EVG vor der nächsten Tarifrunde

Für Lohnerhöhungen und kürzere Arbeitszeiten

Mitte Juni kamen die tarifpolitischen Ansprechpartner*innen und Tarifkommissionsmitglieder zu einer Auftaktveranstaltung der Berliner Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für die am 1. April 2025 startende Tarifrunde zusammen. 

Von Ronald Luther, Berlin

Die EVG-Mitglieder hatten in der letzten Tarifrunde mit 52 Prozent nur knapp dem Tarifabschluss zugestimmt, obwohl die EVG-Führung stark für eine Annahme geworben hatte. Sie zog daraus offensichtlich den Schluss, die Basis dieses Mal nicht in die Forderungsfindung und -beschlussfassung für die nächste Tarifrunde einzubeziehen. Statt breiter Debatten über die Forderungsfindung werden ab September Tarif-Seminare angeboten, in denen die Gewerkschaftsmitglieder „fit für die Tarifrunde“ gemacht werden sollen. Dort wird es dann darum gehen, wie die Tarifforderungen den Kolleg*innen am Besten verkauft werden. Geplant sind noch weitere Veranstaltungen, aber erst während(!) der Tarifrunde.

Gemeinsam kämpfen

Obwohl es keine Befragung der Basis gab, war man sich bei der Auftaktveranstaltung sicher zu wissen, was die Mitglieder wollen: die Verteidigung des EVG-Wahlmodells (die Kolleg*innen wählen, ob sie mehr Entgelt, mehr Urlaub oder weniger Arbeitszeit haben möchten) und die Neustrukturierung der Tarifverträge. Eine Neustrukturierung ist bestimmt sinnvoll, aber sie darf bei keinem und keiner Beschäftigten zu Lohnverlust oder schlechteren Bedingungen führen. Und wir brauchen Forderungen, für die wir gemeinsam kämpfen können: Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden in der Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich und eine satte Lohnerhöhung. Denn obwohl die EVG in der letzten Tarifrunde eine Lohnerhöhung von zwölf Prozent, mindestens aber 650 Euro, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten gefordert hatte, setzte sie nur eine Lohnerhöhung von 410 Euro bei einer Laufzeit von 25 Monaten durch. Die massiv angestiegene Inflation der letzten Jahre konnte damit nur geringfügig ausgeglichen werden und die Preise gehen nicht zurück, sondern steigen weiter. So sind Lebensmittel von Januar 2020 bis Mai 2024 um fast ein Drittel teurer geworden. Außerdem wurden die Reallohnverluste aus der Tarifrunde 2021 mit nur 1,5 Prozent Lohnerhöhung nicht ausgeglichen.

Für eine erfolgreiche Tarifrunde ist eine demokratische und transparente Einbeziehung aller EVG-Mitglieder in die Diskussion und Entscheidung über die zentralen Tarifforderungen nötig. Dazu muss die EVG-Führung unmittelbar zu Diskussionsveranstaltungen einladen und anschließend eine Abstimmung aller Gewerkschaftsmitglieder über die Forderungen ermöglichen.

Print Friendly, PDF & Email