Rassismus kommt nicht nur von der AfD und den Nazis

Foto: Chris Grodotzki / Campact, https://www.flickr.com/photos/campact/37826236702/ CC BY-NC 2.0

Staat und bürgerliche Parteien verschärfen Politik gegen Migrant*innen

Rechtsextreme Straftaten nehmen weiterhin zu. 2024 erreichten sie mit beinahe 34.000 von der Polizei bisher registrierten Fällen einen neuen Höchststand, was eine Steigerung von fast 18 Prozent im Vergleich zu 2023 ist. Ein Großteil davon sind sogenannte Propagandadelikte, aber immerhin 1136 davon waren Gewaltdelikte, was einen leichten Rückgang im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.

von Merlin Koller, Hamm

In Magdeburg kam es seit dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt täglich zu rassistisch motivierten Straftaten. Grund dafür ist, dass eine Verbindung zwischen dem Anschlag und der saudischen Herkunft des Täters hergestellt wurde und Rassist*innen sich daher motiviert fühlen, loszuschlagen. Die bürgerlichen Medien spekulierten unmittelbar nach der Tat über einen islamistischen Hintergrund und prägten damit das Bild von gefährlichen Migrant*innen und sogenannter „importierter Gewalt“. Dieser Schuss ins Blaue stellte sich jedoch als falsch heraus. Der Attentäter ist bekennender AfD-Unterstützer und seine Motive hatten einen islamfeindlichen Hintergrund. Die Sondersendungen zu rechtsextremem Terrorismus blieben jedoch aus. Die rechtspopulistische AfD schiebt den Grund für den Anschlag trotzdem auf die Herkunft des Täters und Migrant*innen in Magdeburg werden Opfer von Übergriffen. Oder anders ausgedrückt: Die rassistische Propaganda der AfD führt zu rechtem Terror, welcher wiederum als Vorwand für noch mehr rassistische Propaganda dient, die dann zu mehr rechter Gewalt führt.

Der Rassismus der AfD

Dabei ist die AfD die Partei im Deutschen Bundestag, die in ihren Forderungen am offensivsten Stimmung gegen Geflüchtete und Migrant*innen macht und dabei immer abenteuerlicher wird. Im Wahlkampf verteilt die AfD Abschiebetickets, um Migrant*innen Angst einzujagen. In ihrem Wahlprogramm fordert sie eine „Remigration“ – dieser Begriff suggeriert die Abschiebung nicht „nur“ von Geflüchteten, sondern auch die Ausweisung von allen Migrant*innen und selbst von deutschen Staatsbürger*innern mit Migrationshintergrund. Niedergeschrieben wird man das so offen zwar nicht finden, intern wird aber über die Ausweisung von jedem dritten deutschen Staatsbürger bzw. jeder dritten Staatsbürgerin fantasiert.

Gleichzeitig steht die AfD für Maßnahmen, mit denen sie sich bei den Reichen besser beliebt machen kann, als mit dem Wegfall einer hohen Zahl an Arbeitskräften, wie der Entzug jeglicher finanzieller Unterstützung für Geflüchtete. Das würde sie de facto dazu zwingen, jede erdenkliche Arbeit anzunehmen und sie wären den Unternehmer*innen schutzlos ausgeliefert. Sie wären dann gezwungen, die härtesten und unangenehmsten Arbeiten für einen minimalen Lohn und unter schlechtesten Bedingungen auszuüben. Das würde nicht nur Geflüchteten schaden, sondern auch der gesamten Arbeiter*innenklasse, deren Löhne dadurch gedrückt würden. Profitieren würden nur die Reichen.

Der Rassismus der deutschen Behörden

Dabei geht Rassismus nicht nur von der AfD und faschistischen Organisationen und Personen aus. Rassismus ist tief im kapitalistischen Staat verwurzelt – durch Sondergesetze für Migrant*innen und systematische Ungleichbehandlung. Staatsorgane handeln immer wieder rassistisch, wie sachgrundlose Personenkontrolle aufgrund des Äußeren („Racial Profiling“) oder Diskriminierungen auf Ämtern immer wieder zeigen. Im Strafverfahren um den 16-jährigen Mouhamed Dramé, der von einem Polizisten mit einer Maschinenpistole erschossen worden war, wurden alle angeklagten Polizist*innen freigesprochen. Damals wurde die Polizei gerufen, da sich Dramé ein Messer an den Bauch gehalten hatte. Statt ihm zu helfen, attackierten ihn die Beamt*innen erst mit Pfefferspray und Tasern, bevor einer von ihnen die tödlichen Schüsse abgab. Dies ist leider kein Einzelfall. Der Fall Dramés oder auch der bis heute unaufgeklärte Mord an Oury Jalloh in einer Polizeizelle stellen nur die Spitze eines Eisbergs rassistischer Polizeigewalt und Schikane dar.

Der Rassismus der bürgerlichen Parteien

Im aktuellen Wahlkampf verwendet die CSU ein Wahlplakat mit dem Slogan „Abgelehnte Asylbewerber konsequent abschieben“. Als Hintergrund dient ein Passagierflugzeug. Design und Wahlspruch sind fast eine Kopie von einem NPD-Plakat aus den 2010er Jahren. Damals hätte ein weitgehender gesellschaftlicher Konsens bestanden, dass das Rassismus ist, heute nutzt diesen eine Partei, die als Teil der „bürgerlichen Mitte“ gilt.

Währenddessen hat die CDU auf Initiative von Kanzlerkandidat Friedrich Merz ein Papier veröffentlicht, das die Aberkennung der Staatsbürgerschaft für straffällige Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft fordert. Das würde auch Menschen mit Migrationshintergrund treffen, die hier geboren sind und deren Familien schon in dritter oder vierter Generation in Deutschland leben. Laut CDU soll diese Strafe im Falle von „schweren Straftaten“ verhängt werden. Was eine „schwere Straftat“ ist, bleibt allerdings offen. Willkür und rassistischen Urteilen werden damit Tür und Tor geöffnet. Das Prinzip gleicher Rechte für Staatsbürger*innen wird aufgehoben. Gefährlich sind an dem Vorhaben aber nicht nur die direkten Auswirkungen für Verurteilte, sondern auch die Stigmatisierung von allen migrantischen Personen als potenzielle „schwere Straftäter*innen“, die so gefährlich wären, dass Sondergesetze gegen sie erlassen werden müssten.

Einwand kommt sogar vom SPD-geführten Innenministerium. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die SPD zusammen mit Grünen und FDP über die letzten Jahre eine ebenso rassistische Politik in der Praxis durchgesetzt hat. Und auch nach dem Regierungswechsel in Syrien wurden unmittelbar Stimmen aus allen bürgerlichen Parteien laut, dass man ja jetzt darüber nachdenken könne, nach Syrien abzuschieben – ein Land, in dem gerade eine islamistische Miliz die Macht übernommen hat.

Währenddessen sorgen dieselben Parteien, von Grüne und SPD bis CSU, mit ihrer unsozialen Politik auf Kosten der Arbeiter*innenklasse und der Armen dafür, dass sich immer mehr Menschen von der sich als Anti-Establishment-Partei auftretenden AfD angesprochen fühlen. Diese bietet zwar kein Programm im Sinne der Arbeiter*innenklasse, sondern im Gegenteil massive Verschlechterungen, schafft es aber, als Fundamentalopposition aufzutreten und schiebt die Schuld für die schlechte Lebenslage vieler Menschen den Geflüchteten zu.

Auch das BSW bläst in dasselbe migrant*innenfeindliche Horn, wenn es im Bundestagswahlkampf weniger Einwanderung fordert und nach dem Messerattentat von Aschaffenburg – ausgeführt von einem nach bisherigem Erkenntnisstand psychisch kranken Mann ohne politische Motive – einen Kurswechsel in der Geflüchtetenpolitik fordert, als ob das solche Taten verhindern könnte.

Die Linke wählen…

Die einzige große Partei, die nicht dabei mitmacht, das Recht auf Asyl wiederherstellen möchte und sich für eine einfachere Anerkennung und eine Arbeitserlaubnis für Geflüchtete einsetzt, ist Die Linke. Auch deshalb muss Die Linke wieder in den Bundestag kommen: um rassistischen Gesetzen auch auf der Bühne des Parlaments entgegenzutreten, durch parlamentarische Anfragen den Rassismus offenzulegen und damit und auch mit ihren Ressourcen antirassistische Bewegungen und Kämpfe zu unterstützen.

Aber auch Die Linke hat sich im Rahmen der Landesregierungen, an denen sie sich beteiligt bzw. beteiligt hat, vieler Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse schuldig gemacht. Darunter auch das Abschieben von Geflüchteten. Das kommt daher, dass sie in ihrer Rolle als Regierungspartei die bestehenden Zustände verwaltet hat, anstatt diese herauszufordern. Es wird deutlich: Das Problem ist ein systemisches.

…und aktiv werden gegen den Kapitalismus

Und dieses System hat einen Namen: Kapitalismus – ein System in der Krise. Und in dieser Krise nimmt der Versuch der Herrschenden zu, von ihrer eigenen Verantwortung für die vielen gesellschaftlichen Missstände dadurch abzulenken, dass Migrant*innen zu Sündenböcken gemacht werden und dadurch auch die Arbeiter*innenklasse entlang nationaler und religiöser Linien zu spalten, um so wiederum gemeinsame Gegenwehr zu erschweren.

Die Arbeiter*innenklasse hat keinen Vorteil von einer Politik gegen Geflüchtete oder andere Minderheiten. Aber es gibt eine Gruppe von Menschen, in deren Interesse es ist, uns zu spalten. Die Reichen versuchen, uns unsere Kampfkraft zu nehmen, indem sie unterschiedliche Teile der Arbeiter*innenklasse gegeneinander aufstacheln und gegeneinander um das Wenige kämpfen lassen, was wir haben. Wir dürfen dieses Spiel nicht mitspielen! Kein Geflüchteter schließt Krankenhäuser oder streicht Stellen. Das machen die Kapitalist*innen und die Parteien, die diese vertreten. Wenn wir für ein besseres Leben kämpfen wollen, kann das nur zusammen gehen. Dafür reicht es nicht, ein Kreuz bei der Linkspartei zu machen, sondern es ist wichtig, selbst aktiv zu werden, also auf die Straße zu gehen und sich zu organisieren: in den Gewerkschaften, in der Linken, bei Jugend für Sozialismus und in der Sol.