Rheinmetall plant Panzerfabrik in der Ukraine

Kriegsprofiteure arbeiten an der Eskalation

In den vergangenen Monaten konnte man das Hin und Her um die Lieferung von Kampfpanzern durch NATO-Staaten an die Kriegspartei Ukraine verfolgen. Zunächst wurden politische Bedenken gepflegt, ob man mit der Lieferung modernster Waffen rote Linien überschreiten würde, ob sich dadurch aus juristische Sicht eine mittelbare Kriegsbeteiligung konstruieren ließe, die zu einer Ausweitung des Krieges über die Ukraine hinaus führen könnte.

Von Johannes Bauer, Köln

Jetzt ist die Katze aus dem Sack. Armin Papperger, der Vorstandsvorsitzende des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall, gab am 4.März bekannt, dass sein Unternehmen eine Panzerfabrik in der Ukraine errichten wird. Und erklärt im selben Satz, wie der Krieg gegen Russland gewonnen werden kann, nämlich mit 600 bis 800 Panzern aus seiner Fabrikation. Hier spielt also die Musik. Nicht Außen- oder Verteidigungsminister*in, oder der Bundeskanzler verkünden eine fundamentale Wende in der Außenpolitik, sondern der Manager eines Rüstungskonzerns.

Ende des Lavierens

Erst vierzehn, dann sechzehn Leopard 2-Panzer aus den Beständen der Bundeswehr wurden zugesagt, ein paar aus Polen, ein paar aus Spanien, so wurde peu á peu eine kampffähige Einheit zusammengekratzt. Das klang nicht nach Planung, das klang nicht nach Zielstrebigkeit. Bestenfalls konnte man den Eindruck erhalten, dass die entsprechenden Stellen tatsächlich Bedenken um eine Eskalation des Krieges hatten, vielleicht war das Material aber wirklich so knapp, so schwer zu mobilisieren. Zögern oder Unfähigkeit, es war nicht klar zu erkennen. Jetzt ist klar, dass im Hintergrund der Leopard 2-Diskussion ein viel größeres Rad gedreht wurde. Eine Panzerfabrik im Kriegsgebiet löst alle Probleme der beteiligten Parteien des Westens sehr elegant. Die Produktion eines modernen Kampfpanzers kommt in neuen Fertigungsanlagen auf die Gleise. Die Fertigung erfolgt in der Ukraine durch ukrainisches Personal, kann also vermutlich intern als Wirtschafts- oder Wiederaufbau-Hilfe verbucht werden. Im Kriegsland ist eine Baugenehmigung derzeit vermutlich auch einfacher und schneller zu erhalten, als beispielsweise in Deutschland. Die NATO-Staaten liefern keine Waffen, sondern Werkzeugmaschinen, sind also als Waffenlieferanten im engeren Sinne vom Haken. Die Fertigungs- und Reparatur-Logistik befindet sich räumlich dicht am Markt, dem strategischen Kriegsschauplatz Ukraine/Russland. Hier begann 2014 mit dem Euro-Maidan die Wendezeit, hier soll sie ausgekämpft werden. Frieden ist kein Ziel. War es nie. Es geht um die Schwächung Russlands bis zur wirtschaftlichen und militärischen Niederlage und darum, die Ukraine zu einem möglichst niedrigen politischen Preis als verlängerte Niedriglohn-Werkbank an die EU anzuschließen.

Kriegsgewinnler Armin Papperger

Armin Papperger, der seit 2013 Vorstandsvorsitzender von Rheinmetall ist, hat selbst keinen Kriegsdienst geleistet, ob er untauglich war, oder ob er als junger Mann den Kriegsdienst verweigert hat, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Seine Affinität zu Waffen ist jedoch nicht nur beruflicher Art, in seiner Freizeit ist Papperger Jäger. Er hat sein ganzes Berufsleben bei Rheinmetall verbracht und einen guten Teil seines Jahresgehaltes von mehr als zehn Millionen Euro hat er in Aktien seines eigenen Konzerns angelegt. Für knapp 9,3 Millionen Euro hat er insgesamt 110350 Aktien seines Unternehmens erworben. Nach dem Kursanstieg seit Beginn des Ukraine-Krieges hat sich deren Wert etwa verdreifacht. Mit seinem Vermögen von lausigen dreißig, vierzig oder fünfzig Millionen Euro ist Papperger noch kein Superreicher, aber ein ambitionierter Handlanger der wirklich Mächtigen. Müssen wir befürchten, Armin Papperger am Rande einer Friedensdemo zu treffen? Eher nicht!

Münchener Sicherheitskonferenz

Statt dessen war er Teilnehmer einer Veranstaltung, gegen die Linke und Pazifist*innen seit Jahrzehnten protestieren, der Münchener Sicherheitskonferenz 2023. Seit 1963 findet die Siko jährlich in München im Luxushotel Bayrischer Hof statt. Bei ihrer Gründung hieß die Siko noch Wehrkundetagung. Der Gründer, Ewald-Heinrich Hermann Konrad Oskar Ulrich Wolf Alfred von Kleist-Schmenzin, war im Zweiten Weltkrieg Offizier an der Ostfront gewesen und nahm an der Belagerung von Leningrad teil. Er stammt aus einer nationalkonservativen Adelsfamilie, sein Vater wurde als Widerständler des 20.Juli hingerichtet, er selbst soll als Attentäter vorgesehen gewesen sein. Nach dem Krieg war Kleist-Schmezin gut vernetzt mit Politikern und Wirtschaftslenkern, rief die Wehrkundetagung ins Leben und betrieb politisch und publizistisch mit Kameraden aus Wehrmacht und Waffen-SS Lobbyarbeit für die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik und gegen den ideologischen Feind seiner Zeit, die Staaten des Warschauer Paktes und deren vermeintliche innenpolitische Verbündete, die politische Linke. Heute ist die Siko die wichtigste militärpolitische Lobbyveranstaltung Europas. Der Teilnehmer*innenkreis besteht aus der Créme de la Créme der internationalen Außen- und Verteidigungspolitik sowie Wirtschaftsbossen aus Kriegsindustrie und damit verbundenen Wirtschaftszweigen (https://securityconference.org/msc-2023/teilnehmende/). Genau zwei Wochen nach der Münchener Sicherheitskonferenz gibt ein deutscher Konzernchef den Bau einer Panzerfabrik im Kriegsland Ukraine bekannt. Der Deal ist natürlich nicht auf der Siko beschlossen worden, aber man kann davon ausgehen, dass dort informell der Konsens zwischen den wichtigsten Akteuren überprüft worden ist.

Friedensbewegung muss politische Klarheit erzielen und handeln

Wenn der Bau der Panzerfabrik in der Ukraine in die Tat umgesetzt wird, wird das eine weitere Eskalation des Krieges bedeuten. Der ehemalige russische Präsident Medwedew hat bereits angekündigt, die Fabrik werde mit Salutböllern aus Kalibr-Marschflugkörpern begrüßt werden. Beide Kriegsparteien erhöhen den Druck auf dem Kessel und verengen die Perspektive für einen Waffenstillstand.

Die Stimmen gegen Krieg und Eskalation bekommen in den wichtigen Medien kaum Sendeplätze. Die Spaltungsbemühungen der Kriegsparteien und Kriegstreiber bestimmen häufig die Berichterstattung. Diejenigen, die gegen Waffenlieferungen und nicht endende Eskalation zu Wort kommen, weisen in der Regel nicht darauf hin, dass Krieg und die Verschlechterung der Lebenssituation der Arbeiter*innenklasse zwei Seiten derselben kapitalistischen Medaille sind.

So wie der Kampf gegen den Kimawandel und für ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrssystem mit guten Löhnen und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zusammen gehören, so gehört auch der Kampf gegen Krieg und Kapitalismus zusammen.

Am Klimastreiktag am 3. März 2023 kam es zu mehreren gemeinsamen Aktionen von Klimaaktivist*innen mit den Streikenden des öffentlichen Dienstes. Bündelung des Widerstandes über die Grenzen der einzelnen Bewegungsthemen ist der richtige Weg. Im Zentrum muss immer die Einbeziehung der Beschäftigten und der Gewerkschaften stehen, denn nur wenn sich der politische Widerstand an der wirtschaftlichen Basis der Gesellschaft formiert, kann er seine volle Wirkung entfalten. Die Friedensbewegung ist bisher noch weitgehend in Agonie und politischer Unklarheit gefangen. Auf der Kölner Solidaritätskundgebung zur Schwarzer/Wagenknecht-Demo am 25. Februar 2025 richteten die Hauptredner Margot Käßmann (Theologin) und Sevem Dagdelen (MdEP für die LINKE) ihre Appelle für Frieden noch an Außenministerin Baerbock, statt an die Selbstorganisation und Vernetzung der Arbeiternehmer*innen, Schüler*innen und Studierenden international. Unsere Vorschläge für die Anti-Kriegs-Bewegung finden sich hier.

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