Wer war Mother Jones?

Pionierin der US-amerikanischen Arbeiter*innenbewegung

Die harten Kämpfe von Gewerkschafts- und sozialistischen Aktivist*innen in der US-amerikanischen Geschichte sind heute größtenteils vergessen und trotzdem gibt es viele inspirierende Beispiele dafür. Eine der bemerkenswertesten und entschlossensten Kämpferinnen war Mother Jones, die kreuz und quer durch die USA reiste, um für die Rechte von Arbeiter*innen zu streiten.

von Linda Taaffe

Mother Jones spielte eine herausragende Rolle in den Kämpfen der Arbeiter*innenbewegung im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, trotzdem kennen nicht viele ihre Arbeit. Als Leo Trotzki ihre Autobiographie geschickt bekam, war er sprachlos: „Ein gewaltiges Buch! […] eine heroische amerikanische Proletarierin […] Mother Jones setzt sich die bescheidensten Ziele: Mehr Lohn und weniger Arbeitszeit. Und sie beschreitet mutige revolutionäre Wege. […] Was für eine unerschütterliche Hingabe an die Arbeiter*innen, was für eine grundlegende Verachtung für die Verräter und Emporkömmlinge, die sich in der ‘Führung’ der Arbeiter*nnen befinden.”

Der Sozialist und Gründungsmitglied der 1905 gegründeten Industrial Workers of the World (IWW), Eugene Debs, hat ihr 1907 Anerkennung gezollt: „Kein*e Soldat*in in der revolutionären Sache hat mehr Recht auf Anerkennung […] als Mother Jones. […] allein ihr Name drückt den Geist der Revolution aus. […] Ihre beeindruckende Persönlichkeit verkörpert all ihre Prinzipien.” Diese umherschweifende Agitatorin war zu der Zeit 77 Jahre alt, noch immer aktiv wie jeher, und mit noch mehr spektakulären Ereignissen vor sich – so 1911 in West Virginia, der Schauplatz von extrem bitteren Klassenkämpfen, wo sie fälschlicherweise für eine Mordverschwörung verurteilt wurde.

Politisierung

Ihr Leben als “Radaumacherin” begann erst in den 1870er Jahren. Bis dato war ihr Leben normal für eine Arbeiterin zu dieser Zeit, voller Armut und Tragödie. Sie wurde als Mary Harris in Cork (Irland) im Jahr 1830 geboren, aber ihre Familie emigrierte in ihrer Jugend nach Kanada. Über ihren Großvater wird gesagt, dass er als irischer Freiheitskämpfer gehängt wurde. Nachdem sie nach Tennessee (USA) gezogen war, heiratete sie George Jones, ein aktives Mitglied der Eisenfräsergewerkschaft. Ende 1867 war sie kinderlose Witwe, nachdem ihr Ehemann und ihre vier Kinder in einer Gelbfieberepidemie gestorben waren. Sie zog nach Chicago, um ihr Geschäft als Kleidermacherin wieder aufzunehmen. Wieder kam es zur Tragödie. Ihr Laden und Haus brannten im Großen Brand von Chicago von 1871 nieder. Dort kam sie in Kontakt mit den Knights of Labor [Ritter*innen der Arbeit, wichtige US-amerikanische Arbeiter*innenorganisation zu der Zeit, A.d.Ü.].

Große Aufstände begannen 1877 mit der Revolte der Bahnarbeiter*innen, der erste landesweite Streik in den USA. Er führte zu 42 Toten in Pittsburgh und starker Zerstörung von Firmeneigentum der Pennsylvania Railroad Company durch aufgebrachte Arbeiter*innen. Mary Jones war vor Ort. Während des folgenden Jahres wurde der Streik zerschlagen, mit um die einhundert toten Arbeiter*innen im ganzen Land. Die Bestimmung für den Rest von Mary Jones Leben war gesetzt. Sie kämpfte unaufhörlich an der Seite von Arbeiter*innen bis sie hundert Jahre alt wurde.

Rücksichtslose Chefs

Mother Jones’ Hintergrund war eine der explosivsten Phasen in der US-Geschichte. Karl Marx schrieb, dass der Kapitalismus, trotz dass er vergleichsweise fortschrittlich war, “bluttriefend aus allen Poren” entstand. Auf dem jungfräulichen Gebiet der USA pressten die amerikanischen Kapitalisten – die Mother Jones nur Wall Street-Piraten, Räuber oder Einbrecher nannte – massive Profite aus dem Leib und Leben von Männern, Frauen und Kindern. Bis dato waren Arbeiter*innen in der Lage, weiter nach Westen zu entkommen, um an Land zu kommen. Nun war alles Land in Anspruch genommen. Arbeiter*innen mussten an Ort und Stelle verbleiben und den Weg des bitteren Kampfes für bessere Lebensbedingungen und Bezahlung auf sich nehmen.

Jeder Streik war ein kleiner Bürgerkrieg mit Agenten von Pinkerton, die von den Chefs als Privatarmee genutzt wurden. Sie schmissen streikende Familien raus in die Kälte oder erschossen sie in ihren Betten. Milizen wurden in Unruhegebiete abkommandiert. Streikende wurden durch Militärgerichte gerichtet. Es war wie im Mittelalter. Nirgendwo ähnelten die Bedingungen mehr dem Feudalismus als in den Rockefeller-dominierten Kohlerevieren im südlichen Colorado. Die Bosse hatten die Macht über Leben und Tod von über 120.00 Männern und ihren Familien, die in firmeneigenen Hütten lebten. Löhne wurden in Berechtigungsscheinen ausgezahlt, die im Firmenladen ausgegeben werden mussten und bei der Umwandlung in Bargeld abgewertet wurden. Lehrer*innen wurden durch die Firma ausgewählt und bezahlt. Bergarbeiter*innen mussten zu einem Firmenarzt gehen. Gerichtsmediziner*innen und Richter im Dienst der Bosse verhinderten, dass Arbeiter*innen bei ihren Beschwerden Gerechtigkeit widerfuhr.

An der Seite der Arbeiter*innen

Mother Jones ging hin, wo immer sie gebraucht wurde, zunächst als Organisatorin für die Vereinigten Bergarbeiter*innen von Amerika (United Mine Workers of Amerika, UMWA). Sie war stolz darauf, nicht sesshaft zu sein und sagte, dass ihre Heimat dort ist, “wo immer der Kampf gegen die Räuber ansteht.” Sie hat oft ihre Habseligkeiten in ein Umhängetuch gepackt, sie über die Schulter geworfen und sich auf den Weg gemacht, um kreuz und quer durchs Land zu ziehen, auf dem Boden von Arbeiter*innenhütten schlafend. Mother Jones organisierte Unterstützung für Familien und brachte Bäuerinnen und Bauern dazu, ihre Erzeugnisse zu teilen. Sie ermutigte Bergarbeiter*innen mit ihrer Tapferkeit, verurteilte sie sogar für ihre Feigheit, wenn sie zurückwichen. Sie selbst trat Waffen und Haft furchtlos entgegen. Große Menschenmengen kamen zusammen, wo auch immer sie hinkam.

Mother Jones war nicht nur der “Engel der Bergarbeiter*innen”, sie reagierte auch auf die Rufe von Stahl-, Kupfer-, Textil-, Kleidungs- und Straßenbahnarbeiter*innen, Brauereiabfüller*innen und vielen anderen – auf alle mit derselben Energie und Hingabe. Sie weckte Selbstvertrauen, Entschlossenheit und Einheit, und nannte Arbeiter ihre “Jungs”. Sie erinnerte sich daran, wie sie auf der Landstraße eine Rede hielt und ihr gesagt wurde, dass sie aufhören solle oder anderseits erschossen würde. „Ich antwortete: ‘Ich bin auf einer öffentlichen Landstraße. Sie gehört mir.’ Sie standen dort mit ihren Waffen in ihren Taschen. Sie gaben keinen einzigen Schuss ab.” Sie landete oft im Gefängnis, weigerte sich, jegliche Gefälligkeiten zu akzeptieren und bestand immer darauf, bei ihren Gewerkschafter*innen zu bleiben. Dabei war sie so höflich zu den Richtern, dass diese ratlos wurden ob dieser überkorrekten weißhaarigen alten Dame. Sie machten ihr manchmal letztlich Komplimente oder empfahlen ihr, besser mit Wohltätigkeitsarbeit anzufangen.

Ausbeutung von Kindern

Die Kinder, die zur Arbeit unter barbarischsten Bedingungen gezwungen wurden, berührten sie am meisten. „Gefangene Jungs”, manche neun Jahre jung, waren durch die Armut ihrer Familien gezwungen, „14 Stunden pro Tag unter Tage zu arbeiten für magere sechzig Cent, komplett auf sich allein gestellt; nur wenn ein Maultier mit der Kohle ankam, öffneten sie die Falltüren und ließen ein Hauch kalte Luft herein, die ihre kleinen Körper abkühlte.” Sie verurteilte die „Interessen von distanzierten Pfandbrief- und Aktieninhabern, die verursacht haben, dass diese Babies den lieben langen Tag in den dunklen Höhlen unter der Erde gefangen sind.” In Georgia wurde ein Gesetz zum Schutz von Singvögeln erlassen, aber „was ist mit den kleinen Kindern, denen das Singen komplett vergangen ist?”, beklagte sich Mother Jones.

Im Jahr 1903 waren in Philadelphia 16.00 der 100.000 streikenden Textilarbeiter*innen Kinder. Sie streikten für eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 60 auf 55 Stunden. Kinder kamen in die Gewerkschaftszentralen, „manche ohne Hände, manche mit einem fehlenden Daumen, manche mit am Knöchel abgetrennten Fingern, gebückte kleine Dinger, mager und mit abgerundeten Schultern.” Mother Jones war geschockt und versuchte, ihnen Öffentlichkeit zu verschaffen, rannte jedoch gegen Mauern an. Zeitungsherausgeber gaben zu, dass sie dazu nichts drucken können, weil die Textilfabrikbesitzer Anteile an ihren Zeitungen hatten. Sie erwiderte: “Nun ja, ich habe Anteil an diesen kleinen Kindern und organisiere ihnen ein wenig Öffentlichkeit.”

Sie organisierte eine Armee von Kindertextilarbeiter*innen, die 200 Kilometer zu Präsident Theodore Roosevelt marschierte, damit er das Jammern der Kinder hören konnte. Sie forderten einen Gesetzentwurf zum Schutz vor der Gier der Bosse. Was für ein Anblick! Transparente forderten Zeit zum Spielen und mehr Schulen: “Wo ist unser Anteil am Wohlstand?” Sie füllte die Hallen auf dem Weg, unter anderem in Coney Island. Dort arrangierte sie, dass einige Kinder in Tierkäfige gesetzt wurden, um deren Lage unmissverständlich klar zu machen. Sie war unermüdlich. Fünfzig Jahre zuvor hatten die Menschen die Waffen erhoben, um die Sklaverei zu beenden. „Heute wird ein weißes Kind für zwei Dollar pro Woche an den Fabrikanten verkauft.” Sie trafen nie auf den Präsidenten, aber sie befeuerten die massenhafte Unterstützung für Gesetze gegen Kinderarbeit.

Korruption in Gewerkschaften

Im Streik der Textilarbeiter*innen kam sie in Konflikt mit einigen Gewerkschaftsvorsitzenden. Genau genommen scheute sie sich nie, sie zu kritisieren, wenn nötig. Sie verurteilte John Mitchell, Präsident der UMWA (United Mine Workers of America), dafür, dass er die Bergarbeiter*innen im Norden Colorados dazu drängte, eine Vereinbarung anzunehmen, die Bergarbeiter*innen im Süden im Stich gelassen hätte. Mother Jones war entsetzt und drehte die Situation durch die Macht ihres Appells, um jeden Preis zusammenzuhalten. Später schaffte es Mitchell jedoch, die Entscheidung aufzuheben. Nachdem sie bei der Gründung der UMWA im Jahre 1880 zur bezahlten Organisatorin gemacht wurde, kündigte sie nun angewidert.

Mother Jones geißelte John L. Lewis, eine andere Führungsperson der UMWA dafür, dass er wie ein Millionär lebte. In seinem Pass war als Beschäftigung Manager, nicht Arbeiterführer, angegeben. Seine Fahrt auf eine Reise war sogar Teil der Klatschspalten in den Zeitungen. Seine Philosophie war, den Bergarbeiter*innen zu helfen, indem er den Bergbaubossen half, reicher zu werden. Sie bemerkte, dass manche der Vorsitzenden von all dem Fressen und Champagner so fette Bäuche wie Präsident William Howard Taft bekommen hatten. Sie griff Mitchell scharf dafür an, dass er Teil der Civic Federation [Bürger*innenbündnis] war. Diese war eine konzertierte Bemühung der amerikanischen Herrschenden, die Gewerkschaftsführungen zu korrumpieren und das Vorrücken der Arbeiter*innenklasse zu schwächen. „Diejenigen, die die Arbeiter*innen in der Civic Federation repräsentieren […], verschwindet dort oder verschwindet aus der Arbeiter*innenbewegung.”

Internationalistin und Antirassistin

Die Phase, in der Mother Jones lebte, war voll von grausamen Niederlagen, aber auch von entscheidenden Siegen. Sie musste gegen all die Dinge ankämpfen, denen Aktivist*innen auch heutzutage gegenüberstehen. Sie war Internationalistin, organisierte Unterstützung für mexikanische Revolutionär*innen, die im Auftrag des Diktators Porfirio Diaz in Arizona skrupellos vom US-Militär gejagt wurden. Sie wurden entführt und zurück nach Mexiko verschleppt, um dort einer Haft oder manchmal sogar ihrer Hinrichtung entgegenzusehen. Einige Zeit später half sie dabei, mexikanische Bergarbeiter*innen gewerkschaftlich zu organisieren. 1913 traf sie Pancho Villa, einen der Revolutionsführer.

Sie war Antirassistin, sorgte für gewerkschaftliche Organisierung unter europäischen Migrant*innen und wandte sich gegen den Ausschluss schwarzer Bergarbeiter*innen, als die Bosse diese als Streikbrecher*innen einsetzen wollten. Sie begrüßte die Russische Revolution 1917 erwartungsvoll als Sieg für die Armen und einen Schlag gegen die Gutsherren und den Zaren, obgleich sie Ungewissheit ausdrückte, das jemals auf die USA zu übertragen.

Ihre Perspektive war einfach – jeden Kampf für die Unterdrückten gewinnen – und sie war mutig in Bezug auf gewählte Taktiken, auch wenn sie keine ausgearbeitete Strategie hatte, wie der Kapitalismus gestürzt werden sollte. Sie wusste, dass das nötig war, und äußerte sich oft dementsprechend. Sie wusste, dass der Konflikt zwischen Kapital und Arbeit solange nicht enden würde, bis alle Industrien übernommen sind: „Ich bin nicht dafür, dass die Regierung 100.00 Dollar zahlt, um die Minen zu übernehmen. Ich würde keine zehn Cent bewilligen. DIe Natur hat die Kohle nicht dorthin gebracht, damit sie ein Haufen nationale Plünderer und Einbrecher erhalten. Ich will, dass die USA sie ohne Entschädigung übernehmen. Es wurde schon genug Entschädigung bezahlt.”

Widersprüchliche Ansichten

Mother Jones war mit allen linken politischen Strömungen der damaligen Zeit verbunden. Sie war Gründungsmitglied der IWW, fand deren Grenzen aber schnell zu beengend. Sie arbeitete mit der Socialist Party zusammen, verkaufte eine Zeit lang deren Zeitung Appeal to Reason [Appell der Vernunft], und unterstützte begeistert Eugene Debs in seiner Präsidentschaftskandidatur, bei der er eine Million Stimmen bekam. Bei einer späteren Wahl jedoch, trotz dass er offener Sozialist war, unterstützte sie stattdessen Woodrow Wilson von den Demokraten. Sie war eine fantastische Kommunikatorin. Sie benutzte eine direkte, gottlose Sprache und konnte so eine Zuhörerschaft von Arbeiter*innen faszinieren.

Manchmal nutzte sie Frauen als Kraft, damit diese ihre Ehemänner dazu drängten, in Streik zu treten. Das andere Mal führte sie Frauen für ihre eigenen Rechte an, in Streiks und Demonstrationen für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen, so wie die Blusenarbeiterinnen in New York. Trotzdem, ziemlich unverständlicherweise, war sie gegen das Frauenwahlrecht. Ihre Ansichten standen im Widerspruch zueinander. Die Chefs behandelten Männer und Frauen brutal, so dass Frauen zurückschlagen mussten, was sie von ganzem Herzen unterstützte. Sie äußerte sich vernichtend gegenüber reichen Frauen, die für ihre Pudel mehr ausgaben als eine Arbeiterin verdiente. Nichtsdestotrotz hatte sie eine idealisierte Ansicht von Frauen als vor allem Hausfrauen und diejenigen, die Kinder erziehen.

Sie hat sich scheinbar von den eher schlichten Aspekten des American Dream beeinflussen lassen. Sie wollte die USA als ein Land, wo tatsächlich jede und jeder Präsident werden konnte und das Leben nicht aus einem herausgepresst wird aufgrund von Gier. Sie erwähnte die Gründungsväter der USA, Thomas Jefferson und Patrick Henry. Sie wurde in späteren Jahren so geehrt, dass sie darum gebeten wurde, Zeugenaussagen in drei Kongressausschüssen abzugeben. Diese untersuchten Bedingungen in den Minen, Arbeitgeber-Arbeitnehmer*innen-Beziehungen und die Verfolgung von Mexikaner*innen.

Kämpferinnengeist

Als Achtzigjährige war sie immer noch aktiv: „Ich sage dir, mein Sohn, es sind die Gelegenheiten des Kampfes, die mir ein langes Leben bescheren. Wenn ich nicht in so vielen Arbeitskämpfen involviert gewesen wäre, wäre ich schon längst gestorben. […] Ich hatte einfach keine Zeit, krank zu werden.” Letztendlich holte sie die Zeit doch ein, sechs Monate nach ihrem 100. Geburtstag. Bei ihrer Beerdigung umringten 150.00 Arbeiter*innen die Kirche. Sie wurde auf dem Mount Olive Friedhof in Illinois begraben, ein passendes Symbol für den Kampf der Arbeiter*innenklasse. Dort zollte Mother Jones im Jahr 1903 denjenigen Tribut, die im Virden Massaker von Oktober 1989 getötet worden waren. Ihnen wurde verweigert, in ihrer eigenen Stadt begraben zu werden, weshalb die Bergarbeiter*innengewerkschaft den Friedhof in Mount Olive etabliert hatte. Mother Jones wurde neben ihren Jungs beigesetzt.

Die herrschende Klasse der USA hat ihr Bestes gegeben, die schändliche Rolle der Bosse, ihrer Regierungen und des Staatsapparats in dieser geschichtlichen Epoche auszulöschen. Sie versuchten, zynische Mythen über Demokratie, Gesetz und Gerechtigkeit zu erschaffen. Sie haben ebenso Millionen dafür ausgegeben, um gerade nicht die überwältige Rolle von Kämpfer*innen der Arbeiter*innenklasse, sondern Gewalt von Gangstern zu verherrlichen. Sogar der Begriff “Arbeiter*innenklasse” verschwand aus dem amerikanischen Wortschatz. Arbeiter*innen wurden “Mittelschicht”.

Die phänomenale Geschichte, wie Arbeiter*innen jahrzehntelang gegen die rücksichtslosesten Bürgerlichen kämpften, ist wirklich inspirierend. Und nun wird die Glut wieder entfacht. Die USA befinden sich in einer Phase, die der sehr ähnlich werden könnte, die Mother Jones durchlebte. Damals fand der Kampf vor dem Hintergrund eines Kapitalismus im Aufschwung statt. Nun ist er eher in einem Todeskampf. Arbeiter*nnen betreten wieder die Bühne. 

Im Mai 1914 war Mother Jones nach Seattle eingeladen, um beim ersten Gedenktag der Arbeiter*innen zu sprechen und die zu ehren, die in Streikauseinandersetzungen getötet wurden. Im vorangegangenen Monat hatten Milizsoldaten ein Zeltlager von streikenden Bergarbeiter*innen und ihren Familien in Ludlow angegriffen und 32 getötet, darunter Frauen und Kinder. Mother Jones reiste aus Colorado an, wo sie 26 Tage in Haft verbracht hatte, und wurde in Seattle von tausend Bergarbeiter*innen begrüßt. Um die Hoffnung einer Gruppe Arbeiter*innen zu wecken, sagte Mother Jones einmal, dass John Brown [Kämpfer gegen die Sklaverei, A.d.Ü.] vielleicht gestorben ist, sein Geist aber weiterkämpft. Das gilt genauso für den Kämpferinnengeist von Mother Jones, und all ihrer großartigen Mit-Klassenkämpfer*innen, die in das 21. Jahrhundert marschieren, das Jahrhundert der Revolution.

Dieser Artikel wurde durch die umfassende Arbeit von Philip S. Foner im Buch “Mother Jones Speaks: Speeches and Writings of a Working-Class Fighter” (Pathfinder, 1995) inspiriert. Linda Taaffe war jahrzehntelang Mitglied in der britischen Lehrergewerkschaft NUT und ist Mitglied der Socialist Party.

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