Gewerkschafter*innen starten den Aufruf “Wir schlagen Alarm!”
Folgender Aufruf wurde am 1. Mai von 58 Erstunterzeichner*innen veröffentlicht. Am 14. Juni um 18 Uhr soll es ein bundesweites Vernetzungstreffen geben, um zu diskutieren, wie der Aufruf weiter verbreitet werden kann und welche Initiativen von unten möglich sind (siehe www.wir-schlagen-alarm.de).
Nein zum Kürzungshaushalt und weiteren drohenden Angriffen!
Hände weg vom Streikrecht!
Jetzt Widerstand gegen den Klassenkampf von oben organisieren!
Die Bundesregierung hat Kürzungsmaßnahmen beschlossen, die große Teile der Bevölkerung hart treffen – sei es in Bezug auf steigende Strom-, Sprit- und Gaspreise, scharfe Sanktionen beim Bürgergeld, weniger Geld für Investitionen in den Schienenverkehr und den ÖPNV. Doch dies ist erst der Anfang. Laut denken Vertreter*innen der Kapitalinteressen über weitreichende Angriffe und eine Wirtschaftsagenda nach: Sie bringen Forderungen auf wie die Senkung von Unternehmenssteuern, Verlängerung und weitere Flexibilisierungsmöglichkeiten bei den Arbeitszeiten, Begrenzung der Sozialabgaben, Verschlechterungen im Rentensystem und Einschränkungen des Streikrechts. Zusätzliches Geld gibt es neben Unternehmenssubventionen nur noch für die Aufrüstung der Bundeswehr. Hier bestätigt sich einmal mehr, dass Aufrüstung und Sozialabbau zwei Seiten derselben Medaille sind.
Diesem Klassenkampf von oben müssen Beschäftigte und Gewerkschaften im Bündnis mit sozialen Bewegungen entschlossenen Widerstand entgegensetzen.
Wir setzen uns in den Gewerkschaften dafür ein, an jeder Stelle Widerspruch zu formulieren, Widerstand zu organisieren und lokale, regionale und bundesweite Netzwerke gegen drohende weitreichende Angriffe aufzubauen. Dazu sollen Aktionskonferenzen einberufen werden, um einen gemeinsamen Aktionsplan für Proteste bis hin zu einer bundesweiten Großdemonstration z.B. für folgende Forderungen zu diskutieren:
- Nein zu jeglichen Kürzungen und Verschlechterungen in der öffentlichen Daseinsvorsorge
- Nein zu Einschränkungen von demokratischen Rechten – Hände weg vom Streikrecht
- Für eine massive Erhöhung der Steuern auf Gewinne und Vermögen der Banken, Konzerne und Superreichen
- Für Milliardeninvestitionen in Bildung, Gesundheit, Klima und Soziales – statt Milliarden für Aufrüstung und Militarisierung
Wir erklären unsere Bereitschaft, entsprechende Initiativen von unten selbst anzustoßen und dabei mitzuarbeiten.
Das sagen einige der Erstunterzeichner*innen zum Aufruf:
„Natürlich bedeutet jeder Cent Lohn für das Kapital entgangenen Profit und natürlich wird jede Krise benutzt, um über Spaltung der Lohnabhängigen und Nutzung ihrer Existenzängste jedes Hemmnis dieser Profite abzubauen. Dies war in der Finanzkrise 2007 und danach ebenso wie bei der Etablierung der Agenda 2010 so. Es wird an der Zeit, dass wir diese Erfahrungen nutzen, um diesmal rechtzeitig in die Offensive zu gehen.“
Mag Wompel, LabourNet Germany.
“Mit dem aktuellen Kürzungshaushalt wurden bereits finanzielle Mittel für den Ausbau der Schiene wieder zurückgenommen. Das trifft die Beschäftigten genauso wie die Nutzer*innen der Bahn, außerdem geht es völlig in die falsche Richtung, denn eigentlich sollte der Schienenverkehr als Alternative zum Individualverkehr ja aus umweltpolitischen Gründen massiv ausgebaut werden.”
Rainer Perschewski, Betriebsrat und Mitglied des Bundesvorstands der EVG.
„Ich finde es falsch, dass die Ampel an der Schuldenbremse festhält und gleichzeitig immer weiter in Aufrüstung investiert. In den Krankenhäuser erleiden die Patienten immer häufiger unnötige Komplikationen, weil viel zu wenig Personal da ist, egal ob Pflegepersonal, Ärzt*innen, Reinigungspersonal. Die Arbeitsbelastungen sind so hoch, dass immer mehr aus dem Beruf aussteigen. Gleichzeitig machen private Krankenhausbetreiber fette Gewinne. Mit Gesundheit dürfen keine Gewinne gemacht werden, sondern muss in die Gesundheitsversorgung aller Menschen fließen! Hamburg hat damals die städtischen Krankenhäuser verscherbelt, jetzt passiert das Gleiche mit dem Hamburger Hafen. Auch da wird ein Teil der Gewinne künftig nicht mehr in zum Beispiel Kita- oder Schulprojekte fließen, sondern bleiben bei dem Investor MSC!“
Kirsten Rautenstrauch, aktiv im „Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“, eh. Betriebsrätin Asklepios Klinik Hamburg.
René Arnsburg, Mitglied im Landesbezirksvorstand ver.di Berlin-Brandenburg.“In den letzten Jahren haben Beschäftigte begonnen, angesichts des immens gewachsenen Arbeitsdrucks bei schlechter Bezahlung für bessere Arbeitsbedingungen insbesondere auch in Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge zu streiken. In diesen Bereichen wird – anders als bei der Aufrüstung – weiter gespart und gleichzeitig wird nun über Einschränkungen des Streikrechts debattiert. Die Gewerkschaften müssen sich auf einen ernsthaften Abwehrkampf gegen solche Angriffe vorbereiten.”