Lützerath und der Kampf ums Klima

Warum der Kampf nicht vorbei ist – und welche Lehren zu ziehen sind

Lützerath ist ein Symbol im Kampf um eine nachhaltige Zukunft. Und ein Beweis, wie egal den Regierenden die eigenen Klimaziele sind. Denn wenn die Kohle unter dem Dörfchen abgebaggert und verfeuert wird, kann Deutschland das 1,5°C-Ziel nicht mehr einhalten. Doch mit der Niederwerfung des Widerstands in Lützerath und dem Abriss des Dörfchens ist der Kampf nicht vorbei.

Von Christian Walter, Aachen

Es war ein heißer Januar für die Klima-Bewegung. 8000 Polizist*innen wurden aus ganz Deutschland angekarrt (auch aus allen von der LINKEN mitregierten Bundesländern). Der Auftrag war klar: Lützerath räumen. Tausende stellten sich dem entgegen. Hunderte besetzten Häuser und Bäume. Barrikaden wurden gebaut und zwei Menschen harrten tagelang in einem Tunnel aus. Die Polizei ist für zahlreiche lebensbedrohliche Situationen verantwortlich. Menschen wurden verletzt und traumatisiert. Viele mehr erwartet jetzt Repression, um dafür zu sorgen dass sie die herrschende Ordnung nicht so schnell erneut herausfordern. Nach weniger als einer Woche war Lützerath geräumt.

Sol-Mitglieder aus verschiedenen Städten waren bei der Großdemo in Lützerath dabei.

Der Kampf war physisch nicht gewinnbar

Monatelang wurden Barrikaden, Baumhäuser und andere Strukturen geschaffen, um die Räumung zu erschweren. Viele hofften, dass die Polizei dank anwesender Presse gefährliche Situationen vermeiden würde – was nur teilweise aufging: Täglich wurden massive Verstöße gegen die Pressefreiheit gemeldet. Und teilweise wurden im Stundentakt lebensbedrohliche Situationen geschaffen, beispielsweise Sicherungsseile gekappt oder Bäume in der Nähe besetzter Strukturen gefällt. Doch selbst wenn die Polizei vorsichtiger gehandelt hätte: Gegen eine Armee von 8000 Polizist*innen konnte der Kampf nicht physisch gewonnen werden.

Enorme Solidarität

Es gab viele Petitionen, offene Briefe, Forderungen und zahlreiche Proteste, die sich gegen die Zerstörung Lützeraths aussprachen. Mitte Januar demonstrierten vor Ort 35.000 Menschen in strömendem Regen gegen die Räumung. Mehr wären gekommen, doch Polizei und RWE behinderten dies, so mussten Menschen kilometerweit zum Kundgebungsort laufen oder wurden durch Polizeikontrollen lange aufgehalten. Trotzdem war die Demo riesig und wichtig.

Massive Gewalt

Bei der Großdemo versuchten Tausende die zahlreichen Polizeisperren nach Lützerath zu überwinden und die letzten Besetzer*innen zu unterstützen – was durch massive Polizeigewalt vereitelt wurde. Demo-Sanitäter*innen sprachen von einem Einsatz unverhältnismäßiger Gewalt, darunter gezielten Schlägen auf Köpfe. Bereits im Vorfeld wurde das vom zuständigen Aachener Polizeipräsidenten (einem Grünen) angedroht: Sollten Menschen versuchen, nach Lützerath zu gelangen „werden wir sehr unschöne Bilder haben“.

Sol-Mitglieder beim Lützerath-Soli-Protest in Stuttgart

Der Kampf ist nicht vorbei

Es ging nie um das Dörfchen Lützerath, sondern um die Kohle darunter. In der Bewegung gilt jetzt zurecht der Slogan: Solange die Kohle im Boden ist, ist der Kampf nicht vorbei. Und der Kampf darum ist lange noch nicht entschieden.

Die richtigen Lehren ziehen

Im Kapitalismus zählt vor allem der schnelle Profit. Und der ist in der Regel nicht mit dem Klimaschutz vereinbar. So einfach diese Formel ist, so wichtig ist es, sie zu verinnerlichen – und nie wieder Hoffnung in bürgerliche, pro-kapitalistische Kräfte zu verschwenden. Die Grünen haben bewiesen, dass diese verschenkt ist. Stattdessen ist es nötig, eine starke Bewegung aufzubauen, die nicht nur mehr Klimaschutz fordert, sondern das Übel an der Wurzel angeht. Das heißt: Den Kapitalismus abzulehnen und daran zu arbeiten, ihn zu überwinden.

Zentral ist dabei die Arbeiter*innenklasse. Einerseits, weil die Sorge vor Arbeitslosigkeit angesichts nötiger Klimaschutz-Maßnahmen ausgenutzt wird, um Betroffene gegen Klima-Proteste aufzubringen. Die Klima-Bewegung hat vor allem bei Industrie-Arbeiter*innen keinen guten Ruf. Das schwächt die Bewegung. Würde sie fordern, die Konzern-Profite zu nutzen, um allen von Arbeitslosigkeit bedrohten Kolleg*innen gleichwertige Ersatzarbeitsplätze zu garantieren, und würde sie die Brücke zu gewerkschaftlichen Kämpfen schlagen, könnte das korrigiert werden. Andererseits weil die Beschäftigten der klimaschädlichen Betriebe diese selbst am besten lahmlegen könnten und gemeinsam mit anderen Teilen der Arbeiter*innenklasse den Kapitalismus herausfordern können. Denn es ist nötig, eine Alternative zum Kapitalismus zu formulieren. Sie ist so einfach wie naheliegend: Die Wirtschaft nicht nach Profiten, sondern demokratisch nach Bedürfnissen von Mensch und Natur organisieren. In öffentlichem Eigentum statt privatem. Geplant statt in Konkurrenz. Sozialistisch.

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