GDL-Abschlüsse bei NETINERA und Go-Ahead: kein Ruhmesblatt!

Kein Beispiel für die Tarifrunde bei der Deutschen Bahn

Während bei der Deutschen Bahn (DB) die Zeichen weiterhin auf Streik stehen, hatte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bereits am 14. Dezember 2023 einen Abschluss beim Eisenbahnverkehrsunternehmen NETINERA und am 5. Januar 2024 bei Go-Ahead erreicht.

Von Ronald Luther, Bahnbeschäftigter und EVG-Mitglied, Berlin

Eine der Kernforderungen der GDL wurde hierbei erfüllt. So soll bei NETINERA die Referenzarbeitszeit für alle Schichtarbeiter *innen vom 1. Januar 2025 bis zum 1. Januar 2028 schrittweise von 38 auf durchschnittlich 35 Stunden in der Woche ohne Lohnverlust abgesenkt werden. Zukünftig wird auch das Zugpersonal eine Fünf-Tage-Woche haben. Die Ruhezeit wird auf 48 Stunden verlängert und, wie gefordert, eine Fünf-Schichten-Woche für Beschäftigte im Schichtdienst eingeführt. Der Arbeitszeittarifvertrag läuft allerdings bis zum 31. Dezember 2027, also sehr lange 54 Monate!

Reallohnverlust

Beim Entgelt hingegen sieht es traurig aus. In der Summe erhöht sich dieses um 420 Euro, wobei der erste Erhöhungsschritt mit 210 Euro am 1. März 2024 und der zweite mit 210 Euro am 1. Dezember 2024 erfolgt. Die Auszubildenden sollen je nach Unternehmen zwischen 20 und 38 Prozent mehr erhalten. Ursprünglich war eine Erhöhung von mindestens 324 Euro für jede*n Azubi gefordert worden. Der Entgelttarifvertrag läuft allerdings 24 Monate und endet somit erst am 30. Juni 2025. Ursprünglich hatte die GDL eine allgemeine Entgelterhöhung von 555 Euro bei einer Laufzeit des Entgelttarifvertrages von maximal 12 Monaten gefordert.

Statt 555 Euro hat die Gewerkschaft damit also gerade mal eine Entgelterhöhung von 210 Euro auf zwölf Monate umgerechnet erzielt. Anders als im Vorfeld von der GDL-Führung großspurig angekündigt, wurde hiermit auch nur wenig mehr erreicht als bei der Tarifrunde der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Diese erzielte in der Summe 410 Euro mehr im Monat in zwei Schritten, 200 Euro ab 1. Dezember 2023 und 210 Euro ab 1. August 2024 bei einer 25-monatigen Laufzeit des Entgelttarifvertrages mit Auslaufen am 31. März 2025.

Zu berücksichtigen wäre hier aber noch die zusätzliche Lohnerhöhung für Mitarbeitende in „bahnspezifischen Schlüsselberufen“. Auch bei den Zulagen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit hat die GDL wenig erreicht. Diese werden nur um jeweils fünf Prozent erhöht. Ursprünglich hatte die GDL eine Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit um 25 Prozent gefordert. Im Februar 2024 wird außerdem eine weitere Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1900 Euro gezahlt, nachdem bereits im Oktober 2023 eine Auszahlung von 1100 Euro erfolgt war. Damit wurde die von der GDL geforderte Summe von 3000 Euro zwar erreicht, allerdings erhalten Teilzeitbeschäftigte nur einen anteiligen Betrag! Dabei war eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von insgesamt 3000 Euro für Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte gleichermaßen gefordert worden.

Go-Ahead

Bei Go-Ahead wurde am 5. Januar diesen Jahres ein ähnliches Ergebnis erreicht. So wird die Arbeitszeit ab 1. Januar 2025 für Schichtarbeiter*innen schrittweise und ohne Entgeltkürzung von 38 Stunden auf durchschnittlich 35 Stunden in der Woche abgesenkt. Die Entgelte erhöhen sich in der Summe um 420 Euro, wobei am 1. Februar 2024 die erste Erhöhung von 210 Euro und am 1. Januar 2025 die zweite Erhöhung um 210 Euro erfolgt. Die Auszubildendenvergütungen steigen je nach Ausbildungsjahr um bis zu fünfzig Prozent. Die Erhöhungen der Zulagen fallen mit durchschnittlich 17 Prozent zwar deutlich höher aus als bei NETINERA, aber auch bei Go-Ahead wird die ursprüngliche Forderung von 25 Prozent nicht erreicht. Die Laufzeit des Entgelttarifvertrages beträgt wie bei NETINERA 24 Monate. Die Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro in Raten wurde bereits im November letzten Jahres vereinbart. Weiterhin wird auch bei Go-Ahead eine 5-Schichten-Woche eingeführt, wobei nach spätestens fünf Schichten der Beschäftigte Anspruch auf einen Freizeit von mindestens 48 Stunden hat.

Es war mehr drin

Klar ist, dass die GDL mit Streiks mehr erreicht hätte, allerdings hatte die GDL-Führung in beiden Unternehmen lieber auf Hinterzimmerverhandlungen gesetzt. So rühmt sie sich, dass sie die Ergebnisse ohne Arbeitskampf erreicht hat. „Nun haben mit NETINERA und Go-Ahead zwei große Konzerne im Eisenbahnmarkt gezeigt, dass Arbeitskämpfe auch in dieser Tarifrunde unnötig sind“, so der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky.

Angebot des DB-Vorstands unzureichend

Inzwischen bewegt sich auch der DB-Vorstand. Nachdem sich dieser bisher geweigert hatte, überhaupt über eine Arbeitszeitverkürzung zu verhandeln, wurde der GDL angesichts des angekündigten mehrtägigen Streiks nun doch ein Angebot vorgelegt. Statt einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung für alle Schichtarbeitende sollen diese nun selber wählen können, ob sie 38 oder 35 Stunden in der Woche arbeiten möchten. Ein Lohnausgleich soll dabei aber nicht erfolgen! Per App könnten die Mitarbeitenden zukünftig dann selber auswählen, ob sie morgens oder abends, am Wochenende oder nur unter der Woche arbeiten möchten. „Jeder wählt aus, wie in einer Cafeteria“, so Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. Wie die Bahnbeschäftigten sich den Gang in die Cafeteria zukünftig überhaupt noch leisten sollen, erklärt er aber nicht. Denn beim lächerlichen Angebot einer Lohnerhöhung von rund elf Prozent und einer Inflationsausgleichsprämie von 2850 Euro bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von 32 Monaten wurde nicht nachgebessert.

Die GDL-Mitglieder hatten in der Urabstimmung mit 97 Prozent für einen unbefristeten Streik zur Durchsetzung der ursprünglichen Forderungen gestimmt. Sie sollten ihrer Gewerkschaftsführung deutlich machen, dass sie nicht bereits sind, Abstriche bei ihren Forderungen hinzunehmen. Die Deutsche Bahn ist das größte Eisenbahnverkehrsunternehmen in Deutschland, welches es sich leisten kann, ihren Vorstandsmitgliedern Millionen Euro an Gehältern und Boni auszuzahlen sowie Milliarden an Euro für Prestigeobjekte wie Stuttgart 21 zu verschleudern. Es gibt daher keinen Grund, Ergebnisse wie bei NETINERA und Go-Ahead zu akzeptieren!

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