Telekom: Tarifforderung voll durchsetzen!

Rekordgewinn des Konzerns für Lohnerhöhungen nutzen – Stellungnahme des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di

Wir dokumentieren hier das Flugblatt des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di zur aktuell laufenden Tarifrunde bei der Telekom:

Zwölf Prozent jedoch mindestens 400 Euro pro Monat bei zwölf Monaten Laufzeit, für Auszubildende und Dual Studierende 185 Euro mehr monatlich: Angesichts von über sechs Prozent Reallohnverlust in den letzten vier Jahren wird deutlich, dass diese Forderung keineswegs überzogen ist. Ein höherer Mindestbetrag wäre sogar gut gewesen, um niedrigere Einkommensgruppen stärker zu entlasten. 

Nun gilt es, die Kampfkraft bestmöglich zu entfalten, um die Forderungen voll durchzusetzen. Neben einem Reallohnausgleich geht es darum, die erwirtschafteten Gewinne denen zukommen zu lassen, die sie auch erarbeiten. 

Kampfkraft maximal nutzen

Die Telekom hat in vergangenen Jahren gezeigt, dass sie wenig Bereitschaft zu Zugeständnissen zeigt. Dabei hat das Unternehmen für das Jahr 2023 einen Rekordgewinn von 17,79 Milliarden Euro (2022: 8 Milliarden, 2021: 4,18 Milliarden) zu verzeichnen! 

Es ist gut, dass ver.di die Schlichtungsvereinbarung für die Telekom gekündigt hat. Man hat allein im letzten Jahr gesehen, wie die Dynamik des Arbeitskampfes beispielsweise im öffentlichen Dienst durch das Schlichtungsverfahren unterbrochen wurde und ein schlechterer Kompromiss vereinbart wurde. Gleichzeitig ist es wichtig, sich von unten zu vernetzen, um einem schlechten Ergebnis wie beispielsweise bei der Post im letzten Jahr entgegenzuwirken.

Mit der Ernennnung von „Tarifbotschafter*innen“ wurde ein Instrument geschaffen, über welches Kolleg*innen in den Betrieben mehr einbezogen werden sollen. Auf den Online Meetings fehlen aber die Möglichkeiten für offene Diskussion und Abstimmungen, und es wäre wichtig, dass Kolleg*innen auch als Vertreter*innen gewählt werden. Mit Beginn der Warnstreiks sollte es daher überall Streikversammlungen geben, auf denen auch über eine Kampfstrategie diskutiert und abgestimmt werden kann. Insbesondere im Verlauf der Tarifrunde sollten alle Angebote auf Versammlungen zunächst dargestellt und diskutiert werden und auch dort Abstimmungen über Annahme oder Ablehnung als Grundlage für die Diskussion in der Großen Tarifkommission erfolgen. Um die Diskussionen aus den Betrieben zusammenzutragen, wäre es am besten, wenn Streikdelegierte auf den Versammlungen gewählt und bundesweit zu einer Streikdelegiertenkonferenz zusammenkommen würden. So könnte ein Arbeitskampf  gestaltet werden, in dem die streikenden Kolleg*innen zu jedem Zeitpunkt demokratisch über den Verlauf und die nächsten Schritte bestimmen können.

Bereits in den vergangenen Wochen konnten neue Mitglieder für die Gewerkschaft gewonnen werden. Es sollte dieses Mal nicht – wie so oft – auf ein Ergebnis mit zwei Jahren oder mehr hinauslaufen, durch welche die Ergebnisse faktisch halbiert werden. Die Beschäftigten brauchen die deutliche Tabellenerhöhung jetzt und nicht irgendwann im nächsten Jahr – und auch nicht auf zwei Jahre verteilt. 

Streikstrategie und Solidarität

Es ist unwahrscheinlich, dass mit Warnstreiks genügend Druck aufgebaut werden kann, so dass die Telekom einlenkt und den Forderungen weitgehend zustimmt. Warnstreiks sollten genutzt werden, um zu mobilisieren und weitere Kolleg*innen für ver.di zu gewinnen. Dabei hilft es, alle gemeinsam an bestimmten Tagen rauszuholen und zunächst lokal und dann auf regionalen Streikkundgebungen zusammenzubringen. Spätestens im Mai sollte ver.di vorbereitet sein, eine Urabstimmung für einen Erzwingungsstreik einzuleiten. Gerade dafür sind vorher aufgebaute Strukturen mit den örtlichen Streikleitungen sowie bundesweiten Streikdelegiertenkonferenzen von enormem Vorteil. Denn so kann auch diskutiert werden, wie ein Erzwingungsstreik durchgehalten und der Druck erhöht werden kann. 

Wichtig ist auch, die Solidarität aus anderen Betrieben und Fachbereichen zu mobilisieren. Ein Erfolg der Beschäftigten bei der Telekom würde auch anderen Kolleg*innen helfen, die später im Jahr in weiteren Tarifauseinandersetzungen stehen, wie in anderen Telekom-Betrieben, z.B. dem Telekom-Privatkundenvertrieb und T-Systems, aber auch bei der Post oder im öffentlichen Dienst. Deshalb wird es immer wichtiger, betriebs- und branchenübergreifende Solidarität aufzubauen. 

Telekom rückverstaatlichen

Ständige Umstrukturierungen und die Erwartung permanenter Einsatz- und Veränderungsbereitschaft bei jederzeit abrufbarer hoher Leistungen und Servicequalität sind enorme Anforderungen, die die Kolleg*innen mit viel Engagement und Loyalität erbringen und dabei oft an ihre Grenzen kommen. Dabei hat sich der Druck auf die Beschäftigten im Zuge der Privatisierung und Marktorientierung enorm erhöht. Wenn gesagt wird, dass niedrigere Löhne und Stellenabbau aufgrund des Konkurrenzdrucks akzeptiert werden müssen, dann spricht das gegen das Prinzip von Konkurrenz und die Profitausrichtung, also gegen Privatisierungen. Der Konkurrenzdruck verursacht auch viel Verschwendung, zum Beispiel für Werbung und den parallelen Ausbau von Netzen und Transportketten durch verschiedene Unternehmen. Eine staatliche Telekom unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung von Beschäftigten, Gewerkschaften und Verbrauer*inneninitiativen könnte sowohl die Interessen der Verbraucher*innen besser berücksichtigen, wie auch die Arbeitsbedingungen deutlich verbessern. Ver.di könnte die Dynamik der Tarifrunde nutzen, um gemeinsam mit Verbraucher*inneninitiativen und dem gesamten DGB Veranstaltungen zu organisieren. Hier könnte über die Folgen der Privatisierungspolitik diskutiert werden und darüber, wie Infrastruktur und Kommunikationsdienste als Teil der Daseinsvorsorge zurück in Gemeineigentum überführt werden können. Darüber könnte auch die Solidarität in der Bevölkerung für den Streik gestärkt werden.

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