Gegen den Pflegenotstand – aber nicht mit rechten „Protesten“


Dokumentiert: Erklärung des “Bündnis für Pflege Dresden”

Um es gleich zu Beginn zu sagen: Wir sind ganz klar für Impfungen. Eine Impfpflicht lehnen wir hingegen ab.

Nicht weil wir die Impfstoffe für unsicher halten, sondern weil wir akzeptieren müssen, dass viele Menschen der Pharmaindustrie nicht vertrauen. In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass die Entwicklung des Biontech-Impfstoffs mit Millionen an Steuergeld bezuschusst wurde und nun der Profit dennoch in den Taschen privater Investoren landet. In der Pflege und im Gesundheitswesen werden immer wieder Profite privatisiert und Kosten vergesellschaftet. Die Pharmaindustrie und die Patente gehören unserer Ansicht nach in öffentliche Hand – demokratische Kontrolle durch Beschäftigte und Gesellschaft inklusive.

Und wir befürchten, dass ein Zwang zur Impfung wahrscheinlich dazu führt, dass Menschen, die sich gegen eine Impfung entschieden haben, erst recht in die Arme der Rechten getrieben werden. Wir sind erschüttert über die zunehmende gesellschaftliche Spaltung gerade in Sachsen. Während im Bundesgebiet Coronaleugner*innen an Boden verlieren (von 14 auf 9 Prozent gesunken), stieg im Freistaat ihr Anteil im selben Zeitraum von 20 auf 28 Prozent.

Wir setzen statt auf Spaltung auf den gemeinsamen Kampf gegen die wirklichen Ursachen der aktuellen Situation: Wir verlangen mehr Personal im Krankenhaus und in der Pflege! Es fehlen 200.000 Stellen. Die PflegeComeback-Studie hat festgestellt, dass 200.000 Pflegende, die ihrem Beruf den Rücken gekehrt haben, zurückkommen würden, wenn sich die Bedingungen, unter denen gepflegt wird, verbessern würden. Der Pflegenotstand ist also hausgemacht und kein Naturgesetz, das man leider hinnehmen muss.

Deshalb fordern wir:
– bedarfsgerechte und verbindliche Personalbemessung für alle Berufsgruppen im Krankenhaus
– mindestens 500 Euro mehr für Pflegekräfte
– Abschaffung der Fallpauschalen – dafür Finanzierung der Krankenhäuser nach ihrem realen Bedarf
– Schluss mit Klinikschließungen und Privatisierungen – alle Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen in öffentliche Hand unter demokratische Kontrolle durch die Beschäftigten
Profitstreben hat in keinem Bereich der Pflege etwas zu suchen! Es darf nicht um Effizienz gehen, sondern um Menschlichkeit und Nähe! Kapitalismus hat in der Pflege nichts zu suchen.

Wir wollen mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass diese Ziele mit rechten Kräften, ganz egal ob AfD, Freie Sachsen, Die Basis, NPD oder „Dritter Weg“ nicht zu erreichen sind! Wir sind wütend über die Demonstrationen und Kundgebungen vor Kliniken gegen die Impfpflicht. Dazu aufgerufen haben rechte Kräfte wie die „Freien Sachsen“. In ihrer Erklärung auf ihrer Internetpräsenz schreiben sie, man dürfe sich bei der Festlegung der Coronamaßnahmen nicht von Inzidenzwerten treiben lassen. Doch die Inzidenzwerte von heute sind in 14 Tagen die schwer und lebensgefährlich Erkrankten auf den Stationen. Jede Nacht kämpfen Kolleg*innen um deren Leben, oft allein, überarbeitet und übermüdet.
Angeblich wollen die „Freien Sachsen“ Risikogruppen schützen. Doch hierzu nennen sie nicht eine einzige Maßnahme.

Mit ihren Aktionen versuchen sie, Pflegekräfte, die unter dem aktuellen Zustand leiden, auf ihre Seite zu ziehen. Sollte ihnen das gelingen, würde sich für die Kolleg*innen nicht das Geringste verbessern. Ganz im Gegenteil. Die Maßnahmen zum Infektionsschutz würden verschwinden, die Erkrankten und damit auch die Arbeitslast auf den Stationen zunehmen.

Wir setzen auf den gemeinsamen Kampf aller Beschäftigten, ganz gleich welcher Herkunft, Hautfarbe oder Religion für wirkliche, echte Verbesserungen. Wir wissen, dass unsere Forderungen nicht einfach so erfüllt werden, wir müssen sie gemeinsam erstreiten. Wirklich nötig wäre schnellstens eine gewerkschaftliche bundesweite Strategie im Kampf gegen den Pflegenotstand und gegen die Rechten aller Schattierungen. Ein erster Schritt könnte eine von DGB und ver.di organisierte Konferenz sein, auf der Kolleg*innen und Aktive beraten, wie wir das zusammen angehen können.

Denn wenn diese Pandemie mit den weltweit Millionen an Toten einmal vorbei ist, droht der Pflegenotstand zu bleiben.
Pflegekräfte aller Stationen vereinigt Euch!

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