Buchtipp: Trumps Triumph?

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Ingar Solty gelingt eine klassenpolitische Analyse der USA

Nur wenige Wochen nach der Amtseinführung Donald Trumps zum Präsidenten der USA legt der VSA-Verlag diese 110 Seiten umfassende „Flugschrift“ des Referenten der Rosa-Luxemburg-Stiftung Ingar Solty vor, die einen hervorragenden Überblick über die Gründe für die Wahl Trumps und die Verhältnisse in den USA liefert.

von Sascha Staničić

Solty analysiert die sozialen und ökonomischen Gründe für Trumps Erfolg und stellt dar, dass dieser angesichts der realen Zahlen kein starkes Mandat gewonnen hat, sondern die Demokrat*innen vielmehr diese Wahl verloren haben. Er weist nach, dass es in den USA zwar eine politische Rechtsentwicklung, aber keine gesellschaftliche gibt – eine Mehrheit der US-Amerikaner*innen ist zum Beispiel dafür, dass „die meisten undokumentierten Einwanderer in den USA eine Chance erhalten sollten, legalen Aufenthaltsstatuts zu bekommen“. Der Autor stellt auch die vielen Volksabstimmungen dar, die am Tag der Präsidentschaftswahlen stattfanden und bei deren großer Mehrheit zum Beispiel das Recht auf Abtreibung und höhere Mindestlöhne Mehrheiten fanden. Und er analysiert die Wahlbeteiligung und kommt zu dem Ergebnis, dass dieser nur die „Stimmen von 28 Prozent der potenziell wahlberechtigten Bevölkerung“ erhielt.

Solty beschreibt die Politik Joe Bidens als die größten Sozialprogramme seit Franklin D. Roosevelt und nennt diese zu Unrecht „radikal“, weist aber auch darauf hin, wie weit sie von Roosevelts Keynesianismus entfernt war, der die Kapitalertragssteuern von 11 Prozent im Jahr 1931 auf vierzig Prozent 1941 und den Spitzensteuersatz von 24 auf 91 Prozent erhöht hatte. Biden hingegen nahm nicht einmal die unsozialen Maßnahmen Trumps zurück.

Solty legt dar, wie die prokapitalistische Identitätspolitik der Demokraten Trump in die Hände spielte und zitiert dazu den ehemaligen Chefberater Trump Stephen Bannon aus dem Jahr 2017: „Solange die Demokraten über Identitätspolitik sprechen, habe ich sie in der Falle. Ich will, dass sie jeden Tag über Rassismus sprechen. Wenn die Linke sich auf Rassismus und Identität fokussiert und wir dagegen ökonomischen Nationalismus propagieren, dann können wir die Demokraten zerstören.“

Dementsprechend kommt der Autor auch zu der Schlussfolgerung, dass Rechtspopulismus „am besten mit einer populären linken Klassenpolitik“ vertrieben werden könnte, die sich auf „existierende latente verteilungspolitische Mehrheiten stützen könnte“.

Beeindruckend und erschütternd ist eine detaillierte Beschreibung derjenigen Leute, die Trump nun in sein Kabinett geholt hat – eine gruselige Runde erzreaktionärer, rassistischer Millionäre, die den US-amerikanischen Staat umbauen und die USA weltweit wieder zur alleinigen Supermacht machen wollen. Solty kommt zu der Einschätzung, dass eine Verschärfung der Konfrontation mit China durch die Trump-Administration und insbesondere den Außenminister Marco Rubio betrieben werden wird.

Man muss nicht mit allen Einschätzungen Soltys übereinstimmen, so spricht er zum Beispiel von einer „neuen Blockkonfrontation“, wo sich gerade eher eine multipolare Welt entwickelt und Trump offenbar sowohl den Konflikt mit Europa provoziert als auch versuchen könnte, Russland ein Stück weit aus der chinesischen Einflusssphäre herauszubrechen. Seine von einem Klassenstandpunkt aus vorgenommene Analyse ist aber sehr erfrischend im Vergleich zu dem, was sonst – auch von Linken – zu Trump und den USA geschrieben wird.

Der schwächste Teil des Buchs ist dann leider der zur US-Linken, wo man sich klarere Schlussfolgerungen und eine genauere Darstellung der Entwicklung von Arbeitskämpfen und der Gewerkschaften gewünscht hätte. Solty behandelt den Umgang verschiedener Strömungen der Democratic Socialists of America mit der Frage der Bildung einer dritten Partei, vertieft aber diese Frage nicht und geht zum Beispiel leider gar nicht auf die beeindruckende Wahlkampagne des ehemaligen Streikführers Dan Osborne zum Senator von Nebraska ein oder dass mit der Gewerkschaft der Elektriker*innen einer erste, wenn auch kleine Gewerkschaft, sich für die Gründung einer Arbeiter*innenpartei ausgesprochen hat. Am Beispiel der Black-Lives-Matter-Bewegung beschreibt er aber eindrucksvoll, wie diese in das demokratische Establishment eingebunden werden konnte.

Auf jeden Fall ist „Trumps Triumph?“ lesenswert und hilft, die aktuellen Entwicklungen in den USA zu verstehen. Darauf aufbauend sollte man dann die Texte und Analysen der Independent Socialist Group und des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale auf solidaritaet.info lesen, vor allem um programmatische Antworten auf die Frage zu finden, was die US-Linke tun sollte und könnte.

Ingar Solty
Trumps Triumph?

Gespaltene Staaten von Amerika, autoritärer Staatsumbau, neue Blockkonfrontation
Eine Flugschrift.

VSA: Verlag
120 Seiten | 2025 | EUR 12.00
ISBN 978-3-96488-238-7