Streit um Hamburger Hafenterminal

elblicht, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons

Geopolitik und Privatisierung

Die Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco an einem Hamburger Hafenterminal schlägt hohe Wellen. Was steckt dahinter?

von Torsten Sting, Rostock

Ursprünglich wollte die Reederei 35 Prozent des Terminals erwerben und hätte damit mit einer Sperrminorität strategischen Einfluss auf die Geschäftspolitik des Hamburger Hafens nehmen können. Eigentlich war der Deal zwischen Cosco und der Betreibergesellschaft HHLA schon in trockenen Tüchern. Als dieser publik wurde, entwickelte sich ein Machtkampf hinter verschlossen Türen im politischen Berlin. Dieser endete mit einem Kompromiss, der in der herrschenden Klasse umstritten ist. Nun darf die chinesische Reederei 24,9 Prozent des Terminals erwerben und hat damit keinen so großen Einfluss auf die Geschäfte auf Deutschlands größten Hafen.

Haltung zu China

In dieser Debatte widerspiegelt sich eine grundsätzliche Debatte, die jetzt auf das deutsche Kapital zukommt: Wie sollen die zukünftigen Beziehungen zum Reich der Mitte aussehen? Diese immer heftiger geführte Diskussion kommt nicht von ungefähr. Im Zuge des imperialistischen Krieges, den Putin gegen die Ukraine vom Zaune gebrochen hat, hat sichder überwältigende Teil der deutschen Kapitals auf einmal gezwungen gesehen, die Beziehungen zu Russland stark einzuschränken. Über Jahrzehnte wurde als Teil des internationalen Konkurrenzkampfes der Anteil des russischen Gases an der deutschen Energieversorgung ausgeweitet. Dies fällt in der aktuellen Situation den Herrschenden auf die Füße. Ein Teil des deutschen Kapitals ist nun der Meinung, dass daraus Schlussfolgerungen im Zusammenhang mit den Beziehungen zu China gezogen werden müssen. Insbesondere die Grünen drängen auf eine schärfere Gangart. Bundeskanzler Scholz, der den Deal mit Cosco politisch durchgesetzt hat und nun auf Staatsbesuch in Peking war, vertritt in dieser Frage sicher eher die Meinung jener großen deutschen Konzerne, deren Profite erheblich von China abhängen. China ist, gerade für die Autoindustrie, zu wichtig, um diesen Markt zu riskieren. VW wickelt 40 Prozent seines Umsatzes im Riesenreich um. Einige deutsche Konzerne, wie BMW oder Siemens, haben erst vor kurzem Milliarden in China investiert. Bei einer „Abkopplung“ stellt sich die Frage, wo stattdessen die Produkte verkauft werden sollen bzw. was mit diesen Investitionen passiert.

Eine andere Sicht

Interessant an der ganzen Debatte um den Hamburger Hafen ist, dass überhaupt nicht über den eigentlichen Kern des Ganzen gesprochen wird. Es handelt sich schlicht um den Verkauf von öffentlichem Eigentum! Es gibt daher gute Gründe den Einstieg von Cosco zu kritisieren, allerdings unabhängig davon, dass der Konzern aus China kommt. Cosco ist kein unbekanntes Unternehmen und steigt auch nicht zum ersten Mal bei einem namhaften Hafen ein. Im Jahre 2016 übernahm die Reederei Griechenlands größten Seehafen Piräus zu 100 Prozent. Die dortigen Gewerkschaften kritisieren den chinesischen Konzern, weil er Lohndumping betreibt und Kolleg*innen entlassen wurden, weil sie sich gewerkschaftlich engagierten. Diese Aspekte spielen in den Überlegungen, zum Beispiel der angeblich so an den Menschenrechten interessierten Grünen und anderer Heuchler keinerlei Rolle. DIE LINKE hat Recht, wenn sie diesen Ausverkauf kritisiert und sich für öffentliches Eigentum von „kritischer Infrastruktur“ ausspricht. Auch die Gewerkschaften sollten sich gegen die Privatisierung aussprechen und Kolleg*innen mobilisieren. Um die Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung zu befrieden, gibt es noch sehr viel mehr Konzerne und Banken von „kritischer“ Bedeutung. Doch öffentliches Eigentum dieser Konzerne sollte mit demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung einhergehen, damit wirklich im Interesse dieser gewirtschaftet wird.

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