Arbeitszeitverkürzung erkämpfen!

Voller Lohn- und Personalausgleich nötig

Wir veröffentlichen hier eine Stellungnahme des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di zur laufenden ver.di-Befragung im öffentlichen Dienst. Die Langfassung ist auf netzwerk-verdi.de zu finden.

Bei Bund und Kommunen läuft bis Ende März eine von ver.di in Auftrag gegebene digitale Befragung zur Arbeitszeit. Ziel ist es, die unterschiedlichen Arbeitsrealitäten zu erfassen und abzufragen, welche Forderung für die Tarifrunde öffentlicher Dienst 2025 aufgestellt werden soll.

Die Belegschaften in öffentlichen Einrichtungen leiden unter Personalmangel, massiver Arbeitsverdichtung und hohen Krankenständen. Die letzte digitale Befragung zur Arbeitszeit von ver.di, an der sich 2019 über 230.000 öffentlich Beschäftigte beteiligten, zeigte bereits den hohen Bedarf nach Entlastung. 

Voller Lohnausgleich!

In der damaligen Arbeitszeit-Umfrage gab es allerdings nur die Option zu wählen, für kürzere Arbeitszeit auch auf eine Lohnerhöhung zu verzichten. Hier wurde also nur ein Tauschhandel „Lohn gegen Arbeitszeit“ als vorauseilender Kompromiss angeboten. Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich war nicht wählbar. 

In der jetzigen Arbeitszeit-Umfrage gibt es nun einen großen Blumenstrauss verschiedener Forderungen, zum Beispiel eine 4-Tage-Woche, zusätzliche freie Tage im Jahr, mehr Urlaub, weniger Bereitschaftsdienste oder ein Langzeitarbeitskonto. 

Auch wählbar ist die Reduzierung der Wochenstundenzahl. Wieder wird aber die Frage aufgeworfen, ob es für eine kürzere Arbeitszeit auch entsprechend weniger Gehalt geben soll. Solch eine Einigung würde nicht mehr bedeuten als das, was viele Kolleg*innen schon arbeitsvertraglich geregelt haben – nämlich freiwillig in Teilzeit gehen oder Stunden weiter reduzieren. Das kann nicht Tarifziel sein! Gerade angesichts der weiter gestiegenen Preise braucht es Lohnsteigerungen und keine Absenkung.

Voller Personalausgleich!

Ein weiterer Schwachpunkt der Umfrage ist, dass der für eine Arbeitszeitreduzierung nötige Personalausgleich keine Erwähnung findet. Wir meinen: eine Arbeitszeitverkürzung geht nur bei vollem Lohn- und auch Personalausgleich! Das heißt, wenn die Arbeitszeit reduziert wird, muss sichergestellt werden, dass nicht dieselbe Arbeit in kürzerer Zeit erledigt werden muss. Deswegen sollte die Reduzierung der Wochenarbeitszeit in großen Schritten erfolgen. Zudem braucht es die Kontrolle von Vertrauensleuten, Betriebs- und Personalräten über die Umsetzung einer Arbeitszeitverkürzung.

Eine sinnvolle Forderung für die nächste Tarifrunde wäre die 35 Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich, als erster großer Schritt in Richtung der Zielmarke einer 30-Stunden-Woche. Angesichts der Haushaltsdebatte der Bundesregierung und der vielen Kommunen mit klammen Kassen wird die Frage aufkommen, wie die Forderungen finanziert werden sollten. Geld ist aber genug da, es ist nur ungerecht verteilt: 667 Milliarden Euro – das ist der Gesamtwert der größten 100 Vermögen Deutschlands! Es braucht eine massive Erhöhung der Steuern auf Gewinne und Vermögen der Banken, Konzerne und Superreichen.

Stärke aufbauen

Was jetzt folgen muss, ist eine gut organisierte betriebliche und gewerkschaftliche Diskussion sowie eine demokratische und transparente Entscheidung, was sinnvolle gemeinsame Forderungen zur Arbeitszeit für alle sind und was nötig ist, um diese zu erreichen.

Bei der vergangenen Tarifrunde 2023 haben über 500.000 Mitglieder gezeigt, dass sie nicht nur streikwillig, sondern auch streikfähig sind. Es muss darum gehen, Kampfstärke für einen Erzwingungsstreik aufzubauen. Nötig wäre außerdem eine Koordinierung mit weiteren Tarifrunden sowie  eine systematische und breit angelegte Solidaritäts-Kampagne von ver.di unter aktiver Einbeziehung der anderen Fachbereiche und DGB-Gewerkschaften.

*Langfassung auf www.netzwerk-verdi.de

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