Wie weiter für Die Linke?

Nach Wagenknecht: Die Krise der Partei ist nicht beendet

Sahra Wagenknecht und ihre Anhänger*innen haben Die Linke verlassen. Seitdem hat es über eintausend Eintritte in Partei gegeben, doch ihre Krise wird die Partei nur dann überwinden, wenn sie einen Kurswechsel vollführt. Damit ist aber nicht zu rechnen.

Von Jens Jaschik, Sol Dortmund

Fakt ist, dass Die Linke in den letzten zwei Jahren weitaus mehr Mitglieder verloren hatte. In manchen Regionen ist die Partei inzwischen inaktiv. Viele hoffen, dass mit dem Austritt von Wagenknecht, die nun ihre eigene Partei gründen will und den aktuellen Neueintritten ein Aufbruch beginnt, der die LINKE zu alter Stärke zurückführt. Aber der Konflikt mit Sahra Wagenknecht war nicht die Ursache der Probleme der Partei. Weder zum Ukraine-Krieg, dem Krieg gegen Gaza oder die Frage der Regierungsbeteiligung mit prokapitalistischen Parteien gibt es in der Linken eine einheitliche Position.

Außerdem: Ein Zustrom von Aktiven, die bisher nur wegen Wagenknecht nicht eingetreten sind und aus den Bewegungen gegen Rassismus, Sexismus und Klimawandeln kommen, bedeuten nicht automatisch eine Stärkung der Linknen, wenn die Partei nicht auch in der Arbeiter*innenklasse an Unterstützung gewinnt. Die Linke muss unbedingt auf die Lohnabhängigen orientieren, statt sich in einer linken Filterblase zu verlieren. Linke Initiativen in sozialen Bewegungen sind kein Ersatz zur potentiellen Macht der Arbeiter*innenbewegung. Ein Studie der Washington Post hat 2019 ergeben, dass innerhalb von 100 Jahren unter 150 Ländern der Welt überall dort demokratische Rechte und soziale Verbesserungen erkämpft wurden, wo die (industrielle) Arbeiter*innenklasse auf die Bühne trat. Um diese zu mobilisieren ist aber eine andere Politik als bisher nötig.

Sozialistische Politik

Die Linke müsste sich in klarer Opposition zur herrschenden Politik stellen, in den Bewegungen und Gewerkschaften für einen kämpferischen Kurs eintreten, und eine politische Alternative zum Establishment formulieren. Dafür müsste sie aufhören, den Kapitalismus in den Landesregierungen mitzuverwalten und Sozialkürzungen mitzutragen. Opposition zum Kapitalismus darf nicht nur in Worten bestehen. Ein sozialistisches Programm gegen Krieg, Krise und Kapitalismus ist nötig, muss aber auch in konkrete Kämpfe umgesetzt werden, in denen die Interessen der Arbeiter*innen und sozial Benachteiligten ausschlaggebend sind und nicht die so genannten Sachzwänge im Kapitalismus. Ein solcher Kurswechsel könnte zusammen mit einer neuen Schicht an Aktivist*innen auch die verknöcherten Strukturen aufbrechen, die auf allen Ebenen oftmals existieren.

Doch diese Perspektive scheint unwahrscheinlich. Die Krise der Partei und die Unfähigkeit, auf die aktuellen Krisen klare Antworten zu formulieren, hat dazu geführt, dass das rechte Reformer*innen-Lager seine Vorherrschaft in der Partei festigen konnte. Zusammen mit der innerparteilichen Strömung der Bewegungslinken stellen sie die Führung der Partei und sind bereit, an einem „Weiter so“ festzuhalten, also beispielsweise auch die bisherige Politik von Regierungsbeteiligungen mit prokapitlaitischen Parteien. 

Als eine Stärke der Linken werden immer wieder die Regierungsbeteiligungen in Bremen und Thüringen, wo man „Verantwortung“ übernehme, angeführt – Verantwortung den Kapitalismus mitzuverwalten und Sozialkürzungen und Abschiebungen umzusetzen. Bis jetzt hat das Land Thüringen unter Bodo Ramelow jeden Bund-Länder-Beschluss mitgetragen. Weil sich Regierungen mit Linke-Beteiligung nicht qualitativ von anderen Regierungen unterscheiden, wird die Partei mittlerweile von den meisten Menschen als Teil des Establishments betrachtet. 

Gleichzeitig ist es zu einer Stärkung von Identitätspolitik in Teilen der Partei gekommen.Das wird es auch erschweren, in der Arbeiter*innenklasse die Verankerung auszubauen. Der. gerade vielfach bejubelte Eintritt von 500 selbsternannten Linksradikalen könnte dieses Problem noch verstärken, auch wenn dies Kräfte mit einigen guten Positionen in die Partei eingetreten sind, wie die Ablehnung von Regierungsbeteiligungen. 

Sozialistische Massenpartei nötig

Als Sozialistische Organisation Solidarität sind wir bereit mit jedem – egal ob Mitglied der Linken oder nicht – für ein sozialistisches Programm zu kämpfen und intervenieren in die Kämpfe unserer Klasse. Die Arbeiter*innenklasse braucht eine sozialistische Massenpartei, die ihre Interessen verteidigt, ein Forum zum Austausch und Diskussion bietet und einen Weg vorwärts aufzeigt. Mit der Spaltung und der Krise der Linken ist die Partei wahrscheinlich nicht mehr der wichtigste Ansatzpunkt für die Entwicklung einer solchen Massenpartei. Erst soziale Explosionen und Massenbewegungen werden zur einer neuen Arbeiter*innenpartei führen. Teile der Linken können dabei eine Rolle spielen.

Bis dahin gilt es für Linke und Sozialist*innen, an unterschiedlichsten Stellen an der Entwicklung dieser Kämpfe zu wirken; in den Gewerkschaften am Aufbau einer klassenkämpferischen Vernetzung zu wirken; sozialistische Propaganda und Bildungsarbeit zu leisten, um sozialistisches Bewusstsein unter Aktivist*innen und in Teilen der Arbeiter*innenklasse wieder zu stärken; da, wo es erfolgversprechend ist, innerhalb der LINKEN um sozialistische Positionen ringen und exemplarische Arbeit leisten und in Diskussion bleiben, um Lehren aus der Entwicklung der Linkspartei zu ziehen und es beim nächsten Anlauf besser zu machen.Gleichzeitig werden wir alles daran setzen, unsere marxistische Organisation aufzubauen. Denn wir sind davon überzeugt, dass Erfolg und Misserfolg zukünftiger breiter linker Parteiprojekte und Anläufe für eine Arbeiter*innenpartei nicht zuletzt davon abhängen werden, wie stark marxistische Kräfte diese beeinflussen können.

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