Österreich: Kommunistischer Wahlerfolg in Salzburg erwartet

Foto: KPÖ

KPÖ+-Kandidat Dankl möglicher nächster Bürgermeister?

Die Salzburger KPÖ+ liegt in einer guten Ausgangslage für die Gemeinderatswahl in der Stadt Salzburg und könnte nach Graz mit einem weiteren Erfolg aufwarten. Denn bei den Landtagswahlen letztes Jahr hat die KPÖ+ in Salzburg nicht nur landesweit über 11% gewonnen, sondern sie hat in der Stadt Salzburg auch ein sensationelles Ergebnis von über 21% erreicht. Diese Unterstützung hat sie sich – wie in Graz – durch konsequente Kampagnen rund um die Frage von Wohnen und Lebenshaltungskosten erarbeitet und dadurch, dass ihre Mandatsträger*innen nur ein Durchschnittsgehalt annehmen. 

Von Harald Teppan und Laura Rafetseder, Sozialistische Offensive in Salzburg Wien

In Salzburg wird der/die Bürgermeister/in, anders als in Graz, direkt gewählt. Die KPÖ+ in Salzburg könnte sowohl bei den Gemeinderatswahlen gut abschneiden, als auch in die Stichwahl für den Bürgermeister kommen. Im Dezember lag KPÖ+ im Land Salzburg bei einer Umfrage für eine Landtagswahl bereits bei 15% (gegenüber 11% bei der Landtagswahl 2023). Für die Stadt Salzburg gibt es leider im Moment keine Umfragen. Manche Medien gehen aber davon aus, dass es in der Bürgermeister/innenwahl zu einer Stichwahl zwischen Dankl und SPÖ-Kandidat Auinger kommen könnte, andere schreiben von einem Dreikampf zwischen ÖVP-SPÖ-KPÖ+. Fakt ist: Es wird erwartet dass KPÖ+ sehr gut abschneidet. In Zeiten, in denen die FPÖ bundesweit die Umfragen anführt und eine FPÖ-geführte Bundesregierung droht, ist dies ein extremer Lichtblick für viele – in die KPÖ+ werden Hoffnungen gesetzt werden. Wenn die KPÖ+ in Salzburg gut abschneidet, kann das ein Booster für die KP bei den EU-Wahlen sein und im weiteren dann für die Nationalratswahl. Aber das ist kein Selbstläufer – es kommt auch darauf an, was die KPÖ+ dann konkret macht.

Lehren aus Graz

Es ist also davon auszugehen, dass die KPÖ+ ihre Gemeinderatsmandate vermehrt. Ob sie den Bürgermeister/innensessel gewinnt, ist aber offen. Die Bürgermeister/innen-Direktwahl in Salzburg bedingt die Schwierigkeit, dass es möglich ist, dass ein/e Bürgermeister/in keine Fraktion mit Mandatsmehrheit hinter sich haben könnte. Als direkt gewählte/r Bürgermeister/in können womöglich nur sehr wenige Fragen ohne Mehrheit im Gemeinderat umgesetzt werden. Daraus leitet sich dann auch ein Druck auf unterschiedlichste „Koalitionen“ zur Realpolitik ab.

KPÖ+ sollte sich daher nicht wie in Graz auf eine Koalition mit SPÖ und Grünen, die prokapitalistische Parteien sind, einlassen, sondern sollte auf Einzelfallentscheidungen bestehen. Das bedeutet, dass es kein Koalitionsübereinkommen oder Arbeitsübereinkommen gäbe, sondern in jeder Frage einzeln entschieden würde. Aber entscheidend ist, dass KPÖ+ für das eigene Programm und Ideen die Betroffenen und Bevölkerung mobilisiert. Denn entscheidend ist, ob hinter den agierenden Personen eine Bewegung steht.

In Graz hat die Koalition mit SPÖ und Grünen bereits dazu geführt, dass die KPÖ nach kapitalistischen Spielregeln spielt.  SPÖ und Grüne halten sich nach Punkt und Beistrich an die kapitalistischen Budgetregeln. Die KPÖ Graz hat zwar die Erhöhung der Gemeindebaumieten im Gegensatz zur Gemeinde Wien auf 2% begrenzt. Aber im Öffentlichen Dienst hat die KPÖ unter Druck ihrer Koalitionspartner Nicht-Nachbesetzung von Pensionierungen umgesetzt, was eine indirekte Form des Personalabbaus ist, der sich ja im Moment auch in vielen kapitalistischen Unternehmen abspielt.

Die KPÖ Graz hätte stattdessen auf bedarfsgerechte Budgets und deren Durchsetzung durch eine Bewegung von unten setzen müssen, um mehr Mittel vom Bund im Finanzausgleich zu erzwingen, statt Rücksicht auf kapitalistische Sachzwänge zu nehmen und Stellvertreterpolitik zu machen. Damit hätten sie ein Beispiel für andere Bundesländer und Städte setzen können und diese inspirieren, für mehr Mittel zu kämpfen.  Der Rahmen und Möglichkeiten für Stellvertreterpolitik im Rahmen des Kapitalismus werden aber durch diese Krise immer kleiner und Versuche, Politik im Interesse der arbeitenden Bevölkerung zu machen, können ohne Kampf schnell stecken bleiben.

Wie eine solche Mobilisierung der Bevölkerung gehen kann, hat  in den 1980ern z.B. in England der Liverpooler Stadtrat gezeigt. Dieser hat gleichzeitig mit Massenmobilisierungen Druck auf die damalige Premierministerin Thatcher für mehr Geld aufgebaut und das mit der Idee des Kampfes für eine echte sozialistische Gesellschaft verbunden. Genau das ist angesichts der multiplen Krise des Kapitalismus heute nötiger denn je.

Wie die Mandate einsetzen?

KPÖ+ in Salzburg hat ein sehr detailliertes Wohnprogramm vorgelegt, das sich deutlich von denen der anderen Parteien abhebt und auf leistbares Wohnen abzielt. Es benötigt allerdings Klassenkampf und Mobilisierung, um dieses durchzusetzen, auch und besonders, wenn sie nicht den Bürgermeister/innensessel erreicht. Denn die KPÖ+ wird sehr wahrscheinlich mehr als einen Gemeinderatsmandat erzielen und eventuell sogar eine Gemeinderatsfraktion bilden. Die KPÖ in Graz hat über Jahre hinweg ihre lokale Arbeit um das Thema Wohnen aufgebaut. Sie hat dies aber auf der Basis eines Zugangs getan, der sich oft auf “Helfen statt Reden” beschränkt hat – anstatt auf “Kämpfen statt Reden”, was eigentlich nötig wäre. Die KPÖ+ in Salzburg orientiert sich sehr stark an diesem Zugang und versucht Bürgerservicepolitik zu machen. Aber mit einer starken Gemeinderatsfraktion ist es möglich, die Bevölkerung um Fragen wie Wohnen stärker zu mobilisieren und in einer Kampagne zu organisieren, mit Demonstrationen und Kundgebungen. Positionen in Gemeinderäten, lokalen Parlamenten etc. sollten als Bühne für den Klassenkampf genutzt werden, und um eine Bewegung für eine Verbesserung der Lebensbedingungen durch eine Erhöhung des Finanzkostenausgleichs von Seiten des Bundes aufzubauen, aber auch damit die vorhandenen Gelder im Interesse der arbeitenden Bevölkerung eingesetzt werden und nicht im Interesse der Unternehmen.

FPÖ und ÖVP fahren im Moment einen antikommunistischen Wahlkampf mit Slogans wie “Eigentum statt Enteignung”. Dankl hat bereits im Landtagswahlkampf die Rolle des “netten Kommunisten von nebenan” gespielt und wie in Graz betont, dass die Leute die KP in der Praxis kennen und nicht fürchten würden. Aber in Wirklichkeit sollte man die antikommunistische Hetze benutzen, um zu erklären, was Sozialismus wirklich sein könnte und warum im Ostblock nicht die Idee von Sozialismus gescheitert ist, sondern der Stalinismus.

Kampf organisieren

Wir rufen auf, die KPÖ+ im Gemeinderatswahlkampf in Salzburg 2024 zu wählen. Aber die KPÖ hat dort, wo sie lokal Einfluss und Posten hat, eine große Verantwortung. Wenn sie die Hoffnungen der Menschen enttäuscht, kann das die Rechte stärken und sozialistische Ideen schwächen. Es ist nötig, dass eine linke Stadtregierung sich nicht an die Spielregeln des Kapitalismus hält, sondern sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Linke Gemeinderäte sollten die Menschen mobilisieren und mit ihnen gemeinsam eine Bewegung und einen Kampf organisieren. Die KPÖ hat in Salzburg die Möglichkeit, ein Beispiel für den Kampf zur Verteidigung des Lebensstandards zu geben, indem sie eine solche Bewegung aufbaut, aber das erfordert einen sozialistischen Ansatz, der bereit ist, den Kapitalismus herauszufordern.

Bundesweite Alternative?

Was in Graz und Salzburg passiert, ist aber auch von Bedeutung für den Rest von Österrreich, auch in Hinblick auf den Aufbau einer starken Linken und einer echten sozialistischen Alternative. Wir betonen seit Jahren, dass es eine neue Arbeiter/innenpartei braucht um das Vakuum auf der Linken zu füllen. Auch wenn die KPÖ+ nun in Ansätzen das Vakuum füllt, kann das erstens temporär sein und hat sie auch die Verantwortung, jenen, die z.B. auch auf Babler schauen, mehr anzubieten als “schließt euch KPÖ+ an”. Wie das im Details aussehen kann, kann das Ergebnis einer gemeinsamen Debatte sein. Wir haben letztes Jahr vorgeschlagen, dass die KP zu einer Aktivist/innenkonferenz aufrufen könnte, die Aktivist/innen, Gewerkschaftsaktivist/innen und andere anspricht, in Hinblick darauf, wie langfristig eine linke Alternative zur Gefahr von Rechts und eine sozialistische Bewegung aufgebaut werden kann. Eine solche könnte sich auch an die Unterstützer/innen von Babler wenden, die sehen, dass es in der SPÖ keine grundlegende Veränderung gibt. Dies könnte auf Basis eines Erfolgs der KPÖ+ in Salzburg noch stärkere Ausstrahlungskraft entwickeln. Die Sozialistische Offensive würde dafür eintreten, dass eine solche Kraft ein sozialistisches Programm und Methoden braucht, um eine echte Alternative zum Kapitalismus darzustellen.

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