistisch ist, ist für uns in der Tat „nur“ noch ein verschärfender Faktor. Denn auch eine sozialistische Regierung sollte unserer Ansicht nach nicht militärisch auf diese Invasion antworten. Warum wir das meinen haben wir unserer Ansicht nach in unserem Text ausreichend dargelegt:

  1. Ein Krieg ist von vornherein in den seltensten Fällen ein probates Mittel, um auf die Invasion einer militärisch überlegenen Macht zu reagieren.
  2. Dies gilt im vorliegenden konkreten Fall umso mehr, als hier ferngesteuerte Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden, deren Einsatz auch nach mehr als drei Monaten Krieg immer noch steigerungsfähig ist. Hinzu kommt, dass Putin nicht einfach seine Armee „unverrichteter Dinge“ wieder abziehen lassen wird.

An diesen grundlegenden Fakten würde auch eine sozialistische Regierung nichts ändern können, auch Arbeiterkomitees natürlich nicht! Erst recht gilt dies, wenn wir die in diesem Krieg bestehende Eskalationsgefahr im Auge behalten. Sie kann bis zu einem Atomkrieg oder auch zu einem Gau in einem AKW führen.

Ein ziviler Widerstand wäre in jedem Fall die lebensschonendere Variante des Widerstands, auch dann, wenn dieser Widerstand von einer bürgerlichen Kraft angeführt würde (ganz selbstredend wäre ein autonom geführter Widerstand der Arbeiter*innenklasse die weitaus beste Variante). Was wir hier und in unserem Text ausführen, bezieht sich also auf die konkrete Lage in diesem Krieg, auf die militärischen Kräfteverhältnisse, auf die direkt und indirekt involvierten Mächte, auf die konkret zum Einsatz kommende Waffentechnik, auf die geopolitische Lage in Europa usw.

Die hier dargestellte Position ist wohlgemerkt keine Blaupause für alle nur denkbaren Konflikte oder Invasionen. Deswegen erscheint es uns recht verwegen, aus unserem Text zu schlussfolgern, dass wir gegen die bewaffnete Verteidigung der Oktoberrevolution eingetreten wären. Auch finden wir die militärische Verteidigung der YPG gegen die Invasion der türkischen Armee sehr wohl gerechtfertigt, ja geboten. Oder etwa anzunehmen, dass die spanische Revolution 1936/37 sich unserer Ansicht nach nicht gegen den Franco-Putsch hätte bewaffnet wehren sollen, ist aus unseren Ausführungen nicht ableitbar.

Es reicht nicht, die Frage zu beantworten: „Wer entscheidet?“ Sicher ist dies in vielen Fällen die entscheidende Frage, aber damit wird nicht immer alles beantwortet. Im Gegensatz zu einigen sozialistischen Organisationen sind wir beispielsweise nicht der Meinung, dass „sozialistische AKW“ beherrschbar und deswegen zu verantworten sind.

An einem Punkt sind wir mit Sascha und der Sol voll einverstanden: Wir sind gegen Waffenlieferungen an die Selenskij-Regierung, nicht nur, aber auch, weil sie ein bürgerliches, prokapitalistisches und dazu noch äußerst korruptes Regime repräsentiert. Aber unsere Beweggründe gehen weiter. Deshalb nochmals zwei Klarstellungen, die sich allerdings schon aus unserem Text ergeben:

  1. Wir stehen auf der Seite der angegriffenen Bevölkerung und unterstützen alle Bemühungen, dieser zu helfen. Dabei spielt es für uns keine Rolle, ob es sich dabei um Flüchtlinge (auch Kriegsdienstverweigerer!) handelt oder um Menschen, die im Land bleiben wollen oder bleiben müssen.
  2. Dass demokratische Komitees der Arbeiter*innenklasse zu unterstützen sind, darf unter Sozialist*innen nicht infrage gestellt werden. Aber auch diese Komitees können falsche Entscheidungen treffen und sich in eine aussichtslose militärische Auseinandersetzung begeben. Dies unterstützen wir deswegen nicht, weil damit auch Menschen zu Schaden kommen, die gar nicht kämpfen wollen, und zwar nicht nur weil sie alt oder krank oder Kinder sind; von der Verwüstung des Landes (nicht nur der Infrastruktur und der Ökologie) noch ganz abgesehen.

Die Frage, welche Art des Widerstands unterstützenswert ist, ist nach unserer Ansicht auch für Arbeiter*innenkomitees keine taktische Frage. Konkret: Gäbe es denn im vorliegenden Fall (nämlich der Invasion der hochgerüsteten Atommacht Russland in der Ukraine) überhaupt eine realistische Chance für einen erfolgreichen bewaffneten Arbeiter*innenwiderstand?

An dieser Frage wird doch deutlich, dass du, Sascha (bzw. die Sol) nicht auf die konkreten Verhältnisse bezogen argumentierst, sondern mit Versatzstücken alter Weisheiten (bzw. bestimmter Lehren aus der Arbeiter*innenbewegung), die sich aber aus anderen Verhältnissen ableiten. Nicht alles, was man sich aus einer trotzkistischen (Aus)bildung angeeignet hat, ist ohne Modifikation auf jede Situation heute übertragbar. Und wie gesagt: Die Ukraine ist nicht Rojava.

Abschließend: Wir hatten nicht vor, die gesamte Weltlage abzuhandeln. Dazu wäre sehr viel mehr Raum erforderlich, um sinnvolle Aussagen zu machen, die wirklich zu dieser oder jener Frage erhellend sind oder die Debatte voranbringen. Dass wir auch den chinesischen Imperialismus verurteilen, sollte klar sein. Auch die Auswirkungen des Ukrainekriegs auf die neokoloniale Welt ist unter Sozialist*innen allseits bekannt und muss nicht in jedem Text wiederholt werden. Wir haben uns bewusst auf zwei wesentliche Fragen konzentriert, die leider in der breiten linken Öffentlichkeit gerade nicht Konsens sind. Das Tragische ist doch, dass jeder weitere Tag in diesem Krieg unsere Position bestätigt: Die Fortführung des Kriegs – und weitere Waffenlieferungen werden ihn nur verlängern – bringt nur noch mehr Leid und Elend. Bemühungen um einen Waffenstillstand müssen das oberste Gebot der Stunde sein. Das haben so manche Linke leider immer noch nicht verstanden.

Heino Berg, Thies Gleiss, Jakob Schäfer, Matthias Schindler, Winfried Wolf; 17. 6. 2022

1 https://solidaritaet.info/2022/06/gegen-waffenlieferungen-aber-warum/

2 Zuerst veröffentlicht in der jungen Welt vom 9.6.2022: https://www.jungewelt.de/artikel/428135.krieg-in-der-ukraine-antimilitaristischer-def%C3%A4tismus.html

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