Zum Tod von Norbert Blüm

Foto: j.-H. Janßen CC: GNU Free Documentation License

Ein kritischer Nachruf

Am Freitag wurde bekannt, dass der ehemalige Bundesarbeitsminister verstorben ist.

Da einige bekannte Linke eine aus unserer Sicht, einseitige Stellungnahmen zu seiner Person abgegeben haben, möchten wir hier eine kritische Bewertung seines politischen Lebens niederschreiben.

Von Torsten Sting, Rostock

Norbert Blüm hatte einen proletarischen Hintergrund. Er arbeitete als Werkzeugmacher bei Opel in Rüsselsheim und war Mitglied der IG Metall. Zugleich war er gläubiger Katholik und Mitglied der CDU. In der Partei wurde er im Laufe der Zeit zum wichtigsten Repräsentanten des “Sozialflügels”. Dieser war wichtiger Bezugspunkt für den konservativen, häufig christlich geprägten Teil der Arbeiterklasse und der Gewerkschaften.

In der Zeit des Kalten Krieges war es ein zentraler Aspekt der CDU Politik, eine klare, antikommunistische Haltung einzunehmen. Da gab es zwischen den unterschiedlichen “Flügeln” der Union keinen großen Unterschied. Der Feind war im Osten. Aber nicht nur dort, sondern alles was sich klar Links einstufte oder gar eine Alternative zum Kapitalismus formulierte wurde Ruck Zuck in einen Sack mit den stalinistischen Herrschern in Ost-Berlin oder Moskau geworfen und massiv angefeindet.

Im Kabinett


Norbert Blüm war der einzige Minister, der von Anfang bis Ende der Ära Helmut Kohl (1982-1998) dabei war. Dies verdeutlicht zum einen, welch wichtige Rolle Blüm in dessen Kabinetten spielte. Zum anderen, dass er im Endeffekt auch alle Sauereien der damaligen Zeit mittrug. Alle die sich heute nur noch an die letzten Jahre seines politischen Lebens erinnern können, seien nochmal daran erinnert, für welche Dinge Norbert Blüm als aktiver Politiker stand: Diverse Verschlechterungen bei der Arbeitslosenversicherung, der Rente und dem Gesundheitswesen. Diese Kürzungen waren im Verhältnis zur Agenda 2010 von Schröder und Co geradezu niedlich. Dennoch hat es das Leben der Arbeitenden, Erwerbslosen und Rentner*innen verschlechtert. Nicht vergessen werden sollte zudem, der Einschnitt in das Streikrecht infolge der Arbeitskämpfe um die 35-Stunden-Woche Mitte der 1980er Jahre. 1996 schließlich folgte als Teil des Sparpaktes der Versuch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall massiv einzuschränken. Dieses Unterfangen scheiterte aufgrund der Streiks in der Metallindustrie, die im besonderen in den Autofabriken, an der IGM-Führung vorbei liefen. Als Arbeits- und Sozialminister deckte er diese Politik.
Blüm spielte letztlich objektiv die Rolle des sozialen Deckmäntelchens in der bürgerlichen Koalition um Teile der abhängig Beschäftigten an diese zu binden.

Kritiker des Neoliberalismus

Nach dem Ausscheiden aus der “hohen Politik” und dem Umsetzen der Agenda 2010, wurde Norbert Blüm zum scharfen Kritiker des Neoliberalismus.
Er griff die soziale Ungerechtigkeit in Form von Niedriglöhnen und Millionengehältern für Topmanager an. Zeit seines politischen Lebens war er Anhänger der “Sozialpartnerschaft”. Sein Ziel war der (mehr oder weniger) Ausgleich zwischen den Interessen der Kapitalisten und den Arbeiter*innen. Dies war sicher ein Resultat seines eigenen Werdeganges. Er sah aber auch wie andere Bürgerliche, die Gefahr von sozialen Spannungen infolge dieser zugespitzten, kapitalistischen Politik.
In den letzten Jahren machte sich Blüm zudem immer wieder für eine humanere Flüchtlingspolitik stark. Dies zusammen mit seiner recht bodenständigen und humorvollen Art, hat dazu beigetragen seine politische Rolle, aus linker und sozialistischer Sicht, in einem zu positiven Licht zu betrachten.

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