Solidarität mit Stuttgarter Jugendlichen

Kundgebung gegen Polizeirepression

Unter dem Motto: „Schluss mit Symbolpolitik und Überwachung – Für solidarische Pandemiepolitik” fand am Abend des 11.6. 2021 eine nicht genehmigte Kundgebung an der Freitreppe am Kleinen Schlossplatz in Stuttgart statt, zu der die Gruppen „Solidarität und Klassenkampf“ und „0711 – United against Racism“ aufgerufen hatten. Dieser Ort wird seit dem 2. Juni vor Samstag, Sonn- und Feiertagen von 22.00 – 6.00 Uhr abgesperrt (wie übrigens auch Plätze in Heidelberg und Tübingen). Ende Mai war es zu Auseinandersetzungen zwischen den dort sich, seit Jahren, treffenden Jugendlichen und der Polizei gekommen.

Von Stuttgarter Sol-Mitgliedern

Möchte der bürgerliche Staat auf dem Weg des geringsten Widerstandes Ruhe und Ordnung durchsetzen, so konstruiert er „gefährliche Gemengelagen“ (aus dem Brief der Stadt Stuttgart) und „Sonderschutzzonen“. Nachdem einige Aktivist*innenen und Kundgebungsinteressierte um kurz nach 19 Uhr auf die Treppe zogen und ihre Absicht erneuerten, diese Kundgebung doch abzuhalten, wurde zunächst per Polizeikette die Treppe, auf der noch zahlreiche Leute saßen, unten abgeriegelt. Da eine Person aber per Megafon die Absichtserklärung zur Aufrechterhaltung der Aktion an die zahlreich anwesenden Menschen am Kleinen Schlossplatz weiter ausführte, immer mehr Menschen dazu strömten und eine Kundgebung gegen das Verbot der Kundgebung spontan angemeldet wurde, fand diese, nach Diskussionen mit der Einsatzleitung, doch statt.

Die Durchsetzung des Demoverbots mit Polizeigewalt wäre angesichts der Menschenmassen in der Innenstadt gar nicht durchsetzbar gewesen. Obwohl dann in den Reden doch oft das verkürzte Feindschema gegen die bösen Cops (die letztendlich nur die sichtbaren Handlanger und Ausführenden, des bürgerlich, kapitalistischen Systems sind) vorkam, so wurden die ursächlichen Probleme doch oft benannt.

Da ist einerseits die Vertreibung von der Mehrzahl der in der Stadt lebenden Menschen aus den Innenstädten, in welche vermehrt versucht wird, eine konsumierende Klientel anzuziehen. Menschen, die nicht in einem angemessenen Maß konsumieren können oder wollen – und dazu zählen auch viele junge und arme Leute – werden so, wie auch bei der Wohnungsfrage, aus der Innenstadt an die Peripherie gedrängt.

Andererseits ist das ständige Praktizieren von „verdachtsunabhängigen Kontrollen“ durch die Polizei, die dann eben doch in den meisten Fällen „migrantisch aussehende“ Jugendliche im Bereich der Innenstadt betreffen, zunehmend als willkürlich und schikanös empfunden. Das verhängte Alkoholverbot im öffentlichen Raum ist eine Ausgrenzung von Menschen, die sich den Alkoholkonsum in Kneipen und Bars nicht leisten können.

Schikanen, die sich mittlerweile über das gesamte Stadtgebiet (Feuersee, Eckensee, Max-Eyth-See etc.) verteilen, führen dann, wie es auch die wenigen Sozialarbeiter*innen der Stadt beschreiben, zu Frust und Emotionen, die, wenn sie dann selten in Aggression umschlagen, wieder ausschließlich den Jugendlichen angelastet werden. Spätestens hier zeigt sich, und das kam in den Reden sehr oft zum Vorschein, dass die Polizei nicht „Freund und Helfer“ dieser jungen Menschen ist.

Anwesend bei der Kundgebung waren auch Mitglieder von DIE LINKE und Sol. Auch die Stadträte der linken Fraktion Hannes Rockenbauch und Luigi Pantisano waren anwesend. Die FrAKTION hat im Gemeinderat einen Antrag gegen die Sperrung der Freitreppe und das Alkoholverbot eingebracht

Begleitet wurde die Kundgebung durch das Einstreuen mehrerer Lieder und Intros des politischen Rappers S. Castro, die auch wegen ihrer inhaltlich offen angesprochenen gesellschaftlichen Probleme und Statements sehr gut ankamen und aufgenommen wurden

Dieser Abend hat gezeigt, wie wichtig Hartnäckigkeit und der Wille, eine politisch richtige Sache zu machen ist, um sich gegen regressive Maßnahmen durchzusetzen. Auch wurde durch den wiederholten Applaus der Jugendlichen auf der Treppe, auf die Reden und die Musik, sehr gut sichtbar, dass wenn man die Jugendlichen direkt anspricht und ihre Probleme ernsthaft benennt, diese auch gesellschaftlichen Zusammenhängen nicht abgeneigt und an diesen ernsthaft interessiert sind.

Es blieben auch in der Fußgängerzone sehr viele Leute stehen und hörten sich die Beiträge, die von der Kundgebung kamen, über längere Zeit an. Die Sol verkaufte acht Exemplare ihrer Zeitung „Solidarität“

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