Berlin: Demonstration „Gemeinsam auf die Straße“ sendet wichtiges Signal

Die Notwendigkeit der gemeinsamen Gegenwehr wird zunehmen

Über dreißig Organisationen und Initiativen hatten in Berlin am gestrigen 18. September zur Demonstration „Gemeinsam auf die Straße – Öffentlich statt privat“ aufgerufen. Aus so gut wie allen Bewegungen und Kampagnen, die in der Hauptstadt gerade stattfinden waren Vertreter*innen da: streikende Krankenhausbeschäftigte, Mieter*innenaktive von „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ und anderen Initiativen, Gewerkschafter*innen der Bildungsgewerkschaft GEW und der Kampagne „Schule in Not“, GDL-Aktive der S-Bahn und die Initiative „S-Bahn für alle“, einzelne Gliederungen der Gewerkschaften und viele andere.

Trotzdem war die Größe der Demo mit circa 700 Teilnehmer*innen kein Ausdruck dieser Kämpfe. Das auch, weil viele der aufrufenden Organisationen zwar eine politische Unterstützung der Demonstration beschlossen, nicht aber ernsthaft mobilisiert hatten. Trotzdem können die Organisator*innen zufrieden sein, denn es ist ihnen gelungen in den letzten Wochen eine wichtige Botschaft in die gewerkschaftlichen und sozialen Bewegungen der Stadt zu tragen: die Kräfte sollten gebündelt werden angesichts der Tatsache, dass es um gemeinsame Interessen, gemeinsame Problemursachen und gemeinsame Gegner*innen geht.

Die Sozialistische Organisation Solidarität (Sol) hatte die Initiative zur Demonstration ergriffen und konnte mehr Gruppen dafür gewinnen, als man es sich anfangs erhofft hatte. Angesichts der Tatsache, dass die Umsetzung eines erfolgreichen Volksentscheids für die Enteignung der Immobilienkonzerne durch einen zukünftigen Senat nicht gerade wahrscheinlich ist, angesichts der wenig ausgeprägten Bereitschaft der Krankenhausleitungen die Forderungen der Streikenden zu erfüllen und angesichts der Tatsache, dass nach den Wahlen in Berlin mit einem Sparhaushalt zu rechnen ist, wird es umso wichtiger sein, dass gemeinsamer Widerstand in Zukunft weiter organisiert wird.

Wir dokumentieren hier die Pressemitteilung des Bündnisses „Gemeinsam auf die Straße“

Demonstration „Gemeinsam auf die Straße: Öffentlich statt privat!“ mit 700 Teilnehmer*innen am Samstag vor dem Roten Rathaus in Berlin

Ein breites Bündnis von 39 Organisationen hatte aufgerufen, gegen Einsparungen und Privatisierungen in Krankenhäusern, Schulen, Kitas, bei der S-Bahn und im gesamten öffentlichen Dienst zu protestieren. Die Demonstration mit 700 Menschen zog vom Washingtonplatz am Hauptbahnhof durch die Berliner Innenstadt zum Roten Rathaus.

Es gab Zwischenstopps an Orten, die für Privatisierung und Sparpolitik stehen. Zuerst am Gebäude von PricewaterhouseCooper, dem früheren Arbeitgeber von Finanzsenator Kollatz und Ideengeber für die die „Schulsanierungsgesellschaft“. „Die Schulsanierungsgesellschaft mit der HOWOGE hat keinen einzigen Schulbau zu Ende gebracht. Das war vorauszusehen!“ kritisiert Carl Waßmuth von der Initiative GiB (Gemeingut in Bürger*innenhand). 

Vor der Charite´ betonte die Verdi-Gewerkschafterin Melanie Meißner, beschäftigt bei einer Vivantes-Tochter und aktiv in der Krankenhausbewegung: „Wir streiken nicht, weil wir wollen, sondern wir streiken, weil wir müssen! Für mehr Personal vor der Wahl in Krankenhaus und Pflege und TVöD für alle an der Spree!“  “Das Wenckebach Krankenhaus muss bleiben! Für eine verantwortungsvolle Gesundheitsversorgung in Berlin darf es keinen Bettenabbau und  keine Klinikschließungen geben.” forderte Charlotte Rutz-Sperling, ver.di-Vertrauensfrau,  für die „Initiative Wenckebach Krankenhaus muss bleiben“.

Am S-Bahnhof Oranienburger Straße betonte Ava Matheis vom Aktionsbündnis “Eine S-Bahn für Alle” und Mitglied der „Linken“: „Die Privatisierung und Zerschlagung der Berliner S-Bahn muss unbedingt verhindert werden. Wir brauchen einen Nahverkehr in öffentlicher und aus einer Hand. Nur so können wir eine soziale und ökologische Verkehrswende erreichen. Für sichere und gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und für Fahrpreise, die sich jede*r leisten kann statt Profite für Konzerne mit unserer S-Bahn!” Unterstützt wurde sie von Uwe Krug, Vorsitzender der GDL Ortsgruppe S-Bahn Berlin: „Die Ortsgruppe “S-Bahn Berlin” der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GdL) ist gegen jede Privatisierung der S-Bahn. Privatisierung spaltet die Belegschaft. Wir unterstützen solidarisch die Krankenhausbewegung!”

Patricia Machmutoff, Aktivistin der Initiative “Deutsche Wohnen & Co enteignen, die ebenfalls zu dieser Demo aufgerufen hatte, rief: “Berlin kann nur die bunte und solidarische Stadt bleiben, wenn wir der Spekulation und Verdrängung etwas entgegensetzen. Deshalb: Stimmt alle am 26.09. für die Vergesellschaftung der großen Immobilienkonzerne. Lasst uns gemeinsam Geschichte schreiben – holen wir uns die Stadt zurück! “

Anne Zetsche von der Initiative „Schule in Not“, auch Unterstützerin des Bündnisses forderte in ihrem Beitrag: “Wir brauchen auch in Schulen und Kitas Entlastung und mehr Personal! Die Schulreinigung muss endlich rekommunalisiert werden. Gute Reinigung braucht gute Arbeitsbedingungen!” 

Der Berliner IG BAU-Chef, Christian Stephan sendete eine Grußbotschaft: „Die Industriege­werkschaft Bau – Agrar – Umwelt unterstützt aktiv die Krankenhausbewegung und ruft dazu auf, beim Volksbegehren  „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ mit „Ja“ zu stimmen.“ Ich wünsche uns allen viel Erfolg beim Kampf gegen Privatisierung und Sparpolitik.“

„BlackRock & Co sind nicht nur die bestimmenden Eigentümer von Microsoft, Apple, Amazon, Google und Facebook, sondern auch von Deutsche Wohnen und Vonovia. Diese Komplizenschaft von Bundes- und Landesregierungen muss endlich zum öffentlichen Thema gemacht und beendet werden!“ hieß es in einer verlesenen Grußbotschaft des bekannten investigativen Journalisten Werner Rügemer

Bei der Abschlusskundgebung vor dem Roten Rathaus hob Gerlinde Schermer vom „Wassertisch“hervor: „Öffentliche Daseinsvorsorge (wie z.B. S-Bahn) soll weiter privatisiert werden oder wirtschaftet selbst nach Gewinnzielen statt nach den Bedürfnissen der Menschen (z.B. Wasserbetriebe). Investieren statt Sparen: Ausbau der Öffentlichen Daseinsvorsorge! Keine Rendite mit Gesundheit, Wasser, Wohnen, Bildung und S-Bahn!“

Gotthard Krupp (Mitglied im ver.di Bezirksvorstand Berlin Brandenburg und Leiter des AK „Privatisierung und Deregulierung“): „Ver.di befürchtet eine neue Welle des Kaputtsparens, nach den Wahlen. Aber Berlin braucht dringend mehr Personal und Investitionen in die Öffentliche Daseinsvorsorge, wie die untragbaren Situationen in den Krankenhäusern, in Schulen und in der Verwaltung zeigen. In all diesen Bereichen fehlen Tausende von Arbeitskräften. Noch nie gab es vor Wahlen deshalb so viele soziale Proteste und Streiks wie diesmal.“

René Arnsburg von der Vernetzung kämpferischer Gewerkschaften VKG bekräftigt dies:

„Die Lasten der Pandemie und der Krise dürfen nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden. Dafür müssen wir gemeinsam kämpfen! Die Kolleg*innen bei Charité und Vivantes machen uns das gerade vor.“ 

Georg Heidel, vom DGB Kreisverband Tempelhof Schöneberg, Verdi-Mitglied resümiert: „Es ist notwendig, dass sich die verschiedenen Berliner Bewegungen und die Gewerkschaften zusammenschließen und im Bündnis nach den Wahlen gegen Privatisierung und Kaputtsparpolitik auftreten. Nur gemeinsam können wir etwas ändern!“ dies unterstützte auch Sascha Stanicic von Sol – Sozialistische Organisation Solidarität in seiner Rede.

Am Mi., 29.9. lädt das Bündnis zu einem Auswertungstreffen ein. Ort: Theater Varia Vineta, Berliner Str. 53 · 13189 Berlin.

Die vollständige Liste der Unterstützer*innen ist hier zu finden: https://gemeinsamaufdiestrasse.de/unterstuetzerinnen

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